Deconstructing Dresden, Demo und Blockade

February 14th, 2007

Am Treffpunkt sah es aus wie letztes Jahr: etwa 1000 Antifas, darunter viele Palituch-Punks, die auch von der elektronischen Musik nicht vertrieben wurden, eine wundervolle Musikmischung again (Funny van Dannen, Koljah, Hardcore, Streets), sehr schmissige und charmante Lauti-Ansagen (an die Polizei gerichtet: “Wir haben das Front-Transpi nicht gemalt, damit ihr davor rumspringt!”)

Mit “Ten German Bombers” zog die Demo um 17 Uhr los, drehte eine kleine Ehrenrunde um den Külz-Ring, während derer über die Kriminalisierung antifaschistischer Symbole, den 11. Februar in Budapest und die mißbräuchliche Verwendung Hannah Arendts durch das Dresdner Hannah-Arendt-Institut aufgeklärt wurde.

Und schon kurz vor der Synagoge endete die Demo, wiederum zum Klang von “Ten German Bombers”, mit einem erfolgreichen Durchbruch der meisten Teilnehmenden zum gutbesuchten Bürger-“GehDenken”. Ziel: hier an der angekündigten Nazi-Route eine Blockade versuchen.

Durchbruch
Durchbruch

Dazu mußte allerdings noch der Schritt an die Elbe geschafft werden. Die Zugänge waren jedoch von der Synagoge bis zum Theaterplatz komplett mit Polizeifahrzeugen zugestellt, teilweise ohne auch nur einen Millimeter Zwischenraum.

Nun diffundierten kleinere Gruppen durch die Innenstadt, von denen sich einige am Terrassenufer zwischen Carola- und Albertbrücke zu mehreren Blockaden versammelten. Eine weitete sich zur stundenlangen Sitzblockade mit Tanzprogramm aus. Hier wurden auch die Durchsagen von einem “Info-Team der Polizei” immer merkwürdiger und komischer, lehrerhafte Appelle wechselten sich mit Drohungen ab, im Klang immer hysterischer.

Blockade Terrassenufer
Blockade Terrassenufer

Mit enormer Verspätung setzten sich die Nazis gegen 9 allmählich in Bewegung, was an ihrer deutschen Klassik-Beschallung auch aus der Entfernung zu erkennen war. Während zunächst die Vermutung aufkam, die Blockade würde erst geräumt werden, wenn die Nazis wirklich da wären, und kurz darauf die Abriegelung der meisten Querstraßen darauf hindeutete, daß die Nazis um die Blockade herumgeroutet werden sollten, stellte sich schließlich heraus, daß ihre Demoroute erheblich gekürzt wurde.

Offenbar aus Frust darüber versuchten Nazis immer wieder, aus ihrem Aufzug auszubrechen. An verschiedenen Stellen gab es offenbar Auseinandersetzungen mit Antifas, ihrerseits die Polizeiabsperrungen durchbrochen hatten. Dazu mehr aus dem Ticker.

Die Frage der Instrumentalisierung der Antifa dürfte sich ähnlich wie letztes Jahr stellen, wiederum würde ich jedoch sagen, daß es zwar eine allgemeinere Bereitschaft in der Stadt gibt, die Nazis nicht mehr laufen zu lassen, es ohne die Antifa jedoch nicht zu Blockaden kommen würde. Auch inwiefern sich im folkloristischen Geschichtsrevisionismus mehr als nur Risse zeigen, darf getrost bezweifelt werden – immerhin warfen von Linkspartei über CDU bis NPD alle Fraktionen am Morgen noch ihre Kränze unweit der Auschwitz relativierenden Thingstätte auf dem Heidefriedhof ab. Ob der im Vergleich zu den Vorjahren viel kleinere Naziaufmarsch eine Trendwende anzeigt, ist wohl auch schwer zu sagen, da der Termin wegen des Drängens der “Freien Kräfte” auf den Dienstag gelegt worden war und somit fast mit Vorsatz die Bürgernazi-Sonntagsdemo vermieden wurde.

Während SZ und Boulevardpresse all dies gleich völlig von der Berichterstattung ausnahmen und sich stattdessen nur dem Gedenken und der Bürger-Demo widmeten (Problem Redaktionsschluß?), war in der DNN heute unter dem dominierenden Bild von “Geh Denken” (Schild: “Am 9. November 1938 begann der 13. Februar 1945”) auch über “Deconstruct” und Durchbruch zu lesen.

12 Responses to “Deconstructing Dresden, Demo und Blockade”

  1. FinsterWinster Says:

    “Hier spricht das Infoteam der Polizei! Wenn Sie die Strasse nicht freimachen, wird der rechtmässig angemeldete Aufmarsch hier nicht durchkommen” …ahja! 😀

    …ein übelst harter tag…

    Interessant auch, dass die Berichterstattung generell so dürftig bleibt – selbst beim Wald-und Wiesensender MDR nur Randnotizen…und auch, dass nachwievor die Opferzahlen “aufgerundet” werden…obwohl extra eine Historikerkommission eingesetzt wurde, die von 25.000 Toten ausgeht (http://www.welt.de/data/2007/02/13/1210200.html?s=2), schreibt DNN-online von “geschätzten” 35.000.

  2. classless Says:

    “Sie behindern die planmäßige Durchführung eines reschtmäßisch zustandegekommenen Aufzugs” oder auch kumpelhaft “Räumen Sie dann bitte mal die Straße und sehen Sie von weiteren Sitzblockaden und dem Bauen von Barrikaden ab. Sie können Ihrem Protest vom Bürgersteig aus friedlisch Austruck verleihen!”

  3. keine ahnung Says:

    hey der sagte immer “rechtSmäßig zustandegekommener aufzug”. fand ich auch irgendwie komisch 😉

  4. MPunkt Says:

    Wie passend ……

    Für viele endet die Jagd auf die Nazis auf der Demokratiemeile […]
    SPON über eine Antifademo in Dresden. Vielleicht haben sie dort ja mit den Anwesenden darüber gestritten, welche Nationalflagge gute Demokraten denn nun zu schwenken haben, d…

  5. Uwe Leichenring Says:

    Klar sagt der “RECHTSmäßig zustandegekommen”. Ist ja auch ein RECHTSstaat und kein Linksstaat. 🙂

  6. Das rote Blog » Blog Archiv » Der 13. Februar 2007 in Dresden - Rückblick Says:

    […] classless Kulla, 14.2., “Deconstructing Dresden, Demo und Blockade” […]

  7. zahai Says:

    nur um das nochmal zu erwähnen, weil das bei dir so peacig rüberkommt:
    das ging da richtig ab an der synagoge. hab schon von mehreren schwereren verletzungen gehört, die sich leute in den ersten reihen zugezogen haben, dadurch dass die bullen gezielt auf köpfe/gesichter geschlagen haben, bis hin zum jochbeinbruch. also ne recht blutige sache.
    dafür dass die bullen sich vorgenommen haben, die nazis durchzubringen aber doch glücklicherweise recht erfolgreich.

  8. Deutscher Says:

    Ihr seid solche hilflose Penner!Brecht bitte durch!Dann wirds exakt!

  9. classless Says:

    @zahai
    Die Zurückhaltung bei den Einzelheiten bzgl. Straftaten aller Art sei verziehen, da besteht kurz danach doch immer wieder die Gefahr des Verplapperns. Ich ging davon aus, daß klar sein dürfte, daß ein kompletter Demonstrationszug von über 1000 Antifas nicht ohne Blessuren durch eine Poliezisperre kommt.

    @Deutscher
    Das ist die neue deutsche Vernichtungsutopie: hilflose Penner durchbrechen, damit alles exakt wird? Hast du zu lange in der Kälte am Zwingerteich rumgestanden?

  10. unDeutscher Says:

    Was will uns Deutscher damit sagen? Die Kälte und der Regen müssen wohl schwere psychische Blessuren bei den Nazis hinterlassen haben. Also nicht, dass sie vorher bei geistiger Gesundheit waren, aber sie konnte sich ja wenigsten noch halbwegs artikulieren.

  11. BlackBlock Says:

    Ey Deutscher,

    du hast dich wohl auf der Internetseite geirrt??? Hat dein Hirn ne Frostbeule bekommen??? Werd mal älter! Und lass deinen geistigen Müll doch bitte! künftig nicht mehr auf dieser Seite ab!!!

    Ich hoffe, ich spreche hier im Namen aller hier verkehrenden User!

    FIGHT THE NAZI SCUM!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  12. classless Says:

    @BlackBlock

    Ist jetzt aber auch nicht indymedia hier, es kann jeder für sich sprechen.

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