Antideutsche Breakcore Spacken für eine kurze Nacht
December 3rd, 2006Stark an die Frage angelehnt, inwiefern Antiamerikanismus die Mitmenschen davon abhält, sich den wirklichen Problemen zu widmen oder zumindest einen Begriff von ihnen zu entwickeln, resümierte Bernd Beier Schlüsseltexte der deutschen antiamerikanischen Textproduktion der letzten 30 Jahre und präsentierte ebenso eine recht hellsichtige Kritik am Antiamerikanismus, die von den RZ schon Anfang der 80er formuliert worden war.
Ich sah mich vor dem Problem, mit dem Buch im Rücken zu viel auf einmal sagen zu wollen, und baute meine Argumentation zur Rolle des Konspirationismus fürs antiamerikanische Ressentiment auf eine Karikatur von Steve Bell:
Fast immer wird fast automatisch mein Kommentar zu diesem Bild – unter den Blinden ist der Einäugige König – so verstanden, als wären Bush und Blair die Häuptlinge von ganz Blöden. Die intendierte Deutung wäre ja eher, denjenigen Amerikanern und Briten, die von ihren Staatsoberhäuptern repräsentiert werden, zuzugestehen, in einer blinden Welt wenigstens ihre Interessen zu erkennen und wahrzunehmen. Während die hierzulande hegemoniale Situation eher aus lauter Blinden besteht, die der Meinung sind, auf beiden Augen sehen zu können. Ausgehend von diesem Widerspruch zwischen dem deutsch-europäischen Selbstbild – sozial, ökologisch, pazifistisch, gut – und der Realität der allgemeinen Interessenverfolgung leitete ich die Feindbildkontruktion des Konspirationismus ab und schilderte einige der im Buch vorgestellten Konzepte wie das der Travestie.
Wären im Anschluß an die Vorträge und die nach Handlungsansätzen suchende Diskussion einfach alle zum Tanzen übergegangen, hätte es eine wundervolle Verschmelzung von Politiknerds und Musiknerds werden können. Indes waren die Gespräche zu lang und die Dubstep-Platte im Vortragsraum zu hypnotisch, so daß es dort gut gefüllt und unten auf der Tanzfläche fast leer blieb.
Dabei waren etwa Montys Liveversion von “Krautkillah” und die gründliche, nun ja, Überarbeitung von Björks “It’s oh so quiet” viel origineller als unsere Vorträge, I’d say.
December 4th, 2006 at 02:31
das klingt ja nach einer duften sause.
December 4th, 2006 at 19:04
Mal ganz ernst nachgefragt, warum diese Beschäftigung mit Antiamerikanismus? Verglichen mit den Krankheiten dieser Erde, wie Gewalt, Hunger und Elend und Rassismus hat diese doch eher den Rang eines Pickels. Lohnt sich da die Beschäftigung überhaupt?
Das ist keine Polemik, ich würd gerne eine ernste Antwort darauf hören, vielleicht lieg ich ja falsch.
December 5th, 2006 at 00:15
Den meisten Anwesenden wie auch den Veranstaltenden und Bernd Beier ging es wie schon geschildert offenbar vor allem darum, inwiefern Antiamerikanismus von einer substantielleren Kritik abhält und kritisches Potential bindet, wobei allerdings auch keine überzogenen Erwartungen an das ansonsten mögliche Potential am Start zu sein schienen.
Mir wäre es gern noch um einen anderen Punkt gegangen, der allerdings den Rahmen wohl etwas gesprengt hätte, nämlich die realen Auswirkungen antiamerikanischer Einstellungen im globalen Maßstab, etwa inwieweit die Situation im Irak durch ein breiteres Bündnis für seine Demokratisierung jetzt anders aussehen würde oder aber auch inwieweit die gesellschaftliche Verhärtung der USA nach innen mit dem Antiamerikanismus zusammenhängt. Das sind aber spekulative und problematische Themen, die eine separate Veranstaltung und kompetentere Referierende bräuchten.