Tanz und Subversion

February 14th, 2007

Morgen lasse ich mich wieder nach Berlin chauffieren, um diese Veranstaltung nicht zu verpassen, die ihr auch alle unbedingt sehen müßt:

>>Subversion on the dance floor?

Reflektionen und Interventionen zu elektronischer Tanzmusik zwischen Subversion und Kulturindustrie. Vorträge und Diskussion

Oona Leganovic ist Musikwissenschaftlerin und veröffentlicht in Testcard und Jungle World. Ihr Vortrag beschäftigt sich mit den Ursprüngen der Vorstellung einer ’subversiven’ Popkultur. Sie zeichnet ihre Anfänge in verschiedenen Tanzmoden der letzten zweihundert Jahre nach – Erscheinungen, die ursprünglich hauptsächlich von ihren Gegnern als Verfall der Sitten bzw. moralische Zersetzung gebrandmarkt wurden. Irgendwann wurde aus der Beschimpfung ein Eigenlob, und bis heute ist die gefühlte ‘Subversion’ eng mit Tanzmusiken verknüpft. Wie ging das vor sich, und warum ausgerechnet Tanzmusik?

Christoph Fringeli ist DJ, betreibt das Plattenlabel Praxis und gibt das Magazine Datacide heraus. Sein Vortrag beschreibt die Herausbildung der britischen Technoszene, ausgehend von deren Ursprüngen in der Hippie- und Travellerszene. Insbesondere ihre Kriminalisierung mit dem Criminal Justice Act von 1994 gilt als wichtiges Datum. Bis zu diesem Zeitpunkt existierte eine Bewegung, die alternative Techno-Festivals organsierte und mit Bauwagen durch Großbritannien zog. Durch diffus anarchistische Ideen radikalisierte sich die Bewegung weiter, um nach 2000 in die Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Insbesondere die politische Ausrichtung wird ideologiekritisch beleuchtet. Wie lässt sich diese Bewegung einordnen und warum konnte sie sich so entwickeln?

Hans-Christian Psaar ist Sozialwissenschaftler und DJ und beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Kategorie des ‘Underground’. Mit der Kulturindustriethese von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno wird am Beispiel der Musikproduktion die prinzipielle Warenförmigkeit kultureller Produkte aufgezeigt. Underground ist dabei eine ökonomische Kategorie, die von einigen Beteiligten politisch aufgeladen und als subversiver Standpunkt gedeutet wird. Die daraus resultierenden Ideen sind im günstigsten Fall harmlos, im schlimmsten Fall durch strukturellen Antisemitismus geprägt.

Donnerstag 15.02.2007
Beginn: 19.30 Uhr
Eintritt Frei

Cafe Größenwahn
Kinzigstraße 9 (HH)
Berlin-Friedrichshain
U5 Samariterstrasse

kontakt: praxis@c8.com<< (via scrupeda)

10 Responses to “Tanz und Subversion”

  1. w Says:

    argh, könnt ihr nicht 5-6 stunden später beginnen, dann wäre auch mir eine teilnahme möglich …
    wird es wenigstens einen audio-mitschnitt geben?

  2. kapsler hauser Says:

    hey w,
    du kommst nach b?
    dann meld dich doch mal.
    bestes,
    torsun

  3. fitzcarraldo Says:

    Psaar und Fringeli haben ihre thmen bereits letzten september in HH referiert. davon gibt es bereits einen mitschnitt. Psaars ausführungen waren aber eh etwas mit der heissen nadel gestrickt. lediglich fringelis referat wird regelmässig im FSK wiederholt.

  4. unkultur Says:

    Heisse Nadel? Könnten Sie diese Äußerungen präzisieren? Danke.

  5. nonono Says:

    Ist das für einen DJ nicht auch eher in Ordnung, mit einer heißen Nadel zu arbeiten?

  6. fitzcarraldo Says:

    wie ich schon damals meinte: ich finde die thesen von psaar durchaus richtig.
    sie werden in seinem vortrag aber nicht stringent dargelegt. es werden fröhlich die in gewissen kreisen populären theorie häppchen an einander gestückelt. ich hatte den eindruck, dass der kleine mann grosse namen zum ego boosten im munde führt.
    ist auch nicht verwerflich das so zu machen. grosser erkenntnissgewinn lässt sich daraus aber nicht ziehen.
    randnotiz: lfo demon bloggt also doch weiter. und dann gleich so ein kreativer neuer namen…

  7. classless Kulla » Blog Archive » Breakcore Spacken Theorie Says:

    […] Das funkionierte ganz gut: erst wurde die Geschichte von Tanz als Subversion erzählt und für die Gegenwart eine beständige Verwechslung von Befreiungserlebnis und Befreiung konstatiert; danach folgte ein Ausflug in die Entwicklung und Repression der britischen Rave-Bewegung mit vorläufig wenig erfreulichem Ausgang; zuletzt wurden die noch verbliebenen Illusionen mit dem Warenförmigkeits-Hammer zerpocht, Fuckparade und auch noch das eigene Kleinstlabel als “Kulturindustrie in Selbstverwaltung” beschrieben. […]

  8. istari Says:

    hm. ich hatte einmal beide vortraege einmal gesendet. ich weiss aber nicht genau in wieweit diese bei fsk wiederholt werden. haha. dafuer hoere ich dann zu wenig fsk! würde mich aber doch interresieren.

  9. unkultur Says:

    Kleiner Mann – was nun? Jaja, sich erst im kritisch-theoretischen Sushi-Restaurant (a propos: beschäftigte sich Adorno mit Subkultur, Postfordismus und Schallplattenfirmen?) ein paar Theoriehäppchen eingefahren, danach dann zur Wellness-Kur und dem Egoboost, das haben wir gerne. Wer auf “stringtente Darlegungen” steht, der sollte sich vielleicht bei den Vulkaniern vom Gegenstandpunkt nach Welterklärung umsehen.

  10. unkultur Says:

    Wikipedia sagt:
    “Als Gegensatz zum Mythos kann der Logos gesetzt werden, der anders als ein nicht nachprüfbarer Mythos dem rationalen Diskurs zugänglich ist und darüber mit Fakten in Bezug gesetzt werden kann. Die mythologische Wirklichkeit hingegen kann mit dem erweiterten Denken des Bewusstseins erforscht werden. Literaturwissenschaftlich ist dem Logos die wissenschaftliche Geschichtsschreibung zuzuordnen, während dem Mythos religionswissenschaftlich die “Glaubenslehre” einschließlich der dazu gehörenden religiösen Tradition bzw. die Soziologie zugeordnet wird.”

    Ich plädiere für eine religionssoziologische Studie über den Glauben an Musik als Mythos. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob das Phänomen nicht sogar noch dem Animismus zugerechnet werden müßte. Musik als beseelte Natur oder Gottheit?

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