Occupy Yourself
October 10th, 2011Für Amerikaner, denen die Tea Party zu peinlich ist, gibt’s mit Occupy Wall Street ein angenehmes Gegenprogramm. Und wie es derzeit eben üblich ist, hängen sich alle, die ihre Demokratie wieder oder endlich oder noch mehr zu einer wahrhaften, true & real, machen wollen, besinnungslos mit dran und rufen für den 15.10. zur Besetzung anderer Börsen, vermeintlich wichtiger öffentlicher Plätze oder auch gleich des ganzen Planeten auf. Und geben jede Menge kaum noch entwirrbare Begründungen dafür ab, warum der Kapitalismus so unglaublich perfide und schlimm ist, die Lösung aber nicht in seiner Überwindung sondern in noch mehr Demokratie, Transparenz, Einigkeit und Sparsamkeit besteht. Besonders häufig ist die Rede vom Ende merkwürdiger kognitiver Dissonanzen (daß die eigene Stimme wieder zu hören sein soll) und vom Ende der Kränkung, als Untertan nicht ernstgenommen zu werden (diejenigen, die einem die ganze Scheiße eingebrockt haben, sollen einem wenigstens endlich mal zuhören).
Und das heißt dann eben auch: noch mehr Sozialdemokraten, noch mehr Rumgeheule, noch mehr ideologische Klamottenkiste (99% gegen 1% war ja schon die Parole der bürgerlich-demokratischen Revolution gegen den parasitären Adel), mehr oder weniger offener Antisemitismus, mehr oder weniger offen religiöser Moralismus und insgesamt der gute alte Versuch, die Übel der kapitalistischen Verwertung einem Prozent der Bevölkerung anzulasten und dieses irgendwie loszuwerden oder “zu vertreiben”, wohin auch immer.
>>We Are The 99% that will no longer tolerate the greed and corruption of the 1%. We are using the revolutionary Arab Spring tactic to achieve our ends…<< Im Originalaufruf bei “Adbusters” (die mit Antisemitismus, nun ja, locker umgehen) aus dem Juli steht auch, gegen wen oder was diese Vorgehensweise gerichtet sein soll – gegen den Sündenpfuhl, an dem Gottes Rache leider noch nicht vollstreckt wurde:
>>The time has come to deploy this emerging stratagem against the greatest corrupter of our democracy: Wall Street, the financial Gomorrah of America.<<
Nicht nur ist dieses fetischistische Geklebe an der Zirkulationssphäre ein Hinweis, wie wenig aus der Geschichte so gelernt wurde bzw. wie wenig diese Lektion irgendwen zu interessieren scheint, es sorgt auch recht effektiv dafür, daß kaum jemand auf die Idee verfällt, vielleicht doch lieber was zu besetzen, wo im Unterschied zur Börse auch wirklich anzueignende Gebrauchswertproduktion stattfindet. Bei Twitter schrieb ich:
if you want to #occupy: there are lots of factories, laboratories, warehouses & other useful buildings of all sorts that can actually be appropriated
Stattdessen rhabarbert Žižek vor Ort ganz im Sinne des Aufrufs herum:
>>We are awakening from a dream which is turning into a nightmare. (…) They are telling you we are not Americans here. But the conservative fundamentalists who claim they are really American have to be reminded of something. What is Christianity? It’s the Holy Spirit. What’s the Holy Spirit? It’s an egalitarian community of believers who are linked by love for each other. And who only have their own freedom and responsibility to do it. In this sense the Holy Spirit is here now. And down there on Wall Street there are pagans who are worshipping blasphemous idols.<< Es scheint, als würde hier eine längst völlig hohle Form umso inbrünstiger mit allem gerade greifbaren Inhalt vollgestopft, weil die Beteiligten so gern auch mal was gemacht haben wollen, mal was bewegt und mit so vielen anderen sich einig gefühlt. Ebenso scheint es beinahe, als würden Staat und Kapital es gerade wie Mr. Garrison in “Death Camp of Tolerance” eigentlich drauf anlegen, gefeuert zu werden, aber genau die, von denen angenommen werden könnte, daß sie das tun, versuchen stattdessen den verdammten Laden mit Eifer und Geschrei zu retten.
Also sei noch mal auf das verwiesen, was zu tun wäre, wenn es einem wirklich ernst damit sein sollte, den Kapitalismus aus der Welt zu schaffen: um selbstgesetzte Zwecke Kommunen bilden und die bedürfnis- und wunschorientierte kollektive Produktion & Konsumtion für alle organisieren.
Hat jetzt auch englische Untertitel (auf “cc” klicken) und kann somit an Okkupanten anderer Länder weitergeleitet werden
October 10th, 2011 at 15:58
Du hast schon recht. Aber was dem okkupieren der Gebrauchswerte notwendig vorausgehen muss ist eben die Eröffnung eines gemeinsamen Raumes. Wenn der vor der Börse oder der EZB ist, ist mir das schon auch erst mal recht. Ich gucks mir zumindest erst mal an und seh dann weiter.
Die Stimmung zur Zeit ist, dass irgendwas grundsätzlich schief läuft. Das ist doch schon mal mehr als früher, wo die Leute alle dachten, alles sei in bester Ordnung. Und klar, das kann nach hinten los gehen. “Unsere” Aufgabe ist, das zu verhindern. Falls es denn überhaupt so weit kommt. Momentan ist das hierzulande vor allem ein Medienphänomen. Die gieren förmlich danach, dass doch endlich auch hier mal was los ist.
October 10th, 2011 at 16:09
“Die Stimmung zur Zeit ist, dass irgendwas grundsätzlich schief läuft.”
Das ist halt zu wenig, und es ist dermaßen vollständig externalisiert, daß ich mir kaum vorstellen kann, daß es nicht nach hinten los geht.
Aber ich liege damit gern falsch.
October 10th, 2011 at 16:33
@classless: Würdest du dich eigentlich als Idealist und nicht als Pragmatist bezeichnen? Es sieht so aus als ob man das ganze System ändern soll, und alles andere ist schlecht, da nicht genug.
October 10th, 2011 at 17:12
Ich bezeichne mich insgesamt nicht so gern.
Es geht aber gar nicht so sehr um “nicht genug”, sondern um falsch und verhängnisvoll. Ich möchte schon gern überall den Vorschein sehen und ertappe mich dauernd dabei, Verkürztes zu verlängern, aber dafür braucht’s einen Anknüpfungspunkt und vor allem scheint mir nötig zu sein, daß dermaßen reaktionärer Quark wie “Wir sind die 99%” und “Gomorrah” und “Hört uns endlich zu” nicht so vollständig im Vordergrund steht.
Geht es denn dort irgendwo um die Mehrwertproduktion? Hab ich denn was übersehen?
October 10th, 2011 at 21:08
Zum angeblichen Antisemitismus wurde hier das Nötige gesagt:
http://mobius1ski.tumblr.com/post/11220540526/antisemitism-at-occupy-wall-street-image-vs-reality
Ich würde auch die Spinner in Frankfurt gerne von den Leuten in NYC unterschieden wissen. In den USA sind das radikale Linke und Gewerkschafter, die allerdings durchaus anders unterwegs sind als man es in der deutschen Linken gewohnt ist. Aber reicht das schon für den Spinner-Vorwurf oder würde das nicht eher heißen, einen Dialog zu beginnen?
Und dass sich dort viele Stimmen artikulieren und nicht die politische Agenda von den Leuten mit Abschluss in Sohn-Rethel-Studies diktiert wird, ist durchaus Absicht:
http://www.washingtonpost.com/blogs/ezra-klein/post/youre-creating-a-vision-of-the-sort-of-society-you-want-to-have-in-miniature/2011/08/25/gIQAXVg7HL_blog.html
Was auch immer bei Occupy Wall Street herauskommen mag, vielleicht wäre die deutsche Linke gut beraten, sich das erst einmal genau anzusehen und dann vielleicht auch mal mit den Leuten dort zu reden, anstatt mit der gelernten und äußerst bequemen Hermeneutik des Verdachts (Alles Antisemiten! Haben die etwa ihren Postone nicht gelesen? Skandal!!) ran zu gehen. Vielleicht lernt man ja ganz überraschend was Nützliches dabei, z.B. soziale Kämpfe führen.
October 10th, 2011 at 21:15
Der Antisemitismus war Teil einer Aufzählung (und ich hab ihn auch noch unterschieden) – daß diese 99%-Parole strukturell antisemitisch ist und sich in vielen Begleitillustrationen (auch aus den USA) auch in dieser Weise abbildet, finde ich dennoch einen wesentlichen Punkt.
Mir geht’s nicht vorrangig um Sohn-Rethel und Postone, sondern schlicht um den Appell an die Herrschaft, doch bitte besser zu sein, und um die Externalisierung des Kapitalismus in die Finanzsphäre. Ich sehe da bisher kein Anzeichen, daß die Produktion und der Mehrwert eine nennenswerte Rolle spielen. “Capitalism” scheint eher synonym fürs Groß- und Finanzkapital gebraucht zu werden.
Siehst du da mehr?
October 10th, 2011 at 21:46
brecht sagte einmal in einem anderen zusammenhang, mittels seiner berühmten figur, dem herr k. in etwa: “wer überhaupt frage, ob es einen gott gebe, der hätte sich damit schon längst entschieden.”
die 99 % müssen dich verstehen, nur an die bestehenden lebenswirklichkeiten lässt sich anknüpfen. klar geht es um den mehrwert aber genauso um entfremdung der arbeitskraft vom produktionsprozess und deren… mithin massenfeindlichkeit ist eine genauso ahistorische herangehensweise an gesellschaftliche widersprüche und verwerfungen, wie dessen gegenstück, dass trunkende hinterherrennen hinter jeder x-beliebigen revolte. unverzichtbar bleibt die analyse der klassenverhältnisse. schlauer am ende sein und so ein nicht handeln zu verklären als handel, haftet trotz allem der geruch des renegatentums im gewand des intellektuellen kritikers an. die verschiedenen mäntel von anarchie, wahlweise auch kommunismus wirken da nur wie eine selbstverklärung, wenn daran keine wirkliche praxis hängt. da hilft auch nicht mehr das wort dialektik. marxismus was ist das(?) fragte bereits eine andere selbsternannte antibewegung und versuchte sich leider auch an einer antwort, aber die deformation an theorie war leider die einzige kontinuität, die diese strömung zustandebrachte. den bekannten seiten der revisionismus- medaille, dem stalinismus und der sozialdemokratie, scheint längst ein relunch in form der sich affirmativ gebenden sogenannten antideutschen wiederfahren zu sein. Da klingt “ Antideutsch, ich war (!) dabei.“ noch wie ein nachträgliches schamhafte mentales Ereignis, der Akt des Bejahens bzw. des Behauptens bleibt aber leider genauso prokapitalistisch.
naja bleibt eine hoffnung, menschen lernen aus erfahrungen und widersprüchen. und das irgendwas in deinem umfeld falsch läuft und du ständig in widerspruch zur marxistischen denke gerätst, hast du bereits in deinem statement zur bahamas gezeigt. wenn auch zu zögerlich. dies ist kritik, kein angriff.
dein erwachen wird veränderung sein…
October 10th, 2011 at 21:53
Und wie stellst du dir dieses Erwachen und diese Veränderung ungefähr vor? Also, wie wird das aussehen?
October 10th, 2011 at 22:08
Ich finde “strukturellen” Antisemitismus mittlerweile ganz grundsätzlich ein problematisches Konzept. Nur weil in Deutschland einmal die Juden mit dem Kapital identifiziert wurden heißt das noch lange nicht, dass in jedem kulturellen Kontext überall auf der Welt eine symbolische (!) Personifizierung des Kapitals antisemitisch konnotiert sein muss. Da nehmen sich die Deutschen auch ein bißchen zu wichtig. Aber sei es drum.
Was ist denn das Problem daran, erst einmal den kleinsten gemeinsamen Nenner als Ausgangspunkt zu nehmen: Die Beobachtung, dass sehr wenige davon profitieren, dass es sehr vielen sehr schlecht geht. Das ist in den USA gerade unmittelbar erfahrbar. Und das nennt man: Klassengesellschaft. Ist ja vielleicht eine Einsicht, die man auch erstmal wieder aktualisieren muss. Versteht sich für viele nicht von selbst, sowas. Da kann man dann anfangen darüber zu reden, warum das so ist und wie man davon weg kommt, wenn man die Konversation erst einmal ins Laufen bekommen hat. Und das haben die Leute in NYC ja geschafft.
Abgesehen davon ist es ein bißchen albern, anzunehmen, die Menschen kämen mit Marx-Implantat auf die Welt. Das weißt du doch auch besser. Ist falsche Kritik denn nicht eher Interventionsfeld als Denunziationsobjekt? Sollte man sich als Kommunist nicht weniger fragen, ob das nun hundertprozentig richtig ist, was die da erzählen – das ist es nämlich nie – sondern vielmehr, ob es sich lohnt, an genau dieser Auseinandersetzung einzugreifen? Und ich würde meinen es könnte sich hier lohnen, weil sich in den Platzbesetzungen (auch in Spanien und Griechenland) schon alleine durch den gewählten Prozess der offenen Rede und des Konsens – das sollte uns Räte-Kommies doch gefallen – eine Reaktion auf die Krise artikulieren kann, die nicht von vornherein nationalistisch und reaktionär geframed sein muss.
Das Schöne dort ist doch gerade, dass es so diffus ist. Dass es noch nicht klar ist, worum und für oder gegen was es eigentlich genau geht. Weil exakt dies Raum schafft, erst einmal Schritt für Schritt eine gemeinsame Sprache zu finden. Fünf Kommies, die mit der richtigsten aber dafür auch kryptischsten Kritik von allen alleine an der Ecke stehen, hatten wir nämlich lange genug.
October 10th, 2011 at 22:45
Meine Güte, ist es denn wirklich so kryptisch?
Ich sehe in dieser Zuspitzung der Klassenfrage auf die Banker einfach nichts, was nicht die ganze Zeit schon gelaufen wäre. Letztlich würde ich annehmen, daß in dem Moment, wo da wirklich was in Fluß gerät, genau das anders aussehen würde, also der Anteil aller am System Teilnehmenden an seinen Auswirkungen wenigstens hier und da zum Thema werden würde. Und da wüßte ich auch, woran ich anknüpfen könnte.
October 10th, 2011 at 23:25
Ja, ist es.
Und dass jeder mit drin hängt sieht man doch wunderbar an den Themen, die z.B. bei http://wearethe99percent.tumblr.com/ verhandelt werden: Schulden, Schulden, Schulden. Studienkredite, Hypotheken, Kreditkarten. Das ist die Realität, mit der die Leute leben müssen. Kein Wunder, schließlich erleben wir seit der Verwertungskrise ab den 70ern die Finanzialisierung als scheinbaren Ausweg, der nun gecrasht ist. Liegt es da so fern, sich erst einmal die Banken anzusehen?
Es ist ja nicht so, dass ich denken würde, das reicht. Es ist ja nicht mal so, dass ich das alles unproblematisch finden würde, was da geäußert wird. Aber es ist schlicht zu simpel diesen konkreten sozialen Konflikt, der sich da gerade abspielt, mit den üblichen Begriffen – Demokratieidealismus, Antisemitismus, Fetischismus, you name it – zu denunzieren. Viel spannender wäre es doch, sich diesen Konflikt mal näher anzusehen und dabei den üblichen linken Referenzrahmen beiseite zu lassen bzw. die eigenen Prädispositionen mal kontrolliert zu erschüttern. Ethnologisch, sozusagen. Oder wie ein Trip. Ich fürchte nämlich in letzter Zeit, dass es gar nicht unbedingt nur die sozialen Konflikte sind, die von den Kommies informiert werden müssen, sondern vielmehr anders herum, wenn das mit dem Aufstand noch was werden soll.
October 11th, 2011 at 12:57
»wo da wirklich was in Fluß gerät«, »anders aussehen«, »hier und da zum Thema werden«, »anknüpfen« … wenn Du nicht aufpaßt, Herr Kulla, dann redest Du Dich vor lauter samtpfotener Freundlichkeit, schwiegermutterpalpabler Besonnenheit und filzpantoffeliger Unverbindlichkeit früher oder später in denselben Abgrund hinein wie die Pfaffen h und karl korsch weiter oben.
Warum so defensiv?
Was zum Geier ist so schwer daran, es klar und unmißverständlich hinzuschreiben, daß es sich bei OWS um eine lupenrein REAKTIONÄRE »Bewegung« handelt, deren angeschlossener PÖBEL (das ist eine trockene Bestimmung der Sache, da Ausdruck der Art und Weise, wie eine zum »Volk« zusammengerottete Menge Berücksichtigung durch die Herrschaft erfährt!) gar nicht erst daran denkt, mal über den Begriff der Herrschaft nachzudenken, sondern sie stattdessen gar umso dringender EINFORDERT, ihr FEHLEN gerade als Grund der derzeitigen Misere ausmacht und anschließend vom Polizeistandpunkt aus nichts anderes betreibt als ideelle Amtsaufsicht, aufdaß die Faulen, Nachlässigen, Trägen, Gekauften und sonstwie Volkfremden (die es schließlich machen, daß der Staatsbürgerladen nicht so rund läuft, wie er selbst von sich glaubt!) endlich ausgesondert werden?
October 11th, 2011 at 15:00
Weil Du sagtest, Du findest gar nix zum anknüpfen. Hier mal ein paar Sachen, die ich für eine Bewegung bemerkenswert finde:
– Sie setzt konsequent auf die Abwesenheit von Führung und auf Selbstorganisation. Das hat sich im arabischen Frühling schon angedeutet und wurde in Spanien explizit gemacht.
– In diesem Kontext finde ich dann auch die Fetischisierung von “Demokratie” weniger problematisch, weil für mich da immer wieder durch klingt, dass damit gemeint ist, dass man beteiligt werden will an Entscheidungen, die alle betreffen. Daran ist ja erstmal nix falsch. “Demokratie” ist die herrschende Erzählung, wie diese Beteiligung auszusehen habe. Das wird in den arabischen Ländern aus nachvollziehbaren Gründen tendenziell unkritisch als Ziel gesehen. Daraus wurde in Südeuropa dann “echte Demokratie”, weil die Leute die Demokratie da ja schon haben, die sie sich in Nordafrika versprechen und deswegen verstehen, dass es das alleine wohl offensichtlich auch nicht sein kann. Das ist für mich ein bemerkenswerter internationaler Vorgang der Kommunikation von Bewegungen. Mehrere Hiveminds in Kommunikation sozusagen.
– Dieser Bezug unterschiedlicher noch im nationalen Rahmen stattfindenden Bewegungen aufeinander in Aktionsformen und Inhalten ist alles andere als selbstverständlich und hoffentlich auch ein gutes Gegengift gegen drohende Vereinnahmung von rechts.
– Auch wenn der Kapitalismus noch nicht in aller Grausamkeit analysiert und bloßgestellt wird, so ist er doch erstmals seit langem wieder Thema einer Bewegung. Es ist eine Bewegung die aufs Ganze zielt. Das ist ja auch alles andere als selbstverständlich und wird den Leuten gerne auch zum Vorwurf gemacht (“diffus”, “keine Forderungen”, …).
– Ich finde es sehr nachvollziehbar und auch nötig, dass als erstes ein Prozess der Kommunikation angestrebt wird. Ein konstruieren von Orten der Kommunikation in denen man überhaupt erst mal nach einem Gemeinsamen sucht. Das ist für jeden Kommunismus der erste Schritt. Wenn in New York auf das Verbot von Lautsprecheranlagen damit reagiert wird, einfach alles als Gruppe zu wiederholen, was der Sprecher sagt, finde ich das z.B. einen spannenden kulturellen Ausdruck dieses Problems, dass ja real existiert. Klar: Unkritisch alle eingemeinden ist falsch, aber deswegen grundsätzlich bei nix mitmachen, was nicht schon das Richtige im Falschen ist, genauso.
– zu den 99%: Klar, jede Personalisierung ist abzulehnen. Aber das sollte nicht dazu führen, dass man vergisst, dass es tatsächlich Profiteure dieses Systems gibt. Diese dann zu nennen finde ich hochgradig in Ordnung und auf jeden Fall besser als sich die Büttel als Ziel auszusuchen, wie es so mancher Autonome gerne tut. Und wenn das als “1%” geschieht ist das ja schon besser als, wenn es nur “die Banker” sind. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen kollektiver Erkenntnis.
October 11th, 2011 at 20:53
Was Benni sagt, minus den Hivemind-SciFi-Quark. (Und ganz ohne autoritäres GESCHREI, wie angenehm)
October 11th, 2011 at 21:29
[…] es ist der Kapitalismus. Mehr kritische Töne zu den Protesten in Amerka findet sich auch bei classless Kulla. Sharen mit:E-MailTwitterFacebookDiggRedditStumbleUponGefällt mir:LikeSei der Erste, dem dieser […]
October 11th, 2011 at 22:43
@ Benni & h
Hm, bei einem hohen Maß an Einigkeit werden die Hierarchien auch unter herrschaftlichen Bedingungen oft flacher (niemand muß dich extra zwingen, wenn du selber mitmachst…) und genau deshalb ist mir so wichtig, worüber da genau Einigkeit besteht.
Wie sonst auch immer den Kapitalismus den Bankern anzulasten, scheint mir recht offensichtlich dieser Punkt der Einigkeit zu sein. Und da das auch sonst so gesehen wird und bloß nicht immer ganz so laut artikuliert, sehe ich da auch keinen Anfang von irgendwas, sondern zunächst mal nur die lautere Artikulation des gleichen gefährlichen Unfugs.
Wie gesagt, sollte da anderes entstehen, revidiere ich meine Einschätzung, aber im Moment scheint ihr euch das ein gutes Stück schönzuquatschen.
October 11th, 2011 at 23:37
falls ich der jedi ritter des alten ordens yoda wäre, würde ich antworten, classles wenn du erwachst wirst du die antwort auf deine frage bereits kennen und deine verwandlung begann längst.
falls ich mit rosa luxemburg antworten könnte, würd ich auf deine frage, wie die veränderung nun aussehen müsste, es ganz einfach machen und mit sozialismus antworten. dann würd ich an die dialektik der notwendigen Anstrengungen zu dessen sieg erinnern und simpel erklären “Der Kampf um den Sozialismus ist der gewaltigste Bürgerkrieg, den die Weltgeschichte gesehen, und die proletarische Revolution muss sich für diesen Bürgerkrieg das nötige Rüstzeug bereiten, sie muß lernen, es zu gebrauchen – zu Kämpfen und zu Siegen. Eine solche Ausrüstung der kompakten arbeitenden Volksmassen mit der ganzen politischen Macht für die Aufgaben der Revolution, das ist die Diktatur des Proletariats und deshalb die wahre Demokratie.”
antworten müssen wir jedoch aus dieser zeit, mit unseren erfahrungen mit aufstieg und fall der befreiungskämpfe des 20en jahrhunderts. der langen kette der irrungen, erkenntnisse und dem wissen um die notwendigkeit des neubeginns. aber richtig bleibt bei allen, wir können uns den kommenden aufstand nicht im spielzeugladen vorbestellen und festlegen, was auf keinen fall dabei sein sollte, auch wenn ich gern auf alltagsrasismen verzichten würde. die menschen wurden jedoch nicht von uns, sondern der alltagsrichtigkeit des kapitalismus geprägt, ihre umwelt heißt ganz einfach fortwährende konkurenz. und so handeln sie dann meist auch . der schrei nach einem anderen wesen ist methaphysisch, wenn keine veränderung mittels sozialer kämpfe herbeigeführt wird. den veränderbar ist dieses wesen mensch durchaus. Zumindest das hat die geschichte der klassenkämpfe bewiesen.wenn das hierarchische prinzip “roma locuta, causa finita” tatsächlich duchbrochen werden soll, müsse wir uns auf das prinzip des kollektiven einlassen oder untergehen. finde auch es wäre nicht schlecht, die klassiker nicht nur gelesen, sondern auch verstanden zu haben. doch die meisten werden erst in der aktion lernen und manche werden nicht mal dann wirklich begreifen. aber nur weil es schief gehen kann, es nicht zu versuchen, ist absurd. slavoj zizek schreibt in seinem buch “auf verlorenem posten” relativ am anfang spannendes zum wahrheitsbegriff, um dann auf das dialektische verhältnis von theorie und praxis einzugehen und formuliert “die these: die radikalste form der theorie ist die einer gescheiterten praxis. ob zizeks these wahr ist, kann hier dahinstehen. Fest steht aber allemal, dass die theorie, die die praxis nicht übersteht von der geschichte verworfen wird, zur vermeidung einer scholastischem weltsicht bedarf es folglich immer des praxistestes. alles andere endet in sophistik und regression. ein solcher test findet gerade in den usa statt. falls also tatsächlich personen immer noch angst vor den sogenannten „ungebildeten massen“ haben sollten, haben sie das prinzip der bürgerlichen parlamentarischen demokratie, anders als trotzky, nie begriffen, dieses verleiht diesen massen nämlich nicht zu viel macht, sondern hält sie passiv und nimmt ihnen die jegliche initiative. da erscheint es trotz den gefahren seiner früheren deformation weit aus sinnvoller, dem räte prinzip zu folgen. Dieses will die klasse selbst mobilisieren und eine unmittelbar machtausübung findet statt. diese formen der demokratisierung sehen wir gerade wieder bei der occupy bewegung in verschiedenen ländern. daran lohnt es anzuknüpfen… noch eins kropotkin war ein kriegssyndikalist und versagte genauso vor der geschichte wie die sozialdemokratischen nationalisten, wenn aus dieser zeit ein syndikalist als beispiel noch dienen kann für eine kommende revolution, dann einzig noch malatesta.
October 12th, 2011 at 00:09
@classless: Das mit dem Schönquatschen, das kann gut sein. Da ich grad ein bisschen mehr mitgekriegt hab, wer da zumindest in Frankfurt am Samstag mit am Start sein will, kann ich die Hälfte von dem was ich geschrieben hab auch schon wieder zurücknehmen. Das ist teilweise sehr gruselig. Aber vielleicht um so wichtiger dabei zu sein und dem was entgegen zu halten? Für die Medien ist das schon jetzt ein Riesending, in der Pressestelle von Attac steht das Telefon nicht still (Nähkästchen), aber was da eigentlich ein Riesending wird hängt sehr stark davon ab, wer da konkret da sein wird, denke ich.
Inzwischen finde ich das spannendste am Ganzen auch diese Reaktion der Medien. Die scheinen förmlich danach zu gieren, dass endlich etwas passiert. Also für Aufmerksamkeit ist gesorgt, soviel steht fest.
October 12th, 2011 at 00:19
Nun, ich würde zunächst mal bezweifeln, dass da irgendeine Einigkeit besteht was konkrete policies angeht. Es ist schon interessant, wie sich alle Kommentatoren winden, diese Ereignisse im Hinblick auf eine konkrete Forderung zu interpretieren, wenn das Offensichtliche doch gerade die Abwesenheit irgendeines konkreten Appells ist.
Wall Street sind übrigens nicht nur die Banker, Wall Street sind auch die Corporations. Eines der wiederkehrenden Themen ist die Enttäuschung darüber, dass das produktive Kapital keine Jobs mehr kreiert, aber die Politik diktiert. Ich würde mal behaupten das Verhältnis “raffendes/schaffendes Kapital und ich” ist im Bewusstsein der Leute dort eine ganze Ecke komplexer, als es unser hübsch gelerntes antideutsches Deutungsschema so nahelegen würde. Anyway: Warum eigentlich erwarten, dass die Leute mit Marx-Implantat auf die Welt kommen? Hab ich ja schon mal weiter oben gesagt.
Abgesehen davon glaube ich auch nicht, dass wegen Occupy Wall Street nun die Revolution vor der Tür steht. Das kann alles immer noch nach hinten losgehen. Oder, was sehr wahrscheinlich ist, in irgendeinen reformistischen Wandel münden. Was ja angesichts der Scheiße, in der wir stecken, nicht unbedingt das Schlechteste wäre; aber vielleicht werde ich in der Hinsicht auch alt.
Aber: Ich finde die practicalities dieser Geschichte schon sehr interessant. Die sollten wir uns genau anschauen. Jeder Organisationsentwickler wird dir bestätigen, dass das Wichtigste bei einem Change-Prozess ist, zunächst mal einen Raum zu schaffen, in dem die affektive, angstbesetzte Dimension des Wandels gemeinsam artikuliert werden kann. Als nächsten Schritt muss man zu einer gemeinsamen neuen Interpretation der Situation kommen, die auch wirklich von jeder und jedem verstanden und mitkonstruiert wird. Da hast du dann deine Einigkeit: Am Ende, nicht zu Beginn. Das ist schon bei Situationen nicht ganz so simpel wie “Aha, wir verkaufen jetzt Lösungen statt Produkte. Was muss ich also ab Montag anders machen?”. Da braucht es langwierige Aushandlungsprozesse (nennt sich u.a. large group intervention, die BWL-Methoden nähern sich da witzigerweise in jüngerer Zeit den Anarcho-Prozessen an – weil sie effektiv mobilisieren). Jetzt stellen wir uns das Ganze mal in der Situation vor “Shit, ich hab keinen Job mehr und die komplette symbolische und ökonomische Ordnung um mich herum bricht zusammen. Was nun?”. Erwarte da mal kein rotes Fahnenmeer nach drei Wochen.
Wie das dort gerade vor Ort diskutiert wird, welche Prozesse der Selbstorganisation und der inklusiven horizontalen Entscheidungsfindung gefunden werden, wie mit den Medien und Vereinnahmungsversuchen umgegangen wird, wie gerade die Vermeidung von schnell fabrizierten, dominanten Narrativen sicherstellt, dass auch jeder mitkommt – das halte ich für eine spannende Fallstudie eines Aufbaus von Bewegungen (und übrigens den wesentlichen organisationalen Unterschied zur Tea Party). Egal was dabei rauskommt: Da können Kommunisten was lernen. Zumindest diejenigen, die sich noch mehr für den Aufstand interessieren als für Neuerscheinungen aus Freiburg.
October 12th, 2011 at 00:25
@ Benni
Ich will dich von nichts abhalten & bin gespannt zu erfahren, was du dort mitbekommst.
@ Karl Korsch
Sorry, aber irgendwie schreibst du einen Kilometer an mir vorbei. Ich habe viele soziale Bewegungen mit Wohlwollen verfolgt (oft viel zu lange), aber doch bei den meisten (nicht bei allen) eher einen Anteil an der Verschärfung des Bestehenden oder eine Inkorporierung von Unzufriedenheit ins System beobachten müssen. Das macht die Inhalte wichtig, und es geht mir nicht darum, ob sie schon ein entfaltetes kommunistisches Programm enthalten, sondern erstmal nur darum, ob sie einen Keim eines solchen Programmes erkennen lassen. Das falsche Bewußtsein ist mächtig, aber nicht allmächtig, und jede Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt, entsteht dort, wo es löchrig wird, in Fluß gerät, in seinem Grundwiderspruch begriffen wird, nicht dort, wo es sich noch zuspitzt.
@ h
s.o. und: Ich interessiere mich für Freiburg _und_ kommende Aufstände.
October 12th, 2011 at 09:07
Danke für die Beobachtung! Ich finde es prinzipiell auch erstmal nicht falsch, wenn Unzufriedene erstmal was Ungezieltes und vielleicht sogar Dummes machen – sinngemäßg meinte der allgegenwärtige Dath mal in einem Phase2-Aufsatz, die Geschichte werde die Begründung für den Quatsch schon noch nachliefern, und da hat er vielleicht auch recht. Nur sehe ich es in diesem Fall (und damit ist gemeint: Dieser diffuse, an vielen Orten spürbare bürgerliche Protest dagegen, dass irgendwie alles nicht mehr stimmt mit dem Kapitalismus …) auch so, dass die Masse hier eher zurück will – in eine imaginierte Zeit, als Demokratie und Kapitalismus noch so waren, wie es einem im Sozialkundeunterricht weisgemacht wurde. Man will ja eher nicht in etwas Unplanbares, im Zweifel auch Gefährliches vorstoßen, sondern Diedaoben ermahnen, dass es doch bitte so weitergehen möge wie bisher, oder?
October 12th, 2011 at 11:18
@classless,
Danke erst mal und dann noch ungefähr zwei paar Dinge…
(a) Ist diese variierte Wiederholung der alten Parolen, die gegen den Adel gerichtet sind, nicht einfach der Tatsache geschuldet, dass wir immer noch im Feudalismus — soll heißen: in gleichsam feudalen, nur weiter entwickelten und variierten, gesellschaftlichen Strukturen — leben? …oder doch mindestens der Tatsache, dass die Ungleichgewichte des Vermögens und mithin der Macht sich mal wieder so verschärft haben, dass sie in einen offensichtlichen Widerspruch zum demokratischen Spektakel geraten… oder so etwa, so ungefähr?
Ich kann jedenfalls der 99/1-Prozent-Formel als Beobachtung erst mal kaum widersprechen, und die Annahme, dass das böse Prozent an diesem Zustand nicht unschuldig ist, ist vielleicht die zunächst einfach naheliegende… die trotzdem IMO (+ACK) insofern falsch ist, weil sie nicht zielführend für notwendige radikale Veränderungen des (100%-)Systems sein kann. Denn man bekommt so nie das Gesamtsystem in den Blick und es wäre möglicherweise fatal, durch die not-getriebene Fixiertheit auf die primären Gegensätze geleitet, dabei stehen zu bleiben. Trotzdem war meinem Empfinden nach das Bewusstsein davon, dass dieses in den Fokus gehört, und damit auch die Möglichkeit der Solidarisierung zu sinnvollen Veränderungen, selten so groß und weit verbreitet wie dieser Tage. Ebenso groß wie die Hoffnung ist aber immer auch die Gefahr des Scheiterns. Doch wie anders kann das auch laufen.
… und (b) zu Zizek, kann es sein, dass in diesem Analogon zur Religion (und Pfingsten) eine (für ihn ja nicht untypische) ironische Finte liegt, die Dir da vielleicht entgangen ist?
Denn mit der Feststellung, dass es sich hier um eine quasi-religiöse Bewegung handelt, hat Zizek ja gleichzeitig die ganze Pandora-Büchse der Religionskritik als kritisches Potential gegen (und für) sie in Stellung gebracht. Ich tippe darauf, aber ob ihm das so ganz klar war, oder nicht, die Beobachtung ist m.A.n. korrekt und weist der Kritik in dieser Sache vielleicht die richtige Richtung. (Dabei müsste im öffentlichen Diskurs natürlich zunächst das verkürzte Opium-Verdikt von Marx wieder in seinen vollen Zusammenhang gesetzt werden, in dem es der Religion gleichzeitig die unendliche Versagung anlastet, ihr zentrales utopisches Motiv aber anerkennt und sogar als Vorbild akzeptiert.)
Aber der Satz bei Zizek, der mir dann doch einen Schrecken eingejagt hat, ist der letzte von diesen hier: “We do not live in the best possible world. But there is a long road ahead. There are truly difficult questions that confront us. We know what we do not want. But what do we want? What social organization can replace capitalism? What type of new leaders do we want?”
Ein neuer Typ Führer…?
Das erinnert daran, dass er immer noch Bolschewist ist. Aber immerhin fragt er nicht nach dem ‘Wer’ sondern nach dem Typ, fordert also implizit eine neue Rolle in einer anderen sozialen Organisationsform (wenn mit dem ‘Typ’ nicht der hoch-moralische, wundersam korruptionsbefreite und heilsbringende Typ Politiker gemeint ist, wie er hier in “D” an jeder Ecke beschworen und herbei gesehnt wird, wovon ich bei Zizek nicht ausgehe, vor allem auch im Kontext der Frage direkt davor).
Beiden Aspekten, Religion und Führung, wäre vielleicht am ehesten diskordianisch beizukommen.
Die eigentliche Botschaft Zizeks an die Wallstreet-Okkupanten – davon bin ich überzeugt – verbirgt sich allerdings in der unscheinbaren Regie-Anweisung — “Mic check” — in Part Two seiner Rede, die den Charakter des Netz- und Strassen-Diskurses in diesem frühen experimentellen Stadium für mich auf den Punkt bringt. Vieles klingt einfach noch sehr nach Soundcheck und Stimmprobe. Aber nach diesem Herbst wird bald der Winter kommen und dann ein Frühling und ein Sommer (im Jahr des denkbar grauenhaftesten Adventismus, der uns da bald schon ins Haus steht). Mal abwarten, was wir dann und zu welcher Musik wir dann tanzen wollen oder nicht.
October 12th, 2011 at 18:01
“selbstgesetzte Zwecke Kommunen bilden und die bedürfnis- und wunschorientierte kollektive Produktion & Konsumtion für alle organisieren.” das heißt doch unterm Strich wieder nur Freiraumschaffen statt Politik machen. Bescheid wissen anstatt sich zu in den sozialen Kämpfen der echten Gesellschaft zu engagieren.
Wann kommt endlich mal die erste Veranstaltung zum Veralten der antideutschen Theorie, in der dann die auf bestreitbarem theoretischen Fundament basierenden folienhaften Abwatschungen und Besserwissereien von allem und jedem mal auseinandergenommen wird??
October 12th, 2011 at 19:27
Mach doch.
October 12th, 2011 at 22:38
Das wäre ja alles richtig, vor der Sozialdemokratisierung zu warnen, wenn die Occupy-Bewegung nicht eine marginale radikale Minderheit in den USA wäre. Derzeit dient das politische System der USA in der Tat den Interessen der 1%, das heisst der Höchstverdiener. Sozialdemokratie Fehlanzeige. Ausserdem mag das Zeigen der Faust notwendig sein, um die Kräfte in den USA zu verschieben und die extremen Dreistigkeiten zu überwinden. Jede soziale Bewegung ist bunt und voller Verirrungen, so muss das auch sein. Was sonst kann den herrschenden Imperialismus überwinden. Eine Protestbewegung nahe den Kathedralen, den ideologischen Kultstätten der Ideologie, führt zu der direkten Herausforderung dieser Kreise, macht sie auf ihre Klassengebundenheit aufmerksam, verwandelt einen dumpfen Klassenkampf in einen lichten, wo keiner mehr sich der Verantwortung entziehen kann.
October 13th, 2011 at 14:37
[…] In der Möglichkeit gegen diese Selbstabschaffung der Politik zugunsten der Wirtschaftsinteressen vorzugehen, besteht der große Wert der neuen Bewegung in den USA. Mit Occupy Wallstreet gibt es nun endlich eine erfolgreiche emanzipatorische soziale Bewegung, die der rechten Tea Party das Wasser abgraben könnte. Der rechte Populismus hat immer dort eine Chance, wo die Linke bei ihren ureigensten Themen versagt. Versagen das könnte am konkreten Beispiel auf den Punkt gebracht heißen, dass man lieber die antisemitischen Untertöne zählt, dass man der Bewegung vorrechnet, wie sehr sie im Fetischismus verfangen sei, wenn sie nicht die systemimanenten Zwänge des Wertgesetzes in Rechnung stellt. Dass man also auf einer bestimmten Lesart einer bestimmten Ausprägung des westlichen Marxismus aufb… […]
October 13th, 2011 at 14:42
@stein
Schön auf den Punkt gebracht, was der Kollege Kulla nicht sehen konnte oder wollte!
October 13th, 2011 at 15:37
Ich kann verstehen, dass einige hier es falsch finden, unter abgekapselten Begriffen Wirklichkeit zu subsummieren. Woran aber soll man denn sonst festhalten, wenn man sich nicht von der eigenen Ohnmacht dumm machen lassen will? Letzteres scheint mir hier zu passieren. Es gibt momentan keine revolutionäre Perspektive, was eine ebenso banale wie bittere Wahrheit ist.
Also phantasiert man in die demokratischen, vielleicht linksliberalen oder sozialdemokratischen Demonstrationen ein überschießendes Element hinein und opfert dabei die tatsächliche Kritik an diesen Verhältnissen. Ich muss sagen, dass ich die deutsche OWS-Kiste ebenfalls schräg finde und es mir im Moment eher wie ein Twitter-Aufstand erscheint. Abwarten, was am 15. los ist. Die US-amerikanische OWS-Version kenne ich nicht eingehend. Eine revolutionäre Perspektive stelle ich da nicht fest, aus ganz ähnlichen Gründen wie die, die im Ausgangsposting genannt werden. Was ist falsch daran, das zu bemerken?
Das heißt jedenfalls für mir nicht, dass ich den Protest nicht zaghaft begrüßen würde. Vielleicht folgt daraus möglicherweise immerhin eine Verbesserung der Verhältnisse für einige, die es nötig haben und vielleicht braucht man den Mob nicht so sehr zu fürchten, wie in der BRD. Aber selbst dann wird doch das Elend fortgeschrieben; inwiefern ist denn dort zum Beispiel die Frage berüht, wie brutal es ist, proletarisiert zu sein, wie einsam das Leben in dieser Gesellschaft ist, wie gut es allen gehen könnte und nicht zuletzt auch, dass Millionen Menschen unnötig aus Hunger sterben?
D_l, eine schöne Kritik am Versanden antideutscher Kritik hat übrigens Lars Quadfasel vergangenes Jahr vorgelegt (http://audioarchiv.blogsport.de/2011/01/26/wie-scheisse-ist-deutschland/ — dort Teil 4). Mir scheint, dir geht es aber eher darum, grundsätzliche Kritik “antideutsch” zu laben?
October 13th, 2011 at 15:43
Insofern, Stein:
“Das wäre ja alles richtig, vor der Sozialdemokratisierung zu warnen, wenn die Occupy-Bewegung nicht eine marginale radikale Minderheit in den USA wäre. Derzeit dient das politische System der USA in der Tat den Interessen der 1%, das heisst der Höchstverdiener. Sozialdemokratie Fehlanzeige. Ausserdem mag das Zeigen der Faust notwendig sein, um die Kräfte in den USA zu verschieben und die extremen Dreistigkeiten zu überwinden. Jede soziale Bewegung ist bunt und voller Verirrungen, so muss das auch sein. ”
Kannst du erstens belegen, dass die OWS-Bewegung eine “radikale Minderheit” ist? Oder meintest du damit nur die erhebliche Marginalität dieser? Zweitens frage ich mich, was Kritik an sozialdemokratischen Thesen mit der Masse der Bewegten zu tun hat. Das ist eine inhaltliche Kritik? Ist das “Zeigen der Faust” ein paar bunte Plakate auf der Straße herum zu tragen oder muss das nicht auch inhaltlich bestimmt sein? Wenn nicht, woher weißt du dann, ob etwas “radikal” ist? Reicht es dafür aus, “bunt” zu sein? Um deine Klassenkampf-Rhetorik aufzunehmen (deren Vorhandensein in der Bewegung ich gerne aufgezeigt bekäme): hier verhält sich eine Klasse doch maximal als Klasse an sich, ist in ihrer Klassengebundenheit gefangen und will nur ein größeres Stück vom Kuchen. Dagegen ist, wie gesagt, nichts zu sagen, außer dass es die Struktur selbst überhaupt nicht angreift, weswegen ich deinen Sprung von der Verwandlung eines “dunklen Klassenkampf(s)” in einen “lichten” überhaupt nicht nachvollziehen kann.
October 13th, 2011 at 20:49
vielt interessiert dich subjektives über den occupy kram:
http://forumserver.twoplustwo.com/41/politics/occupy-wall-street-solidarity-thread-2-2ers-1109655/
und allgemein n paar threads dazu:
http://forumserver.twoplustwo.com/41/politics/
October 13th, 2011 at 21:42
Die Banken sind natürlich nur der Punkt wo die Widersprüchlichkeiten des dirigistisch-kapitalistischen Systems am deutlichsten sichtbar werden, nicht der kausale Ursprung seiner Probleme. Und die Manipulierbarkeit der Parlamente ist offensichtlich, aber dort sind die Banken nur die zweitmächtigste Lobbygruppe – Banken so einflußreich sie auch sein mögen unterliegen den Zentralbanken mit deren Währungen sie operieren, und von einer Unabhängigkeit der letzeren im Sinne einer politischen Gewaltenteilung kann zumindest im Fall der Euro-Währung wenigstens seit dem Stark-Rücktritt keinerlei Rede mehr sein. Es stimmt zwar dass der Wirkungsgrad der notorischen Staatsinterventionen niedrig, die private Bereicherung dabei enorm, und die planerische Sachkompetenz dahinter vernachlässigbar ist, aber hätten die Parlamente wirklich Transparenz gewollt dann hätten die Banken die Ursachen ihrer Schwierigkeiten aufdecken müssen. Dass sie es nicht haben war nicht nur ihre unlautere Gelegenheit, sondern ist jetzt wo sich das Blatt wendet auch ihr Problem. Wenn es den Banken nicht passt dass die Öffentlichkeit sie für das politisch einflussreichste Element der gesellschaftlichen Herrschaftsstruktur hält obwohl sie es nicht sind, dann sollen sie ihr halt sagen wer es ist.
October 14th, 2011 at 00:06
wie ein bekannter gerade sehr schön formuliert hat: es ist doch blödsinn, alles, was leute so machen, an einer art platonischem kommunismus-ideal zu messen. wer darauf wartet, wartet auf den st. nimmerleinstag.
ich denke, dass leute erstmal sauer sein müssen, bevor sie überhaupt erklärungen wollen. und ich halte es für psychologisch erstmal völlig naheliegend, dass erklärungen personalisiert sind – in unserem alltag agieren wir halt immer mit handelnden personen, die strukturen zu sehen, die handlungen gewissem maße determinieren, ist doch schon eine leistung abstrahierenden denkens, die sehr vielen leuten in ihrem alltag niemals abverlangt wird, oder ihnen auch nur überhaupt jemals gelehrt wurde – woher sollen also solche erkenntnisse kommen?
October 14th, 2011 at 00:42
@ bigmouth
“es ist doch blödsinn, alles, was leute so machen, an einer art platonischem kommunismus-ideal zu messen”
Ja, das ist sicher Blödsinn, aber hältst du das du jetzt im Ernst mir entgegen?
“woher sollen also solche erkenntnisse kommen?”
Woher kommen sie denn sonst so?
October 14th, 2011 at 01:15
uff, ich finde von begrifflichen denken, das sich jedenfalls irgendwie im sinne einer rationalen diskussion an “wahr” und “falsch” orientiert (was ich jedenfalls meinte, aber worauf hast du dich denn konkret bezogen?), ist es doch ein weiter weg zu einem “platonischen kommunismus-ideal”. vielleicht magst du das auch erläutern, was du damit hier meinst?
“woher sollen also solche erkenntnisse kommen?” — keine ahnung, aber verwechselt du da nicht möglicherweise topf+deckel? auch wenn ich vielleicht im hinblick auf bildung privilegiert bin, habe ich doch das gefühl, dass eine reflexion der alltäglichen erlebnisse — ob die empfindung der schule als knast, des arbeitsleben als etwas, dem nicht nur etwas fehlt, sondern das nach gewalt stinkt oder die erfahrung der arbeitslosigkeit — durchaus nicht allzu schwer zu solchen “erkenntnissen” führt (oder müssten es nicht erfahrungswerte sein, die hier gewonnen werden, gerade, wenn man das problem der subsummierung der wahrheit unter begriffe tatsächlich als problem ernst meint? ich meine das nicht philologisch, aber das mag kein geringer unterschied sein, ich bin mir bei alldem nicht so sicher, sorry). wenn man annimmt, es wären erfahrungen, wäre man jedenfalls direkt wieder bei der oben angesprochenen “freiraum”/”kommunen”/”assoziationen”-thematik, insofern als erfahrungen einen gemeinsamen (vielleicht besser: gesellschaftlichen) erfahrungsraum benötigen.
“ich denke, dass leute erstmal sauer sein müssen, bevor sie überhaupt erklärungen wollen” — ist es, wenn man sich die brd anschaut nicht möglicherweise umgekehrt? ich habe eher das gefühl, dass wenn leute hier sauer werden, man lieber mehr oder weniger wild um sich schlägt und das trifft, was am nächsten steht, statt zu reflektieren. aber ist wahrscheinlich eine binsenweisheit und ich missverstehe dich?
weiß nicht, nur ein paar randnotizen, ich hoffe, ich habe mich nicht verzettelt und gehe nun schlafen.
October 14th, 2011 at 01:22
der erste absatz klingt vielleicht verwirrend. ich meine damit das kritische beharren auf dem begriff des kommunismus im horizont einer möglichen praxis (und eng mit dieser verbunden im sinne der “wirklichen bewegung”… jaa, das ist sehr unzureichend ausgedrückt und wird dem verhältnis dieser beiden momente kaum gerecht. ich glaube, das ist aber auch einer der schwierigsten fragen, aber ich schweife ab). also auch klar zu benennen, was sozialdemokratie ist und was möglicherweise ein weg sein könnte, soetwas nicht zu betreiben. ich meine damit nicht ein schiedsgericht einer jury von klugen linken, die darüber entscheiden, ob jenes revisionismus oder dieses demokratieidealismus ist.
October 14th, 2011 at 06:36
301b >>
“Abwarten, was am 15. los ist.”
Worauf warten…? (…und was steht dann am Sonntag auf dem Plan?)
Mich erinnert das gerade ein wenig an Rimbaud. Ich habe mal gelesen, dass er bis zu seinem Abbruch, dem ‘merde a la poesie’, immer wieder dem verpassten Moment nachgetrauert hat, der Tatsache, dass er bei keinem bedeutenden Ereignis seiner Zeit zugegen war. Es geschieht entweder immer zur Unzeit, unpässlich zur eigenen Entwicklung, und am falschen Ort, immer da, wo man sich nicht gerade aufhält oder warum auch immer keine Mittel hat, sich zu begeben.
Doch die Ironie liegt hier darin, dass die Versprechen der sozialen Aufstände in der zweiten Hälfte 19. Jahrhundert sich in Rimbauds Werk und dem einiger anderer viel radikaler fortsetzten, als es in der gesellschaftlichen Wirklichkeit möglich war zu diesem Zeitpunkt. Die Revolution fand tatsächlich statt, aber nicht an diesen vertrauten Orten, den Metropolen, nicht in Paris und nicht zu diesem Termin.
Zusätzlich zu dieser raum-zeitlichen Abweichung vom Plan kam es zu einer teilweise völligen Abspaltung politischen Bewusstseins vom Potential der konstruktiven Fantasie, die in Kunstwerken wirksam wurde und dabei häufig in völligen Widerspruch geriet zum politischen Bewusstseins ihrer Autoren (Wagner und Schönberg sind unterschiedliche Beispiele dafür). Dieser Bruch ist eigenartig und bedenklich, weil er noch immer unvermittelt fortbesteht und mindestens als Nebenbedingung zur historischen Katastrophe beigetragen hat.
301b >>
“Es gibt momentan keine revolutionäre Perspektive, was eine ebenso banale wie bittere Wahrheit ist.”
“Die US-amerikanische OWS-Version kenne ich nicht eingehend. Eine revolutionäre Perspektive stelle ich da nicht fest, aus ganz ähnlichen Gründen wie die, die im Ausgangsposting genannt werden. Was ist falsch daran, das zu bemerken?”
Ist das Beharren auf der “revolutionären Perspektive”, das Warten darauf, dass sie sich irgendwann irgendwo öffnen könnte, nicht selbst ein Fehler oder mindestens fragwürdig? Da steckt möglicherweise viel Projektion drin (auch bei Kulla, ganz oben).
Auch allgemein, aber hier vor allem im Verhältnis zu dem, was sich gerade in den USA abspielt, erkenne ich sehr häufig eine vielleicht wieder typisch deutsche Sehnsucht nach Ereignis, nach Revolution, die dem nachtrauert, was der eigenen nationalen Geschichte versagt geblieben ist. Wer sagt denn, dass die US-Amerikaner überhaupt eine Revolution nötig haben oder wollen sollen, oder dass der Aufstand überhaupt an jedem Ort notwendig gleich aussehen und ablaufen muss. Die sozialen Bedingungen in den USA sind zwar in vielem unseren ähnlich, aber die Diskurse und der öffentliche Raum überhaupt sind dort völlig anders strukturiert als wie wir es hier gewohnt sind. Das ist IMO so definitiv so direkt nicht vergleichbar.
Dabei erfordert es gar keinen so großen Aufwand, da mal eine Weile den Kopf reinzustecken, dabei vielleicht die eigenen gewohnten Kategorien und Bewertungskriterien etwas hintan zu stellen, und es lohnt sich durchaus. Denn dabei wird einem erst so richtig klar, wie es im Vergleich um die Diskurse und die politische Öffentlichkeit hier in diesen Gegenden so bestellt ist.
Es gibt da einiges, was in der Übersetzung verloren geht. Dazu gehört z.B. auch, dass hierzulande die heroische Rhetorik von anonymous Verlautbarungen IMHO völlig fehlinterpretiert wird. Es ist vielleicht in keinem anderen Land (… was weiss ich…) denkbar, dass die ironische Brechung zwischen dem “Wir” in “WE ARE LEGION” und dem chaotisch führerlosen Orga-Prinzip, auf dem das anonymous-Konzept beruht, so völlig ignoriert wird. Dies geschieht ebenso in der dummdreisten Adaption durch deutsche Wutbürger, die das “WIR” gerne populistisch gross schreiben und es so ernst nehmen, wie nur möglich, wie in der oberflächlichen links-liberalen Kritik, die in den USA zwar ähnlich ratlos daher kommt, aber doch selten auf die reichlich groteske Idee verfällt, dass es sich hier um eine faschistoide Verschwörung handeln soll, als die diese ganze seltsame Veranstaltung hier im Anfangsverdacht sehr oft wahrgenommen wird.
Die Worte “Wir” und “We” bezeichnen durchaus nicht immer die selbe Sache. Genau genommen in keinem Fall. Das sollte man vielleicht auch im Hinblick auf die #occupy-this&that Geschichten im Hinterkopf behalten. Die Missachtung dieser und vieler andere kultureller und gesellschaftlicher Unterschieder, die unsere Wahrnehmung der USA ebenso verzerren wie die jedes anderen Landes, das wir vor Augen halten, geht sehr leicht in eine antiamerikanische Attitüde über, die europäischeen Kultur-Dünkel und den romantisch geprägten Gemeinschaftsbegriff einem Land überstülpen wollen, das von denen gegründet wurde, die es irgendwann im feudalen Mief Europas nicht länger ausgehalten haben. Im Grunde spricht aus dieser suprematistischen Kritik hier nichts als der Neid gegenüber einer zwar widersprüchlichen, zerrissenen, dabei aber immer noch sehr deutlich artikulierten Zivilgesellschaft, wie sie dort offenbar noch besteht, aber hier ganz offensichtlich nicht wirklich existiert. Wir (!?!) sollten also vielleicht doch endlich mal aufhören, unsere deutschen und antideutschen Befindlichkeiten an der ganzen Welt als Projektionsfläche zu spiegeln und einfach erst mal anfangen, uns und den Terror, der uns umgibt, zu artikulieren.
Ich, ihr und wir:
Artikuliert euch! Verdammt noch mal!
Mehr Artikulation, T*3RR0R!!!
(Hehee…. Scheiss drauf. ;-D)
(@301b: Das hat so fast gar nichts mehr mit Deinem Kommentar zu tun alles, war nur der Aufhänger, hoffe, das kommt richtig an bei Dir… :-*)
October 14th, 2011 at 18:39
Die gegenwärtige Revolution
October 15th, 2011 at 15:27
In Frankfurt wurde vor ca. 5000 Deutschen vom “open mic” aus kaum verklausuliert die Brechung der Zinsknechtschaft gefordert und der Start einer neuen Intifada gefeiert. Unter Applaus kotzte sich ein Arbeitsloser darüber aus, dass er gerne “für die Gemeinschaft” arbeiten möchte, es ihm aber “vom System” unmöglich gemacht wird. Das Publikum war eine Mischung aus Friedensbewegten, Linken, Sozialdemokraten, sozialistischen Splittergrüppchen, Zeitgeist-Movement und jungen, “politisch interessierten” Leuten. Dass ihnen Gemeinsame war der abstrakte Feind, dessen Konkretisierung als “Banker” und “Politiker” sichtbar unbefriedigend war. Angst haben scheint mir durchaus vernünftig.
October 15th, 2011 at 19:50
[…] Occupy-Bewegung ist heute halbwegs überraschend in Deutschland angekommen. Das ist einerseits begrüßenswert, […]
October 15th, 2011 at 20:21
Ich kam eigentlich nur hierher, um (wie jedes Mal, wenn meine Festplatte den Geist aufgibt oder ich mir ein gänzlich neues System kaufen musste/wollte) Uplifting Hardcore Communism erneur runterzuladen – schön zu sehen, jedoch, dass es hier weiterhin aktuelle und geistreiche Artikel gibt.
Meine “two cents” dazu: Man kann nicht erwarten, dass sich eine Mehrheit innerhalb der Bevölkerung (v.a. in der amerikanischen, größtenteils “konservativen” Bevölkerung) vom einen Tag auf den anderen den Kommunismus herbeisehnt. Occupy Wall Street könnte zumindest ein Ansatz sein für das, was noch folgen sollte – und bietet allemal Möglichkeiten, die Leute hinsichtlich marxistischer Theorie usw. usf. zu informieren.
October 16th, 2011 at 01:56
Bei aller berechtigten Kritik an der Occupy-Bewegung und ihrem Reformismus. Wann war bitte die letzte linksradikale Demo, die stundenlang illegal in der Bannmeile demonstriert hat?
October 16th, 2011 at 06:12
@ Claas
Das läßt sich halt auch andersherum sehen: die Versammlung erschien der Polizei als so harmlos und opportunistisch, daß sie sie schlicht geduldet hat. Und ich war sehr verblüfft, wie viele Leute gar nicht wußten, daß sie sich in der Bannmeile befanden und was das heißt.
@ foobar
Von einem Tag auf den anderen sicher nicht und das erwarte ich auch gar nicht – es gab nur heute (zumindest in Berlin) so gut wie keine Hinweise darauf, daß es um irgendwas anderes ging, als die Politik dazu aufzufordern, die Finanzmärkte stärker zu regulieren, und für den Fall, daß sie darin versagt, diese Regulierung notfalls selbst durchzusetzen. (Von den Spitzen à la “Finanzspekulanten an den Pranger” ganz zu schweigen.)
@ Knark
Es war in Berlin dennoch weniger schlimm, als ich befürchtet hatte – abgesehen von wenigen Ausnahmen wirkten die Beteiligten doch nicht sehr radikalisiert und auch nicht im Begriff, sich zu einem Lynchmob zu formieren.
October 16th, 2011 at 12:40
Meine Eindrücke waren dann auch eher durchaus durchwachsen: http://keimform.de/2011/eindruecke-von-occupyfrankfurt/
October 16th, 2011 at 16:10
“Es war in Berlin dennoch weniger schlimm, als ich befürchtet hatte – abgesehen von wenigen Ausnahmen wirkten die Beteiligten doch nicht sehr radikalisiert und auch nicht im Begriff, sich zu einem Lynchmob zu formieren.”
LOL, oh you whacky “Anti-“German German leftists, always a reliable source of unintentional comedy.
Every social movement that hasn’t sprung fully formed from the forehead of Zeus having digested all three volumes of Capital is a potential lynchmob!
Sorry, but those of us whose grandpas were not in the Waffen-SS can be spared your neurotic projections. Kthanxbye
October 16th, 2011 at 18:12
Über das Thema Geld einzusteigen hat den Vorteil dass jeder eine Meinung oder Erfahrung dazu hat, aber natürlich geht es insgesamt um wesentlich mehr als nur um Geld.
Das Problem am Geld ist nicht der Zins – das ist nur ein anderes Wort für eine Dienstleistungsgebühr, siehe Sharia Banking – sondern der Wert, genauer gesagt die Fortpflanzung seiner Schwankungen durch die Eigentumsverhältnisse hindurch. Wenn jedoch schon die wirtschaftliche Berechnungsgrundlage ein Schiff ohne Schotten ist, dann sind Krisen und Zusammenbruch vorprogrammiert, Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert, siehe Marx, und die Frage ist nur noch wie viel kaputtgehen muss bis es alle gemerkt haben.
Die meisten sind bei dieser Bewegung dabei weil sie von dem 1% nicht genommen werden und trotzdem verstanden haben dass die Trauben tatsächlich sauer sind obwohl sie hoch hängen.
Das 1% sucht sich diejenigen die es nimmt danach aus wen es für seine Zwecke für nützlich hält – Menschenwürde, Willensfreiheit und Selbstbestimmung spielen dabei keine Rolle.
Wie stellt es sich aus der umgekehrten Perspektive dar, wenn jemand von dem 1% unbedingt gewollt wird, die Person aber nicht daran interessiert ist bei dem ganzen Schwindel mitzumachen?
Das ist nicht nur seltener sondern auch im Sinne des chinesischen Sprichworts interessanter.
http://twitpic.com/70lsxu
October 17th, 2011 at 00:46
@ negative potential
In the sentence with “Lynchmob” it says “nicht”.
October 17th, 2011 at 00:53
[…] ploppt eine neue Bewegung auf, wird sie erstmal von links zerlegt: Sozialdemokratisch, irgendwie antisemitisch sei der Protest, eine verkürzte […]
October 17th, 2011 at 04:40
[…] hat einen schön giftigen Eintrag zu der ganzen Sache verfasst: classless Kulla » Blog Archive » Occupy Yourself __________________ "Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die […]
October 17th, 2011 at 15:32
“In the sentence with “Lynchmob” it says “nicht”.”
Dude, the point is that you even entertain the possibility.
It’s just irritating how every new social movement with a truncated understanding of capitalism is regarded as a potential pogrom.
Just because anti-semites have a truncated understanding of capitalism doesn’t mean that every truncated anti-capitalism is anti-semitic.
So Occupy Wall Street aren’t calling for workers councils? So what? It’s a start. What’s important is the shift in social forces resulting from a social movement, not the concrete demands.
What were the “r-r-r-radical” demands of the Paris Commune? Ending night work for bakers.
October 18th, 2011 at 00:07
@ Dude
Just because not every truncated anti-capitalism is anti-semitic I won’t stop watching out carefully for antisemitism in a country where every study counts at least 20 % antisemites in the population.
@ Benni
“Hoch die internationale Solidarität” gab’s in Berlin vereinzelt auch, aber erheblich mehr “Volk”.
October 18th, 2011 at 11:19
[…] und übergehen zum nächsten Schritt, der sozialen Revolution? "Kaum ploppt eine neue Bewegung auf, wird sie erstmal von links zerlegt: Sozialdemokratisch, irgendwie antisemitisch sei der Protest, eine […]