Vortragseinreichung zum 25C3
October 6th, 2008Title
Das Snafu-Prinzip
Wie Hierarchien Kommunikation verhindernSubmission Notes
Vortrag über die Funktionsweise des Snafu-Prinzips, seine Auswirkungen, praktizierte Gegenstrategien und die Konsequenzen auch und gerade für ganz flache und informelle Hierarchien.Abstract
“Mit dem Akronym der beliebten US-Army-Diagnose »Situation normal all fucked-up« hatte Robert Anton Wilson einst beschrieben, wie die Kommunikationsstrukturen in vertikalen Organisationen arbeiten. Aus Angst wird in der Rangordnung von unten nach oben positiv ausgefiltert, also gelogen. Je weiter oben sich jemand in der Prestigepyramide befindet, desto verzerrter wird sein Bild von der Welt; wird ihm das klar, kann er es trotzdem kaum abstellen und verfällt der Paranoia. Populäres Beispiel für Snafu ist der über 100jährige Großkapitalist Monty Burns bei den »Simpsons«, dem von seiner Umgebung nur untertänigst begegnet wird und der in einer immer schrulligeren Welt voller Oldtimer und verblichener Präsidenten lebt.”Aus dem “Phrasenprüfer”
Full Description
Autorität ist, wenn keiner an der falschen Stelle lacht. Hierarchie macht sich unangreifbar, will geschlossen wirken. Im Abschluß gegen Kritik lauert jedoch der Wirklichkeitsverlust. Wer den Eindruck vermittelt, nur Genehmes hören zu wollen, wird weniger über die Außenwelt wie auch über sich selbst erfahren. Kann er für nicht-genehme Äußerungen Sanktionen verhängen, verstärkt sich dieser Effekt. So sagt dem Kaiser in Andersens Märchen niemand, daß er eigentlich nackt umherläuft.Jede Hierachie, wie flach oder informell sie auch sein mag, erzeugt dieses Kommunikationsdilemma, das die Diskordier als “Snafu-Prinzip” bezeichnen. Ein beträchtlicher Teil von Überwachung, Spionage, Befragung und Forschung dient dem Zweck, dennoch herauszufinden, was weiter unten in der Rangordnung gedacht wird.
Solange die Hierarchie nicht aufgegeben wird (oder nicht aufgegeben werden kann), solange für möglicherweise falsche Antworten der Ausschluß aus der Gruppe, der Partei, dem Verein oder dem Arbeitsmarktsegment droht, scheinen die einzigen wenigstens teilweise erfolgreichen Gegenmittel gegen den Snafu-Effekt in der Öffnung gegenüber Kritik von außen und in der Institutionalisierung interner Kritik zu bestehen. Was für Konsequenzen die Abschottung gegen Kritik haben kann, wird im Vortrag am Beispiel des Umgangs der Kommunistischen Parteien mit “Abweichungen” gezeigt.
Umgekehrt wird der Schluß nahelegt, in der Tradition von Heraklits “permanentem Streit” und des diskordischen “permanenten Widerspruchs” immer diejenigen am gründlichsten zu kritisieren, die einem am meisten bedeuten. Und sich für eine Gesellschaft ohne Herrschaft einzusetzen.
So hab ich das jetzt erstmal angemeldet. Vielleicht ergänze ich später noch was über Blogdiskussionen 😉 Ob der Vortrag auf dem Kongreß stattfindet, entscheidet sich spätestens am 7. November. Alternativ läßt sich das sicher auch wieder in der c-base machen.
October 6th, 2008 at 14:24
Umgekehrt wird der Schluß nahelegt, in der Tradition von Heraklits “permanentem Streit” und des diskordischen “permanenten Widerspruchs” immer diejenigen am gründlichsten zu kritisieren, die einem am meisten bedeuten.
Und wie vermeidet man dann das in der Linken ja traditionell besonders virulente Leben-des-Brian-Prinzip (Volksfront von Judäa vs. judäische Volksfront)? Es müsste darum gehen “besonders gründlich” zu kritisieren ohne das Gemeinsame aus den Augen zu verlieren und umgekehrt besonders gründliche Kritik als einen Liebesbeweis akzeptieren zu lernen. Nur warum funktioniert das (fast) nie?
October 6th, 2008 at 14:51
Das hat wohl damit zu tun, daß sich die fraglichen Personen gegenseitig als Autoritäten behandeln, also Unterwerfung üben/verlangen/ablehnen usw.
October 6th, 2008 at 15:14
Das sicher, ja. Gleichzeitig handeln “wir” ja aber immer aus einer Position der Ohnmacht. Macht entsteht nur durch Gemeinsamkeit. Lässt sich Gemeinsamkeit herstellen ohne Autorität? Wenn ja, wie genau?
October 6th, 2008 at 18:31
Da kann ich ich dir gerade nicht ganz folgen. Warum muß denn Gemeinsamkeit hergestellt werden? Welche Gemeinsamkeit über diejenige des Menschseins hinaus ist denn für eine herrschaftsfreie Gesellschaft erforderlich?
October 6th, 2008 at 19:21
Wenn die herrschaftsfreie Gesellschaft mal eingerichtet ist, vielleicht nichts mehr. Aber auf dem Weg dahin gilt es ja Widerstände zu überwinden, die mächtiger sind als wir als Einzelne.
October 6th, 2008 at 19:48
Und das ist halt die Frage, ob es zum Zwecke der Überwindung angebracht ist, Gemeinsamkeiten herzustellen oder ob damit der Ausgang des Überwindungsversuchs schon besiegelt ist.
Das kann ich aber auch nicht entscheiden.
October 6th, 2008 at 20:02
Ok. Wobei der Kniff wohl in der Art der Herstellung von Gemeinsamkeit liegt. Womit wir dann aber wieder bei meiner ursprünglichen Frage “Lässt sich Gemeinsamkeit herstellen ohne Autorität? Wenn ja, wie genau?” wären …
October 6th, 2008 at 22:57
LOL, Kulla überrascht seine Jünger und kommt mal wieder mit GANZ was neuem daher.
Das Snafu-Prinzip. Im Kapitalismus wird Kommunikation verhindert, na sowas aber auch!
Und sogar: In Kommunistischen Parteien!
Welch ein Glück.
“Solange die Hierarchie nicht aufgegeben wird (oder nicht aufgegeben werden kann), solange für möglicherweise falsche Antworten der Ausschluß aus der Gruppe, der Partei, dem Verein, der Blogkommentarspalte von anarchistischen herrschafts- und Zensurgegnern oder dem Arbeitsmarktsegment droht, scheinen die einzigen wenigstens teilweise erfolgreichen Gegenmittel gegen den Snafu-Effekt in der Öffnung gegenüber Kritik von außen…”
HAHAHAHAHA
Echt nur noch Realsatire hier.
October 8th, 2008 at 07:50
Ich bin auf jeden Fall dreifach gespannt:
Ob “man” Dich nach Dresden auf dem CCCongress reden läßt (was ich hoffe),dann auf den Vortrag selbst,und schließlich vor allem darauf ob es die erhoffte Wirkung zeitigen wird.
Ich werde es mir auf jeden Fall anhören.
October 8th, 2008 at 09:36
Naja, ob “man” mich “reden läßt”, ist ja nicht unbedingt die Frage. Es wird eine Abstimmung geben und es ist angekündigt, daß sie dieses Jahr nur die Hälfte der Einreichungen berücksichtigen können. Es wär natürlich besser, den Vortrag aufm Kongreß als in der base zu halten…
October 9th, 2008 at 00:28
viel glueck.
October 9th, 2008 at 07:34
Halt den Vortrag mal lieber vor deinen Homies in Dresden, da ist das viel nötiger. Und nicht wieder nur über den CCC herziehen, wenn andere gebasht werden haste die immer auf deiner Seite, sondern mal den eigenen Cliquenscheiß aufdröseln. Naja, machste eh nicht, dafür gibts ja kein Fame und die Eier haste auch nicht…
October 9th, 2008 at 07:47
@Durchblicker
Niveau ist auch was anderes.
October 9th, 2008 at 08:27
Wer sind denn meine Homies in Dresden?
October 9th, 2008 at 11:02
@Loona
M0wl!
@classless
Aha, jetzt kommt wieder die dumm-stell-Tour. Vielleicht liest du dir einfach nochmal durch, was du da oben geschrieben hast und wendest es mal praktisch bei dir selbst an.
October 9th, 2008 at 11:13
@Durchblicker
Ich kann ja ganz gut nachvollziehen daß Du einen Rochus auf cK hast. — Aber deshalb gleich jegliche Kultur vergessen?
October 9th, 2008 at 12:10
@Durchblicker
Ich glaube, ich kenne dich nicht, also gehe ich einfach mal davon aus, daß du nicht weißt, mit wem ich in Dresden rumhänge. Abgesehen davon, daß ich einen der Veranstalter der Datenspuren ein bißchen kenne, wüßte ich nicht, auf was für Cliquen oder Seilschaften du anspielst.
October 10th, 2008 at 10:37
Gibt es dieses Jahr eigentlich wieder Euren Buecherstand am CCCongress?
October 10th, 2008 at 11:21
Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering. Ist aber noch nicht entschieden.
October 12th, 2008 at 23:45
Eigentlich habe ich mit hierarchischen Strukturen genau die umgekehrte Erfahrung gemacht: an der Spitze sammeln sich die Informationen, aber nach “unten” werden sie nur in den seltensten Fällen weitergegeben.
October 13th, 2008 at 01:10
Ist aber vielleicht trotzdem kein schlechter Ansatz, wenn das bewußt ist (und bleibt) und dementsprechend die Informationen an die Spitze weitergeleitet werden.
October 13th, 2008 at 02:46
@Pent
Nicht wahr?
October 13th, 2008 at 07:13
Ich glaube Kulla findet es einfach nur gemein, dass niemand bei seinen Witzen lacht.
October 13th, 2008 at 08:12
Ja, IST ja aber auch schade.
Oder nicht?
October 13th, 2008 at 08:21
@Pseudodurchblicker
Fuer den Fall daß Du wirklich vermeintlich “von innen” zu kommen glaubst:
Mein erster spontaner Gedanke zu dem Schlagring-Ding:
Titelkampf: e.V. gegen CCC!
Deutscher Verein vs. unregulierte Urmatierie voller Potential.
Wer wird gewinnen?
Kallisti!
October 13th, 2008 at 09:50
@Arschkrebs
Ich alte Autorität, ich!
October 13th, 2008 at 10:36
und schon wieder isses passiert. Du Ärmster!
October 16th, 2008 at 14:28
@Pent C. Klarke
Leichte Informationen sammeln sich oben in der Hierarchie, schwere unten (Raffinieriemodell).
Effektiver ist eine Organisationsstruktur, in der die Rohinformation erhalten bleibt (Biotopmodell).
October 16th, 2008 at 18:21
@Cannabis Kommando
Das ist ein schönes Bild. Kommt das von Dir, oder hast Du das von wo anders her?
P.S.: Schöner Podcast! Auch wenn ich Deine Hanf-Hoffnungen nicht ganz teilen kann.
October 17th, 2008 at 09:28
@Loona – Das kommt aus der Nachlese zu Anton Zischka, unter Verwendung einer Idee von Eric Raymond.
October 19th, 2008 at 17:50
Das mit dem Schlagring schockt mich echt.
Mein Tipp @Durchblicker:
Mal drüber nachdenken… 😉
Gruß
Dunkelangst
October 29th, 2008 at 05:07
Und, jetzt in der c-base, oder am CCCongess, oder wo?
October 29th, 2008 at 08:49
Ist noch nicht entschieden.
October 29th, 2008 at 14:17
SNAFU-Prinzip versus direkte Demokratie siehe aktuell:
> http://www.heise.de/extras/foren/S-SNAFU-Prinzip-BRAINWASHING-SYNERGIE-Info-Demenz-Informelle-Selbstbestimmung/forum-7262/msg-15783282/read/
Lass sofort meine Bytes los – Informelles Eigentums-&Selbstbestimmungsrecht
> http://www.heise.de/tp/blogs/4/117902
SNAFU-Comic
> http://wersdoerfer.com/~jochen/s9y/uploads/dilbert2004050209162.jpg
Gerichtsstrafe für Diebstahl virtuellen Eigentums
> http://www.heise.de/newsticker/Strafe-fuer-den-Diebstahl-von-virtuellen-Gegenstaenden-in-einem-Online-Spiel–/meldung/117765
Die Kinder spielen ein Spiel, wenn die Flut kommt.
Sie umgeben sich mit einer „undurchdringlichen“ Mauer aus Sand,
die so lange wie möglich das Wasser fernhalten soll.
Natürlich sickert das Wasser herein, bricht eventuell durch und spült
alle heraus.
Es ist ein gutes Spiel…
Die Erwachsenen spielen ein ähnliches Spiel, indem sie sich mit einer
“undurchdringlichen” Mauer aus Symbolen und Erinnerungen umgeben –
welche die Wirklichkeit fernhalten soll.
Die Wirklichkeit sickert natürlich ein, und vielleicht bricht sie
durch und bringt uns eine neue Erkenntnis ?!
November 5th, 2008 at 18:41
[…] eine Wahl: Das 25C3-Content-Meeting hat meine Vortragseinreichung über das Snafu-Prinzip mit einer Stimme Mehrheit aus dem Programm […]
November 14th, 2008 at 22:27
[…] heute abend entschieden] Mo, 29.12.08, Berlin: VORTRAG Snafu-Prinzip in der c-base (ca. 21 […]
December 27th, 2008 at 13:24
[…] Am Montagabend gegen halb 9 halte ich in der c-base meinen Vortrag über das Snafu-Prinzip. (Ankündigung) […]
March 16th, 2009 at 13:01
[…] bringt den Fall des Abgeordneten, der zu Kinderpornographie eigene Recherche betrieb, mit meinem Vortrag zum Snafu-Prinzip […]
October 26th, 2009 at 16:12
[…] außer der Entschwörungstheorie: “1917 – Anfang und Ende des Kommunismus?“, “Das Snafu-Prinzip – Wie Hierarchien Kommunikation verhindern” und “Die Neuroevolution geht weiter – Timothy Learys Modell des […]
January 2nd, 2011 at 22:21
[…] über Wikileaks und Transparenz (Einreichung zum 27C3) – also available in English!Vortrag “Das Snafu-Prinzip. Wie Hierarchien Kommunikation verhindern“Vortrag “Die Neuroevolution geht weiter. Timothy Learys Modell des Nervensystems” […]