Ökonomischer Gottesdienst, Fron & Buße fallen aus

Saturday, March 3rd, 2012

Sechs Wochen Tour, endend mit Gastauftritten von Linus Volkmann, mit viel Sehen & Wiedersehen und schließlich einer gut verleierten Abschlußlesung in und gegen Berlin, dann gerade drei Stunden Schlaf – ich war mir sicher, daß ich am Morgen danach mich auf Arbeit würde schleppen müssen und der Tag nicht vorübergehen würde. Stattdessen geht mir von […]

Ökonomischer Gottesdienst ain’t over til it’s over

Saturday, December 3rd, 2011

Nur knapp daneben, aber es reicht einfach nicht. So nahe neben der Euphorie von Torsuns Durchbruch muß ich doch feststellen: Ich bin nicht er, meine Konzerte sind nicht annährend so gut besucht wie seine und werfen entsprechend viel weniger Gage ab, und meine größtenteils erstaunlich gut besuchten Vorträge füllen keine Eintrittskasse (und auch kaum eine […]

Ökonomischer Gottesdienst mit unwesentlicher Veränderung

Saturday, October 29th, 2011

Üblicherweise gilt: Alles hier ist austauschbar, es ist nur unterschiedlich teuer und aufwendig, Personal, Marken und Material zu ersetzen. Aber auch diejenigen, die Mensch und Krempel gewinnbringend zu bewirtschaften versuchen, scheiden manchmal wegen mangelnden Erfolgs oder nicht deckelbarer Regelverstöße aus. So kommt es, daß die beauftragende und lohnzahlende Firma diese Woche zwar überraschend von der […]

Ökonomischer Gottesdienst, die Letzten wollen lieber nicht die Ersten sein

Friday, August 5th, 2011

Nach dem überraschenden und fluchtartigen Abgang des Chefs und ins danach entstehende Machtvakuum hinein (wegen Urlaub und aushäusiger Tätigkeiten war tagelang so gut wie niemand aus dem Management im Haus) startete ich unterm Personal eine Blitzumfrage, wie es denn mit der Idee aussehen würde, den Laden kollektiv zu übernehmen. Einige verstanden die Frage erst falsch […]

Ökonomischer Gottesdienst, Einfalt und Erbarmen

Wednesday, July 27th, 2011

Pause an der Cafétheke in der Mall. Frau arbeitet dort – wie ich bei meinem Job – den ganzen Tag im Stehen. Kaffeefrau: “Oh, ist das heute langweilig.” Ich: “Soll ich dir eine Tröte vorbeibringen?” Kaffeefrau: (scherzhaft) “Dann kommen aber auch gleich die mit dem weißen Kittel.” Ich: “Tja, wer acht Stunden hier rumsteht, gilt […]

Ökonomischer Gottesdienst, die Kündigung in mir

Saturday, April 2nd, 2011

Diesen Kackjob seltener machen zu müssen, ach nein, diesen Kackjob nicht mehr häufig genug machen zu können, um noch davon zu leben, verwandelt auch seine ärgsten Zumutungen in maximal leicht unschönes Generve. Schmerzen und Leid werden zu Schulterzucken, (sinkende) Quantität schlägt um in Qualität. Nach einem Tag Rumgestehe helfen ein Fußbad und Ausschlafen noch spürbar, […]

Ökonomischer Gottesdienst, Stigma

Sunday, December 5th, 2010

>>Ein Betrieb in Norwegen hat alle weiblichen Arbeitnehmer verpflichtet, während ihrer Menstruation ein rotes Armband zu tragen. Die Regel wurde aufgestellt, um zu sehen, ob das Personal einen gültigen Grund hat, öfter zur Toilette zu gehen. Menstruierende Frauen dürfen mit diesem Armband öfter als normal zur Toilette gehen. (…) Eine Studie der norwegischen Gewerkschaft ergab, […]

Ökonomischer Gottesdienst, Pilgerpfad

Tuesday, November 30th, 2010

>>Leben im Kapitalismus, Schlafen im Stehen. Das Leiden beginnt schon auf dem Arbeitsweg. Wer nicht mehr in die U-Bahn passt, wird vom Personal hineingequetscht. Moderne Sklaven auf dem Weg ins Büro.

Ökonomischer Gottesdienst, Gesundbeter

Saturday, November 20th, 2010

Auf besonders motivierte Kollegen habe ich zuweilen die Wirkung von Marvin aus Douglas Adams’ “Hitchhiker’s Guide to the Galaxy”. Ich will selbst keine Durchhalteparolen (“Wenn du noch ein bißchen Gas gibst…”) und kein Schöngequatsche (“Da kommt noch was!”) hören und widerlege es also trocken und kurz, bis sie irgendwann lieber wieder gehen, weil ich sie […]

Ökonomischer Gottesdienst, Kommen und Gehen

Saturday, November 13th, 2010

Es gibt die Kollegen, die sich aufspielen und dolle von sich überzeugt sind, die kommen dann bald nicht mehr. Dann gibt es die, die sympathisch, sensibel und verletzlich sind, die kommen dann auch bald nicht mehr. Und dann gibt es die, die es geschafft haben, lange hier zu sein und irgendwie wund im Kopf sind, […]

Ökonomischer Gottesdienst, armer kleiner Kollege

Wednesday, October 6th, 2010

Wir stehen insgesamt zu zweit mit Ständen in der Mall und sind dadurch blöderweise aneinandergekettet. Er ging mir von Anfang an auf die Nerven. Das einzig halbwegs Sympathische sein Lamento über das allgemeine Zuviel an Arbeit und den Zwang zum Geldverdienen. Nach der n-ten Wiederholung, und als gerade mal keine Kunden vorbeiliefen, sagte ich daraufhin, […]

Ökonomischer Gottesdienst, das Große Ganze

Tuesday, June 29th, 2010

Zwei Tage ist das Achtelfinal-Spiel der deutschen gegen die englische Männerauswahl her, und immer noch gibt es unter den Kolleginnen und Kollegen kaum ein anderes Gesprächsthema. So wie sie sonst weit von sich weisen, mit dem historischen nationalen Kollektiv noch was zu tun zu haben, schließlich müsse es ja mal irgendwann gut sein, so selbstverständlich […]

Ökonomischer Gottesdienst, Tanzen weil und um und trotz

Tuesday, April 13th, 2010

>>Wer von Müdigkeit spricht, meint das Aufwachen, wenn man noch wie betäubt vom Vorabend ist, Lass uns doch ausgehen, um all die Probleme zu vergessen Lass uns doch tanzen …

Ökonomischer Gottesdienst, langsamer Entzug

Thursday, April 8th, 2010

Scheint tatsächlich zu stimmen: Seltener einer bestimmten Arbeit nachgehen macht mich bezüglich dieser Arbeit nicht entspannter sondern vor allem zynischer. Alles wirkt wieder so lächerlich und absurd wie beim ersten Mal. Und mein Kollegenaufwiegeln wird noch unverblümter. Note to self: I probably still won’t get myself fired but much more likely others.

Ökonomischer Gottesdienst, Erinnerungsdiskurs

Monday, November 16th, 2009

Ein Kunde, der sich euphorisch und laut darüber verbreitet, daß es “früher” – also in der DDR – immer Richtlinien gab, einem Vorschriften gemacht wurden, Ausderreihetanzen bestraft wurde und daß das heute alles so unglaublich viel besser wäre, wird von mehreren drumherum stehenden Kollegen vielsagend angeschaut und mitleidig belächelt.

Ökonomischer Gottesdienst, Krankheit als Waffe

Monday, October 19th, 2009

Die Kollegen husten und niesen, sie schnaufen und sie keuchen, aber sie gehen nicht nach Hause oder bleiben gleich dort. Obwohl sie weiterbezahlt werden, wenn sie nicht herkommen. Sie haben Schiß, in der Krise ihren Job zu verlieren. Also versuchen sie, die eigentlich eindeutigen Zeichen zu verstecken. Vorgesetzte verlangen nämlich beständig, daß alle der Arbeit […]

Ökonomischer Gottesdienst, reformierter Ritus

Thursday, August 20th, 2009

Kunden mit Piratenpartei-T-Shirt, zwei Kerle Mitte/Ende 20. Wählen Vertragsbindung wegen Preisvorteil, fragen nicht nach Datenspeicherung, wollen die verfügbare Bandbreite nicht wissen und fragen nicht nach den Kosten für die Hotline, lassen sich durch die Auftragserfassung scheuchen, als wäre Vorweihnachtsgeschäft und statt der gähnenden Leere eine lange Schlange hinter ihnen. So hab ich schneller Feierabend, denke […]

Ökonomischer Gottesdienst, Überwachung, Kontrolle, Desintegration

Monday, May 4th, 2009

Der Laden ist leer, so wie die meisten anderen Läden zuletzt die meiste Zeit über auch. Das Sommerloch, das sonst Ende Mai anfängt, klafft im Grunde schon seit März und folgte recht unmittelbar auf das “Eisloch” vorher. Gründe gäbe es viele: Krise, Schweinegrippe, Wetter, zu viele Märkte auf zu engem Raum. Doch das sind für […]

Ökonomischer Gottesdienst, Beichte

Friday, March 27th, 2009

Damit mir diese Gesellschaft erlaubt, hin und wieder das zu tun, was ich tun will, muß ich etwa die Hälfte des Jahres damit verbringen, meine Gesundheit, meine Energie, meine Nerven, meine Jugend und meine Leidenschaft auf dem Altar des Wertes zu opfern. Zugenagelte Buchstabenmarxisten nennen das euphemistischerweise “Schädigung”, als gäbe es ein Wort, um diesen […]

Ökonomischer Gottesdienst, versuchte Ketzerei

Sunday, March 22nd, 2009

Was das wohl zu bedeuten hat, wenn einem die Kollegen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, bei der Rechner, Boxen und Internetverbindung am Start sind, unbedingt im Laden in voller Lautstärke dieses Video vorspielen müssen und dabei mit wachsender Begeisterung mitsingen? Identifikation mit dem Aggressor? Genießen sie die verdrehte Lust, die Position des Feindes, also […]

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