Die Hüter des Demokratieideals haben gesprochen
February 27th, 2008Ist ja schön, daß “wir” qua Verkündung durchs Bundesverfassungsgericht ein neues Grundrecht “auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme” haben, wie die Blogosphäre jubelt. Was aber ist von diesem Grundrecht genau zu erwarten, wenn sich die Einschränkungen schon so lesen:
>>Demnach dürfen Computer von Verdächtigen mit Spionageprogrammen nur dann ausgeforscht werden, wenn “überragend wichtige Rechtsgüter” wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet seien und auch dann nur mit Zustimmung eines Richters. Intime Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung sollen möglichst [!] nicht erhoben und dürfen auf keinen Fall verwertet werden.<< Das BVG scheint mir mit diesem Urteil die Latte für Willkür etwas höher hängen zu wollen; ansonsten bin ich schon gespannt, wie die kreative praktische Auslegung der Exekutive aussehen wird.
February 27th, 2008 at 14:50
Leider sehe ich das genauso. Es wird Mittel und Wege geben um dies zu umgehen. Gerade eine mögliche Terror-Gefahr rechtfertigt doch eh alles. Da kann auch das BvG selbst nicht viel machen.
Ich würde mir den Jubel also sparen und abwarten. Schäuble kündigte derweilen ja eh schon an, dass er das “BKA-Gesetz” trotzdem wolle, gerade wegen der akuten Terror-Gefahr. …
February 27th, 2008 at 15:25
Yep. Ich mußte da gleich an die Hausdurchsuchung denken – da existiert ja auch in der Theorie eine hohe Schwelle, die in der Praxis dank ‘Gefahr im Verzug’ keine Rolle spielt. Analoges steht hier zu befürchten.
February 27th, 2008 at 16:06
[…] bereits installierter “bundestrojaner” angeboten wird. 🙁 gedanken macht man sich auch bei classless und […]
February 27th, 2008 at 17:05
“Bestand des Staates konkret gefährdet”, damit ist tatsächlich alles möglich.
February 27th, 2008 at 17:36
So beliebig ist es ja auch sonst nicht.
March 1st, 2008 at 15:24
Ich habe gestern erfolgreich Zöllner vom Vollzug abgehalten auf der A5.
Zwei Mittzwanziger in einem schnellen Auto, unter Akademikern würde man sagen dass sie wie BWL`er aussahen, jedenfalls ohne den karnevalistischen Beigeschmack der Zivibullenverkleidung sonst oft anhaftet. Zur Begrüßung wurde ich geradewegs gefragt was ich denn schon mit der Polizei zu tun gehabt hätte. Und, haben Sie was für uns dabei? Haschisch? Marijuana? Eine Salve von Fangfragen. Wann ich zuletzt Haschisch geraucht hätte. Wann Marjuana? Strenge Blicke. Erst als ich den Angeber direkt frage ob er mir “jetzt drogenmäßig was anhängen” wolle läßt das Trommelfeuer nach, aber zum Auto mitkommen und mir oberflächlich in die Brotzeittasche gucken lassen soll ich dann doch noch, dafür bekomme ich jedoch meinen Ausweis ungefunkt zurück. Ich hatte des Gefühl es mit Spezialisten zu tun zu haben die einen Nervenzusammebruch zu provozieren versuchen.
Erst als ich nachher die Begegnung in der Pfeife geraucht habe ging mir der Zusammenhang zwischen der Tatsache daß der Bulle unbedingt mein Brot begrapschen mußte und dem aufgeklappten Notebook-Computer auf dem Beifahrersitz auf, der schon während des Vorspiels griffbereit in der offenen Tür stand: Die Mediamarkttüte. Heißt Onlinedurchsuchung jetzt, daß so ein Bulle beliebig in den Familienfotos auf dem Speichermedium rumschnüffeln darf, während man auf dem Parkplatz rumsteht und sich fragt ob man wirklich so aussieht als ob man Atomköfferchen in den Reichstag stellen würde?
Außerdem hielt er ein schlüsselanhängergroßes schwarzes Ding mit einer roten LED an meine Tasche? Ein Elektronikplacebo? Ein Detektor? Für Mobiltelefone? Oder was? Und ich habe es geahnt als die beiden Jungs mir im Vorbeifahren gleichzeitig in die Augen kuckten dass das ein Trojanisches Auto sein könnte. Umgekehrt betracht scheinen die Bullen mich dem äußeren Erscheinungsbild nach spontan als Diversanten gerastert haben, anders kann ich mir den Überrumpelungsversuch nur schwer erklären. Subkultur als Generalverdachtsmoment, soweit es sowas auch in der Zone gab wäre die Stasi-Parallele von Karlsruhe damit identifiziert.