Zwei meiner ersten Male
September 5th, 2006Nach der unfreiwilligen Reise in die unangenehmen Teile meiner Teenie-Vergangenheit am Wochenende, nahm ich mir heute einen Tag für die schöneren Erinnerungen.
Ich trampte nach Ballenstedt und fand heraus, daß die “Disko mit Independent-Tag” schon seit drei Jahren geschlossen ist. Dann lief ich über die schon 1994 zugewachsenen Schienen zum Ostbahnhof.
Im heute mit Brettern zugenagelten Wartesaal hatte ich damals das erste Mal Sex. Auch wenn die Übergänge vom Rumknutschen und Heavy Petting zur staatlich geprüften Nummer fließend sein mögen, würde ich nach dem Ausmaß der Verliebtheit und der Ekstase sagen: hier war’s. (Es war ein bißchen wie bei James Joyce, nur nicht so einseitig.)
Sie war die leicht depressive Tochter eines furchtbar autoritären Metallbaumeisters und ich hatte sie tatsächlich mit den Worten angesprochen: “Genossin, was machst du eigentlich am ersten Mai?” Sowas glaubt einem ja heute keiner mehr. Communism stole my virginity – das ist viel buchstäblicher wahr, als ich es immer gemeint hatte. Auch kann ich mich noch dunkel daran erinnern, wie ich ihre Probleme mit ihrem Vater in Zusammenhang mit dem Kapitalismus bringen wollte. (Muß ich das der zu der Zeit in der Gegend missionierenden Göttinger Antifa jetzt vorwerfen oder mich dafür bedanken?) Meistens habe ich aber glücklicherweise nicht so viel gesagt.
Wo ich nun heute einmal unterwegs war, ging ich zeitlich noch weiter zurück zum Rumknutschen, das ich wiederum ähnlich eindeutig-uneindeutig auf etwa ein Jahr früher datieren würde, und zwar ergab es sich auf dieser Bank vor einem schon Mitte der Neunziger abgerissenen, ziemlich großen Jugendklubhaus namens “Der Affe” in Aschersleben.
Hier war die Anbahnung weniger politisch und hatte mit dem Würstchen zu tun, das ich mir gerade vom Grill geholt hatte.
Außerdem stattete ich verschiedenen erinnerungsträchtigen Plätzen im Ermsleben und Halberstadt Besuche ab. Fast überall waren die Häuser verschwunden oder verfallen, die Leute verzogen. Ich kam mir ganz schön alt vor, als käme ich nach Jahrzehnten mal wieder vorbei, dabei ist es nur ein Jahrzehnt. Immer noch dort, wo sie war, und offenbar in guter Verfassung allerdings: die Zora.
Was die Autofahrer sagten, kann ich wegen meines eigenen Redeflusses und der Gedankenströme nicht mehr sagen. Ich weiß nur noch, daß das Handy der Fahrschülerin im letzten Auto zurück nach Thale als Klingelton die DDR-Nationalhymne spielte.
September 5th, 2006 at 08:12
Irgendwie geht mir grad dieses Lied von Hildegard Knef nicht aus dem Kopf… “In dieser Stadt…”
September 5th, 2006 at 12:33
Kenn ich gar nicht, ich frag mal das Maultier.
September 5th, 2006 at 14:46
na, du musst dich wohl bedanken, wärest du sonst auf diesen flotten spruch gekommen? wer weiß wie es sonst geendet wäre… wobei vielleicht spannender hm… ach man sollte nicht zuviel in der vergangenheit spekulieren, sinnloses unterfangen, wenn auch manchmal lustig…
insgesamt hast du mich gerade etwas inspiriert… könnte sowas auch mal (wieder) machen, danke 🙂
September 5th, 2006 at 14:56
Mir kam in dem Zusammenhang wieder der Gedanke, daß jede/r persönliche Jahrestage begehen sollte, die sich auf Sachen beziehen, die für ihn/sie bedeutend sind.
September 5th, 2006 at 15:17
Dazu müßte ich aber noch das genaue Datum wissen.
September 5th, 2006 at 17:48
@sammelsurium
Der Song ist wirklich der optimale Soundtrack. Wow!
September 5th, 2006 at 20:53
Hehe, da mir solche Anwandlungen nicht fremd sind…
June 20th, 2007 at 06:15
Ui, Sex.