Rezension: Wolfgang Wippermann “Agenten des Bösen”
January 9th, 2008
Wolfgang Wippermann: Agenten des Bösen.
Verschwörungstheorien von Luther bis heute
be.bra Berlin 2007
“In diesem Buch wird die Geschichte der Verschwörungsideologien zum ersten Mal umfassend dargelegt”, heißt es in der kurzen Einleitung recht kühn, und dieser Ankündigung wird der eher schmale Band nicht gerecht. Wie schon der Blick ins Inhaltsverzeichnis verrät, beschränkt sich die Abhandlung auf einen recht willkürlich ausgewählten Ausschnitt in Zeit und Raum. Diese Auswahl wird denn auch nirgends im Buch begründet, sondern scheint sich einfach aus der sehr simplen Grundthese Wippermanns zu speisen, daß “Ausgangspunkt allen [!] verschwörungsideologischen Denkens” der Glaube sei, daß “für jegliches [!] Übel in der Welt der Böse schlechthin – der Teufel – verantwortlich ist.” Diese These erweitert Wippermann um das Konzept der “Helfershelfer” des Teufels: “An erster Stelle sollen dies die Juden gewesen sein.”
Würde das Buch nun diese Bestimmungen aufklären helfen, wäre die zeitliche und räumliche Beschränkung verständlich. Indes gibt es im gesamten Buch keinen erkennbaren Versuch, Verschwörungsideologien begrifflich zu definieren oder die Behauptung mehr als nur kursorisch zu beweisen, sämtliche von Wippermann unter diesen Begriff gefaßten Phänomene würden tatsächlich auf Teufelsglauben zurückgehen. (Und das ist eine schillernde Palette von Phänomenen, wie wir noch sehen werden.)
Zu Begriff und Verbreitung gibt es nur kurze Notizen in Vorwort und Nachwort. “Die weitaus meisten Verschwörungen existierten und existieren ausschließlich in der Einbildung des Menschen”, schreibt Wippermann ohne Hinweis darauf, wie sich die Menge der realen mit der Menge der eingebildeten Verschwörungen vergleichen ließe. Kein Wort der Erklärung fällt zur naheliegenden Frage, inwiefern die Beschäftigung mit den nicht eingebildeten Verschwörungen problematisch ist oder überhaupt zum Thema gehört. Diese Trennung wird auch im weiteren Verlauf des Buches ignoriert, so daß entsprechend reale und eingebildete Verschwörungen munter durcheinander geworfen werden. Ideologien definiert Wippermann – zur Begründung für seine Ablehnung des Begriffs “Verschwörungstheorien” – ähnlich knapp als “gedankliche Konstruktionen, mit denen bestimmte Zielsetzungen erreicht werden sollen”. Das wirkt äußerst beliebig und unterstützt die begriffliche Konfusion.
Das ist schon alles, was er definitorisch anbietet, ganze zwei Zeilen. Zur Frage der Verbreitung, die beim Versuch der Rückführung allen verschwörungsideologischen Denkens auf den Teufelsglauben zentral sein müßte, finden sich im Nachwort anderthalb Seiten, auf denen Wippermann für die verschiedenen Abschnitte der Neuzeit bestimmte Ängste anführt, die er dann zum “idealen Nährboden” erklärt. (S. 160) Die Mechanik Krisen/Kriege -> Ängste -> Sündenböcke wird nicht genauer erklärt, sondern nur postuliert. Schließlich nimmt er sich die ängstlichen Antiaufklärer für die Gegenwart wieder als Ursache, in deren “geistigen Klima” Verschwörungsideologien besonders gut “gedeihen”. (S. 163) Zudem sei das Internet schuld.
Ohne Aussicht auf begriffliche Klärungen oder Einsichten in die Wege der Verbreitung des Verschwörungsdenkens bleibt als Anreiz für die Lektüre die Hoffnung, ein renommierter Zeithistoriker würde auch in einer schief aufgehängten Darstellung wie dieser wenigstens reichhaltiges Quellenmaterial auspacken und als Kenner aufbereiten.
Das tut Wippermann an sehr wenigen Stellen, so wenn er betont, die “Protokolle der Weisen von Zion” seien “…eine Fiktion, von der man noch nicht einmal weiß, wem sie zuzuschreiben ist” (S. 67), sie seien auch “keine Fälschung eines tatsächlich vorhandenen Dokuments, sondern eine totale Fiktion” (S. 68) oder wenn er die Parallelen ebendieser “Protokolle” zu bestimmten Verschwörungserzählungen über 9/11 aufzeigt:
>>Einige Verschwörungsideologen behaupten, die beiden Türme des World Trade Centers seien nicht von Flugzeugen, sondern, wie in den “Protokollen” angekündigt und beschrieben, von unterirdischen Sprengladungen zerstört worden. (…) Der israelische Geheimdienst Mossad übernimmt dabei die Rolle der in den “Protokollen” phantasievoll beschriebenen jüdischen Geheimorganisation, Israel selbst verkörpert das “internationale Judentum”, der Eigner des World Trade Centers Garry Silverstein gilt als Repräsentant der “jüdischen Wucherer”.<< (S. 139) Bei den meisten der übrigen behandelten Themen hingegen bekommt der Leser eine Mischung aus höchstens lose verknüpften Anekdoten, zahlreichen Fehlern und noch viel zahlreicheren ideologischen Schnellschüssen geboten. CHRISTEN
Wippermann beginnt seine bunte historische Schau, wie gesagt ohne es zu begründen, beim Teufel, der “sich gegen Gott und die Menschen verschworen” haben sollte (S. 15). Auch Dämonen im apokryphen “Jubiläenbuch”, die Menschen “zur Sünde verführen”, müssen sich dazu vorher “gegen die Menschen verschwören”. (S. 14) Die Katharer wiederum verschwörten sich _mit_ dem Teufel gegen die rechtschaffenen Christen. (S.18) Bei Thomas von Aquin wird dem Teufel zugesprochen, er könne “Menschen dazu verleiten…, allerlei Unheil zu tun.” Das kommt mit in den Topf der Verschwörungsideologien – da es keine Definition gibt, muß es auch nicht an ihr abgeglichen werden.
Die Pharisäer “verschwören” sich gegen Jesus, besonders bei Matthäus: “Geradezu systematisch bereiten die Pharisäer Jesu Ermordung vor. Sie “überreden” das (jüdische) “Volk”, von Pilatus die Verurteilung von Jesus zu erbitten.” (S. 21f.) Die in der konkreten Beschuldigung recht unterschiedlichen antisemitischen Topoi der Ritualmorde an Kindern, des Bluttrinkens und der Hostienschändung werden ebenfalls ohne Erklärung in den Reigen der Verschwörungsideologien aufgenommen. (S. 22f.) Die “Gerüchte, die Juden hätten Brunnen vergiftet und damit die Pest verbreitet”, nennt Wippermann “eine geradezu ‘klassische’ Verschwörungsideologie, die in säkularisierter Form und im übertragenen Sinn bis heute anzutreffen ist.” (S. 24)
Hier wäre entsprechend eine gute Gelegenheit gewesen, die “klassischen” Merkmale aufzuzeigen. Außerdem hätte er erklären können, warum die Berichte der Stadtchronisten, daß die folgenden Massaker an den Juden “in der Regel nach vorher sorgfältig ausgearbeiteten Plänen” abliefen, keine Verschwörungsideologie sind – Wippermanns Darstellung folgend müßten sie so genannt werden. Zudem hätte der Zusammenhang von Verschwörungsideologie und der Organisation von Gegenverschwörungen wie dieser antisemitischen Milizen beleuchtet werden können.
Doch Wippermann eilt weiter zu Luther. Hier macht er etwas, das auch in anderen Arbeiten und Äußerungen von ihm zu besichtigen ist (so im Zusammenhang mit dem “Schwarzbuch des Kommunismus” oder auch gegenüber Eva Herman): er begründet einen sachlich richtigen Punkt nicht nur mit entsprechenden Belegen, sondern auch mit allenfalls Assoziierbarem und leitet daraus eine viel umfassendere Schlußfolgerung ab.
Er zitiert aus Luthers Schrift “Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi” von 1543 und leitet das Zitat mit der Ankündigung ein, hier habe Luther “eine schon fast modern wirkende Verschwörungsideologie entwickelt.” Was auch immer das in Abwesenheit irgendeiner Definition heißen mag. Dann folgt das Zitat selbst:
>>Dies itzigen Juden müssten sein eine grundsuppe aller losen, bösen Buben, aus aller Welt zusammen geflossen, die sich gerottet und inn die Lender hin und her zerstrewtt hatten wie die Tattern oder Zigeuner und dergleichen, die leute zu beschweren mit wucher, die Lender zu verkundschaffen und zu verrathen [und zwar im Auftrag und zugunsten des türkischen Erzfeindes, d.Verf.], wasser zu vergiften, zu brennen, kinder zu stelen [zum Zwecke des Ritualmordes, d.Verf.] und allerley meuchel schaden zu thun.<< Und Wippermann analysiert: "Mit der These von der Verschwörung der teuflischen Juden wurde ihre Vernichtung begründet." (S. 27) Doch Luther fordert im erwähnten Text nicht die "Vernichtung" der Juden, sondern "nur" andere harte Maßnahmen, etwa das Verbot der Religionsausübung, das Verbot der "Ausübung ihrer traditionellen Berufe als Händler und Geldverleiher". Oder, positiv gewendet: "Zum siebenten, daß man den jungen starken Juden und Jüdinnen in die Hand gebe Flegel, Axt, Karst, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiße ihrer Nasen." Genau diese Tätigkeit und genau diesen "Schweiß der Nasen" hat Luther kurz zuvor bei den Deutschen beschrieben, für Wippermann spricht Luther hier von "Zwangsarbeit". In all diesen Punkten Luthers wird eine grauenvolle Gesinnung sichtbar, das steht außer Frage, doch Wippermann wollte damit belegen, Luther habe die Vernichtung der Juden beabsichtigt. Um diese These zu begründen, taugen aber erst die Argumente, mit denen Wippermann Luther eine Seite später zitiert: die Forderung nach Vogelfreiheit, nach Verbannung. FRANZÖSISCHE REVOLUTION
Die Illuminaten haben mal über 2000 Mitglieder (S. 49), dann wieder maximal 2000 (S. 50), die Frage, ob sie etwas mit der Französischen Revolution zu tun gehabt hätten – “obwohl schon verboten” -, wischt Wippermann jedoch mit dem Verweis weg, Weishaupt sei nie in Frankreich gewesen, als hätte der Orden überhaupt keine weiteren Mitglieder gehabt, die wie Johann Christoph Bode in Paris zumindest versuchten, der Revolution zuzuarbeiten, wie etwa Hermann Schüttler belegen kann. (S. 50) Überhaupt erscheine die “politische Zielsetzung, die von ihren Gegnern als revolutionäre bezeichnet wurde”, zweifelhaft, “gehörten dem Geheimbund doch neben Studenten und Professoren auch verschiedene prominente Pädagogen wie Heinrich von Pestalozzi und der bekannte [!] Freiherr Adolph von Knigge sowie selbst Fürsten wie Prinz Karl von Hessen an.”
Nicht unähnlich seiner Behandlung von Luther versucht Wippermann auch den Erfinder der These von der “Weltverschwörung”, Augustine Barruel, als Antisemiten zu überführen, diesmal jedoch – nach meinem Wissen – unbegründetermaßen. Barruels “Hinweise auf den ‘Antichristen’ und den ‘Teufel'” hätten “sofort Assoziationen” geweckt an “die Juden, die von Barruel jedoch nicht ausdrücklich erwähnt worden waren.” Obwohl Wippermann nichtmals angibt, wer das überhaupt assoziiert habe und Barruel mit keiner diesbezüglichen, damals noch nicht verbotenen Äußerung zitieren kann, legt er gleich noch mal nach: “Auf diese antisemitische Spur wollte Barruel in einem geplanten, aber nicht mehr verfassten fünften Band seines Werkes noch genauer eingehen.” Dafür hätte es dann doch mal einen Beleg geben können, denn Barruel hält noch 1806 die inoffizielle katholische Theorie, die Juden hätten hinter der Französischen Revolution gesteckt, für eine gefährliche Diffamierung, da sie “Massaker an den Juden” auslösen könnte.
Statt des Belegs gibt es nur die zusammenfassende Wiederholung: “Die ältere Ideologie über die Verschwörung der ‘teuflischen Juden’ konnte ohne Weiteres mit der neueren von der Verschwörung der Freimaurer und Illuminaten verbunden werden.” Von wem? Ganz verdreht wird es, als Wippermann angeblich bei Bieberstein diesen Gedankengang gelesen haben will: “Die Verbindung zwischen Freimaurern und Juden wurde ganz einfach erfunden, und zwar schlicht mit der Antwort auf die Cui-bono-Frage – Wem nützt das? -, wonach die Juden die Nutznießer der von den Freimaurern vorbereiteten und durchgeführten Revolution gewesen seien.” Das ist aber die Umkehrung von dessen Argument, nach dem sich die Verschwörungsthese über die Französische Revolution gerade dadurch von späteren antisemitischen Verschwörungstheorien unterschied, daß die Juden eben nur als Nutznießer des Geschehens, nicht aber als dessen Urheber angesehen wurden.
Doch, um einen Stoßseufzer Wippermanns mal ähnlich aus dem Zusammenhang zu reißen: “Bei diesen vielen ‘Illuminaten’-, ‘Templer’-, und sonstigen ‘Orden’ kann man leicht die Übersicht verlieren.” (S. 56)
SOZIALISTEN, KOMMUNISTEN
“Im Kaiserreich gab es neben dem ‘antisemitischen’ auch einen antisozialistischen Code, der auf einer Verschwörungsideologie basierte.” (S. 62) Nämlich auf der, nach der die revolutionäre Sozialdemokratie, die Bürgertum und Monarchie zu entmachten trachtete, einen Umsturz vorbereitete. Hier dehnt Wippermann seinen ohnehin schon recht ausgeleierten Begriff der Verschwörungsideologie auf eine simple falsche Gefahrenabschätzung seitens des deutschen Staatswesens aus. Denn die SPD sei “keineswegs durch einen vehementen Antiklerikalismus aufgefallen, wie ihn etwa die spanischen Anarchisten praktizierten.” Auch die geforderte Trennung von Staat und Kirche war im gotteskaiserlichen Deutschland “keineswegs revolutionär”, und zwar weil “in den USA … die Trennung von Staat und Kirche schon seit dem 18. Jahrhundert Realität” war. (S. 63) “Ganz abgesehen davon, dass die Sozialdemokraten keineswegs die Abschaffung jeglichen ‘persönlichen Besitzes’ propagierten” – nein, sie forderten lediglich die Enteignung des Großkapitals – “von einer Realisierung dieses Ziels waren sie weit entfernt…” Das, was sie keineswegs vorhatten, hätten sie zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht hinbekommen. Seltsam.
Auch die Amerikaner litten im 20. Jahrhundert in bezug auf die Kommunisten lediglich unter Halluzinationen, obwohl “das kapitalistische ‘Free enterprise’-System nie wirklich ernsthaft bedroht” war. (S. 104) Um die – unbestreitbare – Absurdität der Kommunistenverfolgung durch McCarthy aufzuzeigen, wählt Wippermann ausgerechnet die Aussage von Ayn Rand vorm Ausschuß. Bei Wippermann liest sich das so:
>>Manchmal genügte auch nur die Tatsache, dass sie Filme gemacht oder an ihnen mitgewirkt hatten, in denen Russen gezeigt wurden, die lachten. Dies könne, so wurde ganz ernsthaft argumentiert, nicht sein und bewiese die kommunistische Sympathie der Regisseure, weil die Russen schließlich unter dem kommunistischen System absolut nichts zu lachen hätten.<< Dann folgt in der Fußnote im Anhang: "Dieses wirklich unschlagbare Argument kam von der Schriftstellerin Ayn Rand, die vom 'House Committee on Un-American Activities' als Zeugin geladen war." Was Frau Rand dort sagte, ist leicht nachzulesen (Zusammenfassung und ganzes Protokoll). Der größte Teil ihrer Aussage beschäftigt sich mit ihrer eigenen Erfahrung von Hunger, Verdacht und Verzweiflung in der Sowjetunion, die sie im gerade untersuchten Film verhöhnt fand:
>>…all these happy, free people, there was not a GPU agent among them, with no food lines, no persecution — complete freedom and happiness, with everybody smiling. (…) It is one of the stock propaganda tricks of the Communists, to show these people smiling. That is all they can show.<< Auf die Nachfrage, ob denn niemand lächeln würde, antwortete Ayn Rand: >>Not quite that way; no. If they do, it is privately and accidentally. Certainly, it is not social. They don’t smile in approval of their system.<< Wieder schießt Wippermann, wie schon bei Luther und Barruel, übers Ziel hinaus, da er nicht mit Definitionen und Erklärungen, sondern vor allem mit Gesinnung argumentiert. Ohne Frage waren die Anhörungen und Prozesse eine Farce, Ayn Rand wiederum pflegte einen sehr eigenen Blick auf die Sowjetunion - dennoch ist ihr Bericht in diesem Punkt nicht gerade komisch oder grotesk. Auch das "gesamte Verfahren gegen die Rosenbergs basierte” für Wippermann “auf puren Verschwörungsideologien und hatte fatale Ähnlichkeit mit den Hexenprozessen des Mittelalters und der frühen Neuzeit…” Zweifellos lassen sich im Fall der Rosenbergs antisemitische und verschwörungsideologische Aspekte ausmachen, von “purer” Einbildung kann jedoch nicht die Rede sein, wenn man nicht die Existenz der Sowjetunion, ihres Spionageapparats, ihrer amerikanischen Informanten und Agenten sowie die reale und neue Bedrohung durch Kernwaffen ausblendet. Auch im Falle des KPD-Verbots ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum Wippermann schreibt, es sei “ernsthaft verschwörungsideologisch mit der Annahme begründet” worden, “dass diese damals bereits äußerst schwache und geradezu marginalisierte Partei danach strebe, die Grundlagen der Demokratie zu unterhöhlen und das demokratische System selber zu stürzen.” Ich lasse mich gern darüber belehren, aber worin sonst bestand die politische Zielsetzung dieser Partei?
Wippermann will aber einen Schluß ziehen, der nur mit der Annahme “purer” Einbildung zu ziehen ist: “Die Ereignisse während der Ära McCarthy zeigen und erklären, dass Verschwörungsideologien auch, ja vielleicht sogar gerade in den USA auf einen fruchtbaren Boden fielen, weil man sich hier ständig und keineswegs nur während des Kalten Krieges von einem geheimen und im Geheimen agierenden diabolischen ‘inneren Feind’ bedroht gefühlt [!] hat.”
Nach dem Antikommunismus folgt im Buch der Kommunismus. Marx und Engels gelten Wippermann als – neuer undefinierter Begriff – “Verschwörungsneurotiker”, weil sie verschiedene Personen der Agententätigkeit verdächtigten.
Wo sind hier Stukas?
Auf einem DDR-Plakat, das reißerisch vor Kartoffelkäfern warnte, die angeblich von den Amerikanern abgeworfen wurden, sieht Wippermann noch etwas ganz anderes: “Die Assoziation mit deutschen Stukas ist überdeutlich.” (S. 115) Überhaupt scheint er den Unterschied zwischen Mensch und Tier recht instrumentell zu behandeln, wenn er behauptet, hier könne von “deutlichen Anleihen an die faschistische Propaganda” gesprochen werden – wegen der “Verwendung des Parasitenbildes für den politischen Gegner.” Es tut mir leid, aber der abgebildete Schädling ist ein Käfer und wird in keiner Weise mit einer Personengruppe identifiziert. Niemand hat behauptet oder unterstellt, die Amerikaner wären Kartoffelkäfer.
Doch Wippermann sieht noch mehr: “die Adaption der Vorstellung einer “Volksgemeinschaft”, deren “Lebensgrundlage” durch den “Amikäfer” vernichtet werden soll.” Ich bitte nochmals um Verzeihung, aber die Ernte ist doch die Lebensgrundlage der Bevölkerung, oder nicht? Und von einer “Volksgemeinschaft” hat in diesem Zusammenhang nur Wippermann gesprochen.
(Wippermann sieht auch anderswo Gespenster, die “Prieuré de Sion” aus dem Universum von Dan Brown und Pierre Plantard, benannt nach ihrer schweizerischen Residenz Sion, wird bei ihm (S. 144) kurzerhand zur “Prieuré de Zion”, zur “Bruderschaft von Zion”.)
GEGENWART
Wippermann, der ein ganzes Buch über einen Gegenstand schreibt, den er nirgends definiert, hat zum Terrorismus folgendes zu sagen: “Schon der inzwischen überall und für alles mögliche verwandte Terminus “Terrorismus” ist äußert vage und unbestimmt. Es gibt Hunderte sich zum Teil völlig widersprechende Definitionen. “Terrorismus” ist, wie Noam Chomsky angemerkt hat, eher ein “Produkt des politischen Diskurses” als ein feststehender und präzise definierter politikwissenschaftlicher Begriff.” (S. 129)
Dabei löst das Thema einen vielversprechenden Gedanken bei Wippermann aus: “Islamisten begehen wirklich Selbstmordattentate und andere terroristische Anschläge und begründen dies wirklich mit islamistischen Verschwörungsideologien. So gesehen verfügen die antiislamitischen Verschwörungsideologien über einen realen Kern.” Das merkt jedoch nur in diesem Fall an und geht nicht weiter darauf ein. Daß die Illuminaten unter Bode wirklich alles umstürzen wollten, die meisten Kommunisten die meiste Zeit über auch, daß Rosenberg wirklich für die Sowjetunion spioniert hat, daß die Sowjetunion wirklich Atomraketen gebaut hat – all diese anderen realen Kerne bleiben undiskutiert bzw. durch die fortgesetzte Betonung der “puren” Einbildungen gar faktenresistent dementiert.
Beinahe schon komisch ist Wippermanns Verhältnis zum Internet. “Gibt man bei “Google” das Stichwort “Illuminaten” ein, werden über 6000 Treffer gemeldet.” (S. 143) Es sind erheblich mehr Treffer, und 6000 wären auch geradezu erbärmlich. Eine Aussage ist das in jedem Fall nicht. Wippermann geht aber nunauf das von ihm kaum verstandene Medium los. Über die Argumentationsweise von Mathias Bröckers schreibt er:
>>Dies geschieht mit Hilfe von “Beweisen”, die Bröckers, wie er freimütig einräumt, alle samt und sonders aus dem Internet gezogen hat. Dabei macht er sich die Tatsache zunutze, dass dort verschiedene und sich zum Teil widersprechende Informationen über die Vorgeschichte und den Verlauf des Anschlags zu finden sind, was in diesem Medium keineswegs ungewöhnlich, sondern geradezu typisch ist.<< (S. 135) Nach der Lektüre von Wippermanns Buch auch nicht schlecht: "Schließlich arbeitet Bröckers mit Zitaten, die häufig kaum nachprüfbar und meist aus dem jeweiligen Zusammenhang gerissen sind." An den neuen, vom Internet beeinflußten Autoren stört Wippermann besonders ihre Phantasie: "Für antisemitische Verschwörungsideologen wie Mathias Bröckers ist dieses und noch viel mehr sehr wohl möglich." (S. 136) Das Problem an Bröckers' Behauptung, der Mossad könne jedes amerikanische Telefon abhören, ist aber gar nicht, daß er es für möglich hält, sondern daß er diese unbewiesene Vermutung als Ausgangspunkt seiner Argumentation benutzt. Für Wippermann ist das Vorstellungsvermögen aber sehr wohl das Problem, so sehr, daß er es dem mittlerweile knochenbornierten Gerhard "Im Prinzip" Wisnewski und gleich noch bisher gar nicht als Verschwörungsideologen aufgefallenen Autoren attestiert: >>Bröckers ist kein Einzelfall. (…) Die verschwörungsideologische Phantasie der Verfasser von Werken über die “World-Trade-Center-Verschwörung” kennt keine Grenzen. Dies gilt für Gerhard Wisnewskis Operation 9/11 und wenigstens teilweise für einige andere Sachbücher…<< Und welche Bücher finden wir dort in der Fußnote? Man glaubt es kaum: "Tödliche Fehler" von Oliver Schröm und Dirk Laabs sowie - festhalten - "11. September", herausgegeben von Stefan Aust und Cordt Schnibben. Wenn mir jemand die verschwörungsideologischen Phantasieprodukte in diesen Büchern noch mal auseinandernehmen könnte... Weiß Aust, daß er hier in diesen Topf gesteckt wird, in dem er ganz bestimmt nicht stecken mag? Im Zusammenhang mit dem Internet kommt es im Buch noch zu wenigstens kurzen Erklärpassagen über die Besonderheiten in der Struktur der undefinierten Verschwörungsideologien, die sie so beliebt machen: "Verschwörungsideologien werden nicht nur wegen ihrer ideologischen Tendenz, sondern wegen ihres verschwörungsideologischen Inhalts geglaubt, scheinen sie doch eine einfache und verständliche Erklärung für komplizierte und unverständliche Ereignisse zu bieten." (S. 140) An solchen Stellen frage ich mich wirklich, ob nach Jahren im Wissenschaftsbetrieb einfach der Gedanke nicht mehr aufkommt, ob die gerade aufgestellte Behauptung auch auf einen selbst zutrifft, ob die Rückführung sämtlichen von Wippermann behandelten Verschwörungsdenkens auf eine einzelne Quelle, den Teufelsglauben, eine ähnlich monokausale und unterkomplexe Veranstaltung ist. Vor dieser Selbstreflexion steht aber offenbar der Reflex, das Problem dem Internet zuzuschreiben, denn "insbesondere" dort "blühen Verschwörungsideologien geradezu auf, das Medium erleichtert die Konstruktion und Verbreitung von Verschwörungsideologien und erschwert zugleich ihre Dekonstruktion und ideologiekritische Entlarvung." Das begründet Wippermann folgendermaßen: "Die Konstrukteure der früheren Verschwörungsideologien legten ihre Thesen in Büchern, Traktaten und anderen Druckerzeugnissen dar und mussten sie hier durch Fakten und Zitate beweisen..." Mußten sie das? Ging es jemals darum? Jetzt sei die Nachprüfbarkeit nicht mehr gewährleistet, "weil die angegebene Internetadresse nicht oder nicht mehr stimmt, gelöscht oder durch andere ausgetauscht wurde." Bücher hingegen waren niemals vergriffen oder wurden überarbeitet, Flugblätter auch Jahrzehnten noch lückenlos vorhanden. Doch Wippermann ist noch nicht fertig mit dem Internet: "Gemeinsam kann man sich im Internet auf die Suche nach "geheimen Drahtziehern" begeben, ohne Gefahr zu laufen, lächerlich gemacht zu werden" - was offenbar immer noch die Idee wäre - "im Gegenteil, man bestärkt sich und die anderen in seinem Verschwörungswahn. Dies kann schon fast religiöse Züge annehmen: Eine Gemeinschaft der vermeintlich Wissenden wendet sich gegen den unwissenden Rest der Welt." Das gibt es natürlich alles nur im Internet, vor der Erfindung des Computernetzwerkes waren Verschwörungsideologen vereinzelt und unorganisiert, klar. Nach einem ganzen Buch über die "puren" Einbildungen im Laufe der Jahrhunderte könnte an dieser Stelle vielleicht auch die Frage aufkommen, welcher "Gemeinschaft der vermeintlich Wissenden" Wippermann sich zurechnet, wenn er sich "gegen den unwissenden Rest der Welt" wendet. Wie er selbst schreibt: "Anstatt die Verhältnisse in unserer immer komplizierter werdenden Welt zu erklären, wird alles auf Verschwörungen zurückgeführt." (S. 152) Oder eben auf den Teufelsglauben. ___________________________________________________ Diese Rezension als PDF
January 9th, 2008 at 15:27
mit dem herren haste es aber wirklich
January 9th, 2008 at 15:42
Naja, viel mehr wird’s aber wohl auch nicht werden. Außer vielleicht noch eine Kritik seiner Kritik am “Schwarzbuch” – die ist auch in der Schublade.
January 9th, 2008 at 16:08
der ist aber auch ein Torfkopf
January 10th, 2008 at 03:07
[…] weiter […]
January 10th, 2008 at 12:47
Der Monotheismus hat die vielen verschiedenen blutrünstigen Barbarengötter in der Figur des einen Satan zusammengefaßt. Der Kapitalismus hat diese Gestalt in eine werbewirksame Kindergutenachtgeschichte eingekleidet, ihr einen Sack voller Konsumgüter verpaßt und noch ein paar Rentiere dazugesponsort, so daß sie nahezu in Vergessenheit geraten ist. Infolge seines Zerfalls erzählt sich der mittelalterliche Gegengott in den gegenwärtigen Diskurs zurück, und diese Entwicklung wird früher oder später auch auf die offene Frage stoßen wie der Begriff “Allah” aus dem Arabischen zu übersetzen sei, ob mit “Gott” oder mit “Satan”, und dass der Wippermann an dem Punkt keinen Übersetzungsfehler macht…
January 10th, 2008 at 13:35
Also wenn man unbedingt wissen will, wie der Begriff “Allah” übersetzt wird, sollte man sich die Wurzel im Hebräischen und Aramäischen anschauen.
January 10th, 2008 at 16:59
Das spielt nur eine untergeordnete Rolle, da nach der Luziferlegende die Teufel auch Götter sind, bloß eben mit umgekehrtem Vorzeichen. Manchen Deutungen zufolge ist “Allah” eine barbarische Mondgottheit, die als einzige übrig gelassen wurde als Mohammed von Arabien zwecks Monotheismus-Mimikry sein übervölkertes Pantheon säuberte. Das würde jedenfalls erklären warum bestimmte Verschwörungsideologien kulturübergreifend wirksam werden.
January 12th, 2008 at 16:47
Nun da müsste man sich die religionswissenschaftliche Literatur anschauen. Das Gott (Allah ist eben nur der arabische Begriff für Gott) im arabischen Heidentum der Obergott war, kannst man sogar in der islamischen Literatur finden. Allerdings war hatte er keinen Nennwert! De Facto war er in der anschauen der Araber nicht funktional.
Das Gott übriggeblieben ist, könnte man so durchaus sagen. Allerdings ist das unvollständig. Es gab nämlich im vor-islamischen Arabien auch die Hanifen. Monotheisten, die keiner der beiden anderen Religion (Judentum-Christentum) angehörten und “Allah” anbeteten.
Gott ist keine Erfindung der heidnischen Araber, die dann später von Muhammad übernommen wurde. Gott ist älter als der vor-islamisch heidnische Götterhimmel der Araber. Das kann man schon aus der Präsenz der Christen und Juden dort entnehmen.
Das Wort “Gott” wurde bereits für alle möglichen heidnischen Götter verwendet, bevor in hiesigen Breiten jemand vom “wahren” Gott auch nur was ahnte. Das gilt ähnlich sogar für die entsprechenden Begriffe des Hebräischen.
Evangelikale Christen benutzen gerne das Argument das Allah ein Götze sei und nichts mit dem einen Gott gemein hätte. Naja aus einer atheistischen Perspektive könnte man ja sagen, Gott ist sowieso ein Erfindung. Aber aus einer religions-internen Sicht sieht das anders aus. Die Behauptung der Evangelikalen ist schon aus christlichen Sicht problematisch, da sie darauf hinausläuft die Existenz von zwei Göttern zu behaupten. Aus islamischer Sicht würde man sagen, das mit dem Aufkommen des Islam eine ur-sprüngliche Sicht wiederhergestellt wurde: Die verwässerung des Monotheismus durch die heidnischen Araber durch Beigesellung von Göttern, was wieder ins Recht Licht gerückt wurde.
Was ich empfehlen kann ist Literatur von Carsten Colpe. Religionswissenschaft von heute kommt gar nicht mehr ohne seine Werke aus.
January 12th, 2008 at 17:25
Das kann ich auch empfehlen:
http://www.islamic-awareness.org/Quran/Sources/Allah/moongod.html
January 12th, 2008 at 23:41
@Nemesis – Ich sage “barbarisch”, Du verstehst “heidnisch”, daran erkennt man sonst eigentlich den Evangelikalen, aber Deine Argumentation ist inhaltlich eher die eines Dhimmi.
Es braucht nicht erst Übersetzungskonventionen. Der Islam versucht selbst aktiv an das jüdisch-christliche Erbe anzuknüpfen, so beispielsweise an die Figur des Abraham, dem der neben dem Ramadan-Abschluß einzige islamische Feiertag gewidmet ist, welcher allerdings nicht wegen seiner Inspiration zur Unterlassung des Menschenopfers, sondern vielmehr wegen seiner Bereitschaft zum Menschenopfer verehrt wird – in Mekka u.a. mit einem Steinigungsritual, das hin und wieder dazu führt dass die Beteiligten sich massenweise gegenseitig zu Tode trampeln.
Das ist im übrigen auch mein Bedenken mit Wippermann. Wenn die atheistischen Verschwörungsideologien vom Christentum abgenabelte Formen von Teufelsglauben sind, welche barbarischen Kontinuitäten genau kommen darin zum Ausdruck? Warum funktionieren dieselben Verschwörungsideologien sowohl in atheistischen als auch in islamischen Milieus, obwohl diese sich doch nicht miteinander vertragen? Hier hat seine Argumentation eine Leerstelle.
January 13th, 2008 at 05:32
Dhimmi, ist das das Gegenstück zum Judenfreund? Dhimmi muss nicht falsch sein. Ich bin kein Dhimmi, sondern ein Musel. Aber das weiß ja Classi schon.
Der Islam versucht gar nichts, er ist ja keine Person. Seine Bestandteile sind zum größten Teil jüdisch, etwas christlich und sonst Eigenkreation. Etwas Judaica lesen hätte hier weiterhelfen können. Ich empfehle mal Abraham Geiger, dann gibts lichte Momente. Deine Behauptung bezüglich des Menschenopfers entspringt wohl deinem Wunschdenken, und nicht der Lektüre. Aber seis drum, die Unterlassung des Menschenopfers setzt zuerst auch mal Bereitschaft vorraus. So gesehen unterscheiden sie sich ja nicht einmal. Aber hier setzt wohl das übliche Fabel fürs Judentum ein, das man dann auch nicht besonders kennt. Wohl er aufgrund der Symphatie für Juden, weil man halt Israel-Solidarisch ist. Mit besonderer Lektüre des Judentums hat das nichts zu tun, sondern mit stichwortartiken Symphatiebekundungen angelesener Natur, die über das übliche nicht hinausgehen, siehe Menschenopfer. Das es dazu in der Mischna mehrere Deutungen gibt interessiert keinen, und das die mündliche Literatur da doch dem Islam sehr nahe kommt würde wohl auch das Weltbild einiger erschüttern.
January 13th, 2008 at 06:10
@nemesis: nett zu lesen, aber du diskutierst hier mit dem Falschen. Dein Diskussionstil beruht auf der im vorliegenden Fall fehlgeleiteten Annahme, daß der Diskussionspartner nachdenken möchte/kann. Das kann doch nichts werden. *g*
January 13th, 2008 at 10:58
[…] Kulla hat sich dazu in seiner Rezension im Buch von Wolfgang Wippermann “Agenten des Bösen” […]
January 14th, 2008 at 06:39
gute rezension, wäre schön, wenn die irgendwo anders noch auftauchen würde
January 14th, 2008 at 09:07
Danke. Sehr interessierter Beitrag.
Ich bin zufällig auf diese Seite gestoßen, weil sie bei Liza in der Blogroll steht.
Sehr gut auch die Einschätzung Luhers. Wippermann zeigt hier, dass er von der Gedanken- und Theologiewelt des ausgehenden Mittelalters im Übergang zur Neuzeit keine Ahnung hat.
@Nemesis, January 12th, 2008 at 4:47 pm:
Das mit den “zwei Göttern” bei den “Evangelikalen” oder sag’ einfach konservative Christen – ich bin auch einer – kann man so nicht stehen lassen. Und was verstehst du unter Evangelikal? Darüber könnte man auch diskutieren.
Zu den Götzen: Sie sind aus Stein, Gold etc. gewirkte Kultgegenstände, Figuren, Statuen, Puppen etc. oder Naturgottheiten und gingen dem biblischen Monotheismus voraus.
Der einzige anbetungswürdige monotheistische Gott (ich weiß, klingt komisch) ist der biblische. Allah ist die schlecht verkaufte Kopie des Mondgottes aus der polytheistischen Zeit auf der arab. Halbinsel, bevor Mohammed sich durchsetzte und Allah als monotheistischen Gott präsentierte, da der biblische Gott nach der Zurückweisung durch die Juden und Christen in seiner zukünftigen Agenda keinen Platz mehr hatte.
Wenn man also von “zwei” Göttern sprechen kann, dann aus der Warte der Muslime. Für mich war und bleibt Allah ein polytheistisches Relikt.
Wenn im biblischen Gottesnamen “Elohim” das “El” aus dem Baal-Kult herauszuhören ist, dann ist es ein linguistisches Phänomen, ebenso wie die Tatsache, dass etliche arabische Christen kein Problem damit haben, den biblischen Gott als Allah anzurufen, obwohl sie mit dem Allah des Koran nichts am Hut haben.
January 14th, 2008 at 13:16
Mensch, Bernd. Wisch dir mal den Schaum vorm Mund weg. So kannst du aber nicht mit zu Omi.
January 14th, 2008 at 15:05
@Bernd
Die Sache mit den “zwei Göttern” bei einigen Evangelikalen (natürlich sind die auch nicht homogen) beruht auf Gespräche mit letzteren. Wenn die mir sagen, Allah ist ein anderer Gott, sag ich es gibt doch nur einen. Allah ist eben der arabische Begriff für Gott. Man könnte höchstens sagen, das man eine andere Gottesvorstellung hat, aber ein anderer Gott? Das hört sich bei mir dann so an wie wenn es zwei Götter gibt.
Das “Allah” (eben kein Eigenname) der Mondgott ist und sich daraus entwickelt hat, ist auch so ein “evangelikales” Argument. Die Heftchen, die da immer rumkursieren zu Propagandezwecken, sind da ein gutes Beispiel. Da steht der Mist drin. Das ist zwar nicht ganz wissenschaftlich und beruht auch nicht auf wissenschaftlichen Quellen, sondern ist einfach eine Behauptung und wird auch durch Wiederholung nicht richtiger.
Außerdem merkt man dir an, das du dich mit Verfasstheit der Christenheit auf der damaligen arabischen Halbinsel nicht auskennst, denn deren Gottesbild würdest du sicherlich nicht biblisch nennen. Das Arabien der damaligen Zeit hieß übrigens “Mutter der Häresien”, wegen den ganzen christlich-häretischen Gruppen, die es da gab und in Opposition zur damaligen “orthodoxen” Anschauung standen. Der Koran hat die Verwässerung des Monotheismus durch Götzendiener wieder korrigiert und auch einiges an der Verunstaltung durch christliche (und jüdische) Anschauungen. Denn die vertraten eine tritheistisches Gottesbild, das mit Monotheismus nichts gemein hatte. Von denen hatte der Islam sicher nicht sein Gottesbild, im Gegenteil es hat es ja kritisiert. Insofern hat es als Korrektiv gedient.
Ich würde sogar soweit gehen und sagen das die koranische Gottesvorstellung dem Judenchristentum näher steht, also so manch späte Christologie.
Denn zur zeit Muhammads gab es nirgendwo in Arabien oder Syrien eine allgemein anerkannte christliche Christologie, sondern lediglich verschiedene, im christologischen Dauerstreit befindliche regionale und nationale Kirchentümer und Sekten, die zum teil recht unterschiedliche Formen von Christologie verfochten. Deswegen kann man auch nicht behaupten, der Koran würde z.b DER christlichen Auffassung von Gott oder von Trinität entgegenstehen. Denn die Trennlinie hat sich damals nicht zwischen Islam und Christentum gezogen, sondern durch das Christentum selbst. Es gab Richtungen, die dem Jesus Bild des Koran durchaus näher waren als ihren Christlichen widersachern. Denn der Koran vertrit, wie das Judenchristentum, eine prophetisch akzentuierte Christologie.
Schon Tabari, ein früher Islam-gelehrter, merkte an, das der Widerspruch zur göttlichkeit Jesu in Sure 5,72 sich speziell gegen den Christuskult der monophysitischen Jakobiten (Ya’qubiya) richte.
Das Gottesbild der Christen, das dem Koran vor Augen steht und dem er direkt widerspricht, ist ein Art “Familiärer Drei-Götter-Glaube”, der aus der “Dreiheit” (tatlit) von Gott, dem Vater, Maria, seiner göttlichen Gefährtin, und aus Jesus als ihrem gemeinsam göttlichen Sohn besteht. Hierzu Sure 5,116.
Es ist doch so, seit dem 5.Jh befand sich die Christenheit im Dauerstreit um die dogmatische Beschreibung der Naturen Jesu. Gegenüber der für orthodox erklärten chaldonensichen Zwei-Naturenlehre sprach die anti-chalcedonensische Bewegung von der einen Natur (gr. mia physis) des inkarnierten gott-logos. Wort-führer der Monophysiten im 6.Jh. war Severus, Patriarch von Antiochien. Er vertritt eine konsequente Christologie “von oben”, in welcher die menschliche Wahrnehmung der Jesu Person, gar nicht in den blick kommt.
Man muss bedenken, zur Zeit Muhammads wurden die Monophysiten und Tritheisten im byzantinischen Reich unterdrückt, zeitweise sogar verfolgt. Und diese Tatsache von den tritheistischen und christologischen Streitigkeiten der Christen war bis nach Arabien und zu Muhammad gedrungen, wie der Koran mehrfach erkennen lässt, wenn er wiederholt von der christlichen “Uneinigkeit” (ihtilaf) spricht (Sure 3,55;4,157;19,37;43,65)
Angesichts der Fülle und Vielfalt von dogmatischen-theologischen und volksreligiösen Auffassungen und Spekulationen, die es im orientalischen Christentum bezüglich des Wesens Gottes und der Person Jesu und Marias gab, ist es nicht angebraucht zu sagen oder anzudeuten, der Islam bzw. Koran (oder Muhammad) hätte “DEN christlichen” Gott oder “die christliche” Trinitätslehre, Christologie oder Mariologie falsch verstanden.
Das Nein des Korans zur triadisch-christlichen Gottesauffassung ist mit Sicherheit durch das monotheistische credo, wie es Sure 112 zum Ausdruck bringt, motiviert. Möglicherweise ist es zugleich ein Echo der nestorianischen Kritik am Christus- und Marienkult. Nestorius, der Bischof von Konstantinopel, hatte die Bezeichnung Marisa als der “Gottesgebärerin” abgelehntund sein “christotokos” dagegengesetzt, aus Sorgen, dass man in den Augen der Volkes Maria mit diesem Titel zur Göttin mache. Das nestorianische Christentum, das sich im Laufe des 5.Jh. von der römischen Reichskirche gelöst hatte und eine Christologie vertrat, die primär das Vorbildhafte Menschsein Jesu in seiner Verbundenheit mit Gott betonte (Synode von beth lapad 484), breitete sich von Süd-Arabien seit seit dessen Eroberung durch die Perser (597) auch über die arabische Halbinsel aus. Zur Zeit Muhammads waren Nestorianismus und Monophysitismus die in Syrien und Arabien am weitesten verbreiteten Formen des Christentums.
Also kann man sagen, das der Koran nicht pauschal DIE christliche Gottesauffassung zurückweist, sondern ganz gezielt die triadisch-tritheistischen Gottesvorstellungen der orientalisch-christlichen Volksförmigkeit, mithin eine übersteigerte Christus-und Marienverehrung, die starke Tendenzen zur Vergottung Jesu und Marias beinhaltete. Daraus darf freilich keine anti-häretische Gesinnungs-genossenschaft mti dem sich als Orthodox bezeichnenden westlichen Christentum gefolgert werden. Der Koran lehnt nicht nur einen familiären Tritheismus, sondern auch, wie übrigens schon die älteste Form des Christentums, das Judenchristentum, JEDE mögliche Form eines trinitarischen Gottesbildes ab, gelte sie christlicherseits nun als orthodox oder als häretisch. Und hier dürfte es dem Judentum sehr nahe stehen.
January 15th, 2008 at 15:35
[…] hole ich das später mal nach, wenn ich die Ruhe dazu finde. Aber vorerst verweise ich schonmal auf Classless Kulla, dessen Rezension von Wippermanns Buch viele Punkte anspricht, die mir bei dem Vortrag ebenfalls […]
January 15th, 2008 at 16:24
@Nemesis – Ein Dhimmi ist jemand der an die Integrität der Vereinten Nationen / Organisation der Islamischen Konferenz glaubt.
Als Beleg für die Menschenopfer-These kann beispielsweise die Aussage von Yvonne Ridley dienen als Eid ul-Adha einmal auf den amerikanischen Inaugurationstag fiel.
Jede genealogische Argumentation findet im übrigen ihre Grenzen am Primat des persönlichen Gewissens. Vielleicht willst Du ja tatsächlich den vom Islam getragenen antisemitischen Konsens nicht haben. Vielleicht ändere ich ja auch meine Meinung sobald Ungläubige nach Mekka rein gelassen werden.
Kurios finde ich Positionen die die christliche Dreifaltigkeitslehre verwerfen aber gleichzeitig drei Religionen an einen Gott glauben sehen.
Da ist oft schon nicht mehr auseinander zu halten welche westlichen Literaten von welchen islamischen Theologen abgeschrieben haben oder umgekehrt, und dass der Heilige Geist und die Muttergottes mal eben so verwechselt werden gehört auch dazu.
January 15th, 2008 at 16:50
@ghost – Wer ist hier denkfaul? Mal abgesehen davon dass es nicht auf das Mittelmeer ankommt, was Susanne Winter über Mohammed von Arabien gesagt hat stimmt. Wäre es ebenfalls “dumm”, “rassistisch” und “bigott” wenn – bspw. – Shirin Ebadi dasselbe über Friedrich Barbarossa sagen würde?
January 15th, 2008 at 20:07
@gfb: Denkfaul? Du. Ist das nicht klar geworden? Aber danke, daß du es noch einmal illustrierst, Mausi. Erstens: bigott nannte ich die Winter nicht, sondern SPON. Und das Problem mit solchen Argumenten wie denen der Winter, und der Grund, warum sie dumm und/oder rassistisch sind, liegt nicht in der Frage, ob sie auf historischer oder statistischer Wahrheit beruhen, sondern in der Form des Arguments. Zum Beispiel darin, daß sie es nicht über Barbarossa gesagt hat, der auch eine 11jährige geheiratet hat laut http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_I._%28HRR%29). Diese Selektivität ist typisch für rassistische Argumentation. Dieselbe Selektivität greift übrigens wieder bei den epileptischen Anfällen, die auch Judeochristlichen Propheten und Heiligen ‘vorgeworfen’ wurden.
Oder zum Beispiel darin, daß sie aus der historischen Wahrheit, eine ‘Wahrheit’ über islamische Männer gewinnt, die zudem ein altes antiislamisches Klischee bedient.
Und dein Shirin Ebadi Argument ist so dämlich, das finde ich völlig unkommentierbar. Aber das kommt ja von jemandem, der mit Emphase einen Begriff wie Dhimmi verwendet. Zu heiß gebadet?
January 15th, 2008 at 20:12
guckst du hier: http://shigekuni.blogspot.com/2008/01/ber-islamophobie.html
na, erkennst du dich wieder?
January 15th, 2008 at 21:09
Ich erkenne das Unwort des Jahres wieder: “Islamophobie.” (Oder war das das vom (vor-)letzten Jahr?)
Nur worauf willst Du damit hinaus? Dass man sagen darf, Judentum alles Quatsch, Christentum alles Quatsch, Scientology alles Quatsch, aber wer sagt Islam das ist alles Quatsch dem ist pauschal eine irrationale Angst zu unterstellen?
Übrigens hat kein islamisches Land das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen unterzeichnet, d. h. wenn es bei einem binationalen Paar mit Kind zu einer Sorgerechtsstreitigkeit kommt dann hat die Mutter keine Chance und der Vater automatisch recht. Hältst Du es tatsächlich für rassistisch darauf hinzuweisen dass dieses Problem ausschließlich mit dem Islam auftritt?
January 15th, 2008 at 21:21
“Nur worauf willst Du damit hinaus? Dass man sagen darf, Judentum alles Quatsch, Christentum alles Quatsch, Scientology alles Quatsch, aber wer sagt Islam das ist alles Quatsch dem ist pauschal eine irrationale Angst zu unterstellen?”
habe ich das gesagt? nein.
hast du nachgedacht, bevor du das geschrieben hast? nein.
wenn ich sage: “barbarossa war nach heutigen begriffen ein kinderschänder und man könnte sagen, daß deutsche männer an sich zum kindesmißbrauch neigen” ist das doch ein sehr dämlicher satz. und hetzerisch. das statement zum islam ist aber insofern schlimmer als daß es geruhsam in den bahnen alter klischees verläuft.
Ich sage auch: islam alles quatsch. aber die form des arguments ist entscheidend. ob ich sage: “judentum alles quatsch, monotheismus etc. pp.”, was weiß ich, ich kann es ja an die Faseleien von Graves hängen, ist das etwas anderes als wenn ich sage: “juden besetzen heute noch zentrale stellen im finanz- und pressewesen, was die konstante hetze gegen deutschland erklärt, denn der jude ist im grunde das gegenteil des deutschen, sein natürlicher feind gewissermaßen. ich bin deshalb gegen eine weitere jüdische zuwanderung und gegen den jüdischen einfluß, die zionistische lobby.” dann ist das etwas völlig anderes. beides ist zusammezufassen unter “judentum quatsch” aber die zwei behauptungen sind doch arguably unterschiedlich. oder siehst du das anders?
ich fasse nicht, daß ich das einem erwachsenen Mann erklären muß.
das unwort des jahres ist dhimmi.
January 16th, 2008 at 08:37
Bitte. Die zionistische Lobby ist ein Papiertiger. Der Mossad kann nicht einmal voraussehen wann Ariel Sharon einen Notarzt braucht. Und jüdische Zuwanderer läßt Deutschland deswegen rein damit Israel nicht wächst.
Und wenn ein Politiker in einem Land wo Blauhelme stationiert sind das sagen würde?
January 16th, 2008 at 08:38
Oops, Linknachbesserung: Blauhelme
January 16th, 2008 at 14:06
@godforgivesbigots
Hä? Die Deutschen steuern die jüdischen Migrantenströme zum Nachteil Israels? Kannst du das irgendwie belegen?
January 16th, 2008 at 14:39
Wer hat denn hier schonmal gesagt, das Judentum Quatsch wäre? Vielleicht sollten unserer Israel-solidarischen Jungs vom “Bund der Likud-Buben” erstmal das Judentum kritisieren (so aus rein religionswissenschaftlich- und kritischem Interesse), damit man ihnen ihre religionskritische Attitüde auch abnimmt.
So gesehen ist für mich die “Religion ist Scheiße” Haltung für ehrlicher als die Klugscheißer, die sofort Antisemitismus schreien, wenn man ihren angeblichen Anspruch auf Religionskritik ernst nimmt und auch das Judentum kritisiert.
Religionskritik oder Islamkritik, die ihren Namen verdient hat es nie gegeben.
January 16th, 2008 at 16:11
“Und wenn ein Politiker in einem Land wo Blauhelme stationiert sind das sagen würde?”
Unerheblich. Begreif das doch.
“Die zionistische Lobby ist ein Papiertiger. ”
Das war ein Witz, du Trottel. Ich wollte eine Position aufschreiben, die so dumm ist wie deine und habe freihändig aus dem Vanity Fair Interview mit Horst Mahler paraphrasiert.
Ich finde Judentum insofern Quatsch als ich eine gewisse Religionsfeindlichkeit besitze. Insofern finde ich auch Islam Quatsch. Das ist aber eine völlig andere Position. Und ein anderes Argument. Und sie weicht gerade auf, da ich mich gerade viel mit jüdischer Theologie beschäftige.
January 16th, 2008 at 18:05
@nonono – Die jüdischen Einwanderer nach Deutschland sind Kontingentflüchtlinge, d. h. die Einwanderung erfolgt unter einem kollektiven Sonderprivileg statt unter allgemeinem Einwanderungsrecht. Auf dem Höhepunkt des Selbstmordterrors gingen durch diese Regelung fast doppelt so viele Juden nach Deutschland wie nach Israel. Die Website der deutschen Botschaft erklärt das gehört so wegen “Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen” usw., ob deutsche Diplomaten damit schon konkrete Forderungen nach der Schließung von Siedlungen begründet haben kann ich nicht sagen.
@Nemesis – Jeder Atheist nimmt in der ein oder anderen Form eine solche Haltung ein, und es gibt ja auch eine ganze Menge davon unter den Israelis selbst. Was ich am Judentum vielleicht etwas kritisch sehen muß ist eine bestimmte Enthellenisierungtendenz, aber diese ist auch anderswo anzutreffen, beispielsweise im polnischen Katholizismus. Und “Likud-Buben”, das ist doch Robert Kurz.
@ghost – Mir war schon klar dass Du mir die antisemitische Position nur vorgeführt hast um das Gegenargument zu hören. Aber ich finde den Vergleich gar nicht unerheblich. Der Politikerin aus dem Land der UN-Atominspektoren wird vorgeworfen dass sie islamische Männer als eine Art sexueller Raubtiere schildert, wo doch genau dies von diesen selbst zur Begründung des Frauenverschleierungszwangs angeführt wird.
January 16th, 2008 at 18:55
Nicht sexuelle Raubtiere. Den Unterschied zwischen Mißbrauch und ‘normaler’ Sexualität kennst du schon, oder? Winters Argument ist hinterhältiger und wesentlich genauer auf das spezielle islamophobe Klischee getrimmt. Die sexuelle Raubtiernummer, das sind doch Kanadier, zum Beispiel (du kennst doch “Fear of a Black Planet”). Rassistische Argumente sind oft sehr präzise im vorgebenen Rahmen.
Zweitens greift hier immer noch das Problem mit der Art und Weise, wie so ein Argument funktioniert. Um einen der leichteren Aspekte herauszugreifen: weite Teile auch der deutschen Kultur beruhen auf der sexistischen Vorannahme, daß Männer im Grunde Raubtiere sind, die sich nicht beherrschen können.
January 16th, 2008 at 19:55
Und, mein lieber Junge, es sollte dir doch klar sein, daß selbst die “Tatsache”, daß einige islamische Männer finden sie sind unersättliche kinderschändende Raubtiere, niemanden befähigt über islamische Männer eine Aussage zu machen, sondern allerhöchstens über die Männer, die die Aussage getätigt haben und auch dann nur, wenn sie ihnen jedes Wort glaubt. Nur weil Weiniger gesagt hat, daß Juden weibisch und verdorben sind, berechtigt das doch noch niemanden zur Aussage: guck mal, das hat doch ein Jude gesagt. WENN DAS SCHON EIN JUDE SAGT dann muß das doch stimmen. Mit der Israelkritik etwa von Finkelstein ist das im öffentlichen Diskurs ja ähnlich. Diese Nullargumente gibt es ja zuhauf. Sie sich zueigen zu machen ist aber recht blöde.
So wie schon dein “Hältst Du es tatsächlich für rassistisch darauf hinzuweisen dass dieses Problem ausschließlich mit dem Islam auftritt?”-Argument. Das ist strukturell IDENTISCH mit dem “nur weil ich israel kritisiere, bin ich doch noch lange nicht antisemitisch”-Argument, das ich (und du wohl auch) gut aus dem Stammtischdiskurs (Möllemann, anyone?) kennen, oder, pointierter, und näher an deinem argument: man wird doch wohl noch die juden kritisieren können, ohne gleich antisemit zu sein.
was soll denn diese penetrante herausrederei jenseits von argumentistan. sag doch einfach: “ja ich bin rassist und der muselmann soll bleiben wo der pfeffer wächst”und alles ist gut.
January 16th, 2008 at 20:07
@ghost – Davon dass Menschen zu Raubtieren werden spricht man wenn Instinkte an die Stelle der Verantwortungsethik treten. Ich habe mich gefragt was man verkehrt daran finden könnte, den “weit verbreiteten Kindesmissbrauch durch islamische Männer” zu benennen, und die Antwort ist dass hierdurch ein solches auswegloses naturpessimistisches Menschenbild affirmiert werden könnte. Das geschieht aber bereits innerhalb Islam selbst. Deinen Kanada-Bezug kapiere ich gar nicht. Jedenfalls erklärt das Wiki zu der Platte nichts dazu.
January 16th, 2008 at 20:25
achso. die kanadier, das war ein scherz. guckst du: http://shigekuni.blogspot.com/2008/01/n-word-no-wait-c-word-oh-im-confused.html
das war noch in meinem geistigen kurzwahlspeicher.
“Ich habe mich gefragt was man verkehrt daran finden könnte, den “weit verbreiteten Kindesmissbrauch durch islamische Männer” zu benennen, und die Antwort ist dass hierdurch ein solches auswegloses naturpessimistisches Menschenbild affirmiert werden könnte.”
und nein, das ist nicht “die” antwort. meine antwort habe ich dir schon gegeben.
ab einem gewissen punkt werden wiederholungen öde.
das mit den instinken und der verantwortungsethik ist, ach, naja, das führt hier zu weit. ich gucke einfach mißbilligend an dieser stelle, weil das zwar zu kurz gedacht ist, aber hier von mir nicht weiter diskutiert wird. das führt auch zu weit vom thema der besprechung weg, nech.
“Das geschieht aber bereits innerhalb Islam selbst. ”
zu dem fehlschluß im “aber bereits” habe ich auch schon was gesagt.
und zur speziellen natur des arguments mit dem kindesmißbrauch auch. na, dann ist’s ja gut.
January 16th, 2008 at 20:35
das PE lied hat zur ersten strophe dieses
“Man you ain’t gotta
Worry ’bout a thing
‘Bout your daughter
Nah she ain’t my type
(But supposin’ she said she loved me)
Are you afraid of the mix of Black and White
We’re livin’ in a land where
The law say the mixing of race
Makes the blood impure
She’s a woman I’m a man
But by the look on your face
See ya can’t stand it”
es setzt sich eben mit der Angst der Neger könnte sich doch jederzeit die Tochter/Schwester/Frau krallen und ‘verunreinigen’ auseinander. Siehe auch Birth of a Nation.
January 16th, 2008 at 21:09
Und zu dem anderen Posting. Otto Weininger war eine Privatperson, während Abol-Hassan Bani-Sadr seine Position aus einem Regierungsamt geäußert hat. Möllemann wollte statt Antisemitismus Israelkritik sagen, so wie einst Wilhelm Marr Antisemitismus statt Judenhass. Erwartest Du allen Ernstes ich würde genauso mit der deutschen Geschichte rumopfern wie dieser Selbstmörder? Mit dem Islam liegt eine völlig andere historische Kontinuität vor als mit dem Judentum: Die Kreuzzüge waren Verteidigungskriege, ähnlich grotesk dem der Sowjets gegen die Nazis, die Vertreibung Israels durch Rom hingegen ist eine Erblast.
Also, nein ich meine nicht alles wäre gut solange der Islam außerhalb Europas bleibt. Mein Eindruck ist eher die
bestehendezerfallende Ordnung in den islamischen Staaten ist explosiver Schrott. Da bin ich ganz bushdoktrinär. Solange Europa hiervon umringt ist hat es wenig Möglichkeiten außer zwischen Isolationismus und Fatalismus zu schwanken. Die Überwindung des posttheokratischen Katers hat aber die Neuordnung seines politischen Umfelds zur Voraussetzung. Und eine solche Neuordnung kann nur Bestand haben wenn sie die Erblast des römischen Imperiums annulliert, d. h. Israel seinen angestammten Platz zurückgibt. Keine Ahnung ob die Dame von der FPÖ zu diesem Punkt irgendetwas sinnvolles denkt.January 16th, 2008 at 21:24
@ghost – Der Schwarze könnte das Blut verunreinigen?!? Ich dachte AIDS wäre eine Verschwörung des Weißen Mannes?
January 16th, 2008 at 21:29
Ich würd auch sagen, so großartig das Lied immer noch ist – P.E. in eine politische Diskussion einzuführen, ist schon ziemlich daneben.
January 16th, 2008 at 21:36
“P.E. in eine politische Diskussion einzuführen, ist schon ziemlich daneben.”
was denn mit Birth of a Nation? Das als referenz auch daneben?
das impure haben PE sich nicht ausgedacht.
sie setzen sich offensiv mit einem tatsächlichen vorwurf auseinander.
um selbigen ging es.
*kopfschüttel*
January 16th, 2008 at 21:37
“Otto Weininger war eine Privatperson, während Abol-Hassan Bani-Sadr seine Position aus einem Regierungsamt geäußert hat.”
Du meinst das macht es besser? Im Ernst?
January 16th, 2008 at 21:39
“Keine Ahnung ob die Dame von der FPÖ zu diesem Punkt irgendetwas sinnvolles denkt.”
Du ja offenbar nicht.
*lach*
Mist der reis brennt an
January 16th, 2008 at 21:43
Nein, P.E. sind außer Black Power eben auch noch anderweitig ideologisch unterwegs. http://www.adl.org/PresRele/ASUS_12/3410_12.asp
January 16th, 2008 at 21:51
aber wenn man jemanden anführt weil er etwas einigermaßen sinnvolles (oder in diesem fall einfach etwas sehr bekanntes, wer kennt denn das lied nicht? es ging um klischees.) zu einem bestimmten thema gesagt hat, verteidigt man doch nicht den ganzen rest den er sagt? im selben lied ist die rede von black to the bone, was ich zwar für eine trope halte, wie Dead Prez’ I’m an african, aber trotzdem problematisch. wenn ich nur leute anführen kann die sauber sind, zitiere ich bald niemanden mehr. Das ist doch bizarr.
und ja, das kenne ich. professor griff war ja nicht umsonst zwischenzeitlich mitglied bei PE.
January 16th, 2008 at 21:54
Der Punkt war: P.E. zu zitieren, ohne ihren Antisemitismus wenigstens mal kurz erwähnen, muß einfach nicht sein.
January 16th, 2008 at 22:06
@ghost – Ach sind das jetzt wieder solche Postings bei denen Du nachher Daniel um Löschung bittest?
Mit den Leuten die meinten Weininger wäre der einzige “anständige Jude” würde ich eher diejenigen vergleichen die heute Uri Avneri auf diese Weise charakterisieren. Ich hingegen halte Bani-Sadr keineswegs für das Idealbild eines Muslims sondern für einen korrupten Funktionär eines theokratischen Systems.
Achja und ich kannte das Lied nicht. Mein Interesse an Hiphop ist doch eher beiläufig. Jetzt fühl ich mich als hätt ich ein Klischee verpaßt. Oh my.
January 16th, 2008 at 22:10
Mal abgesehen davon, daß du das nicht gesagt hast, finde ich das kurios. Der Antisemitismus hat doch überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, wegen dem PE angeführt wurden. Sie wurden angeführt, weil sie eins der bekanntesten popkulturellen kritischen Assessments des beschrieben Klischees verfaßt haben im angeführten Lied. Ihr Antisemitismus hat damit keine interessanten Berührungspunkte.
Aber ok, wenn du das bei dir so handhabst. Von mir aus. Sag ich es das nächste Mal dazu. Cecil B. DeMille war womöglich auch ein antisemit (schwer zu sagen, wegen der verschiedenen fassungen). Weininger war nicht nur Antisemit sondern auch, und in der Hauptsache, ein übler Frauenfeind. Hab ich was übersehen?
January 16th, 2008 at 22:12
“Achja und ich kannte das Lied nicht. Mein Interesse an Hiphop ist doch eher beiläufig. Jetzt fühl ich mich als hätt ich ein Klischee verpaßt. Oh my.”
Das Klischee gibt es schon seit 1800schlagmichtot und taucht auch implizit in verschiedenen filmen, serien und werbungen der gegenwart auf.
January 16th, 2008 at 22:39
@classless: doro fragt, warum du dich nicht bei Cecil B. Demille und Weininger beschwert hast.
@GfB: Nein. Ich fand mich diesmal nicht ausfallend. In deinen Ausführungen über u.a. den Nahen Osten (wie auch in denen über Instinkt und so) hast du eine Ansammlung von problematischen Vorannahmen versammelt, völlig unreflektiert (nach außen. Kann gut sein, daß du sie für dich reflektiert hast). Einges davon rassistisch, manches essentialistisch, einiges nur blöd. Es macht keinen Sinn, sie jetzt alle aufzuführen, weil sie ja noch den Argumenten, die du ja tatsächlich benutzt, vorgeschaltet sind und man schon mit den Argumenten selbst genug zu tun hätte.
Aber du hast insofern recht, als ich mich, auf externen Ratschlag hin, hiermit aus der Diskussion ausklinke, ich mülle bloß den thread von Daniel voll. Tut mir leid.
January 16th, 2008 at 22:42
> doro fragt, warum du dich nicht bei Cecil B. Demille und Weininger beschwert hast.
Um ehrlich zu sein, habe ich die Diskussion vorher aus Zeitgründen bloß mitgelesen.
January 17th, 2008 at 00:41
=)
Ach Mönsch. Jetzt wo ich satt und angesäuselt bin bin ich auch schon wieder ruhiger. Ich hätte meinen Ratschlag von January 13th, 2008 at 6:10 selbst beherzigen sollen. Reden würd ich aber schon gerne Mal mit GfB. Es kommt mir vor wie eine elaborate Verarsche. Das kann der ja nicht wirklich meinen.
So. Ich bin raus. Bevor ich wieder anfange herumzutrollen wie schonmal aus Bockigkeit.
January 17th, 2008 at 01:02
Ich kann ja wirklich mal eine Blogparty veranstalten, wo ihr euch offline streiten könnt. Aber wo? Die räumliche Distanz…
January 17th, 2008 at 01:09
Yeah – die Party! Ich lungere in den Startlöchern herum. Ob mit oder ohne Streit …
January 17th, 2008 at 02:24
Yay! Party! Jetzt wo ich mich langsam zum Berufsalkoholiker entwickle, find ich Party immer toll.
January 23rd, 2008 at 17:42
Ach ghost. Muß ich denn wissen, was in verschiedenen Filmen, Serien und Werbungen vorkommt?
Wenn Du meinst dass ich mich täusche dann würden mich die Einzelheiten organisieren, sonst kann ich mit der Kritik wenig anfangen. Miteinanderreden müßte erst organisiert werden, aber mir zuhören kannst Du sofort.
January 24th, 2008 at 06:18
“Muß ich denn wissen, was in verschiedenen Filmen, Serien und Werbungen vorkommt?”
romane, philsophie, ästhetik
it’s all over the map
man
and you’ve come across it several times
I’d bet my left foot on it
January 24th, 2008 at 06:30
I know
your problem’s not in the particulars
but in your arguments and their underlying assumptions
it’s hard to sort that mess out
discussed it with someone
and it would only work in a socratic way
I would need to ask questions
to make you understand your assumptions
(and this is assuming you don’t understand them
method works as well if you do
because the assumptions are so weak
that your arguments, at least partly,
are liable to collapse)
I am really puzzled why someone would make such claims as you are making
except as a rhetoric device. or a joke. or both.
sorry about the english
I am drunk and writing poetry
January 25th, 2008 at 18:21
Weltraumkommunismus 2.0? =;-)
March 7th, 2008 at 13:51
[…] des Bösen” ein. Nehmen wir mal freundlicher- wie realistischerweise an, daß er meine Rezension seines Buches nicht gelesen hat. Einige der von mir kritisierten Punkte tauchen jedoch nun in Wippermanns […]