Geschichtspornografie

September 29th, 2006

>>Jetzt hat es auch der ehrwürdige Deutsche Historikertag zugegeben: Der ZDF-Historiker Guido Knopp, der bereits unzählige Sendungen zum Nationalsozialismus, dessen Führungspersonal und Mitläufer ans Fernsehpublikum gebracht hat, konnte bisher rein gar nichts dazu beitragen, das Geschichtsbewusstsein der Deutschen zu entwickeln. Im Gegenteil sei Knopp mitverantwortlich, wenn Deutsche sich als Opfer des Nationalsozialismus begreifen. (…) Auch die Historiker von »Spiegel TV« bekamen ihr Fett weg. Die Art, wie sie ihre Beiträge mit Farbbildern von Eva Braun im Dirndl und Aufnahmen von Hitler auf seiner Terrasse am Obersalzberg aufpolierten, sei reinste Geschichtspornografie.<< (Jungle World)

4 Responses to “Geschichtspornografie”

  1. nemesis Says:

    Trotz aller Kritik an den Sendungen, ich hab sie zwar nicht immer angeschaut, doch waren sie das ein oder andere mal informativ. An Abenden wo nichts im TV läuft, kann man sich das schon antun denk ich.

  2. nonono Says:

    @Nemesis

    Wenn dir der Unterschied zwischen Unterhaltung und Geschichtswissenschaft dabei klar ist, bist du klar im Vorteil.

  3. wörterberg Says:

    »Wenn man da aufklären will, und das ist ja Knopps erklärtes Ziel, dann muss er den Zuschauern Gelegenheit geben, kritischen Abstand zu gewinnen und sich ein fundiertes Urteil zu bilden.

    Aber in Wirklichkeit geht es Guido Knopp nicht um Aufklärung, sondern um Wirkung, also Quote. Er will einen Hitler zum Anfassen, darum auch die dauernde Einblendung des Obersalzberges. Die Bilder kommen diesmal von Eva Braun und haben im wesentlichen drei Vorteile: Sie suggerieren zunächst eine Einheit des Ortes, die dramaturgisch natürlich ein Geschenk ist. Darüber hinaus handelt es sich um einen Farbfilm, der das gesamte Geschehen vergegenwärtigt und dem Zuschauer das Gefühl gibt, irgendwie live dabei zu sein. Und dann zeigen sie Hitler als Privatperson, die ganze Szenerie wirkt entspannend, sieht nach Sommerferien aus, hier menschelt es. Wir haben es mit einer richtigen Homestory zu tun, das ist im Grunde wie Adenauer im Urlaub in Italien beim Boccia spielen – “Toll, was der Alte noch so draufhat!” -, und der Zuschauer steht die ganze Zeit in der Haustür und sieht ihm zu.«
    (Hannes Heer)

  4. nemesis Says:

    unterhalten hab ich mich dabei nicht, es waren einzelne informationen, die ganz interessant waren und von denen ich nichts wußte. also nicht so sehr das ganze konzept, sondern die ein oder andere information fand ich gut.

    Aber für richtig gute Geschichtswissenschaft sollte man lesen. Wenn ich also was lernen will, dann lese ich Christopher Browning. Ist viel besser als Knopp.

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