Die Illuminaten – Ausbreitung und Krise
August 26th, 2007Ohne Adolf Freiherr von Knigge wäre der Illuminatenorden heute wohl kaum noch jemandem bekannt. Aus seiner Lage als verarmter Ritter, der sich unter Entsetzen mit den Bürgerlichen und Handwerkern gemein machen mußte, beschäftigte sich Knigge mit Möglichkeiten, die nichtadelige Bevölkerung auf den sittlichen Status des Adels zu heben. “Höfliche” sollten zu den höfischen Menschen treten, um so den Übergang in ein aufgeklärtes Gemeinwesen auf friedliche Weise zu ermöglichen.
“Es ging um die Übersetzung von Gedanken, die Leute ohne Angst sich machen, in die Sprache der Leute, die Angst haben”, wie Andreas Walde es ausdrückt. Schon bald stieß Knigge auf die erzieherischen Möglichkeiten von Geheimgesellschaften und füllte 1200 Seiten mit seinen Studien über deren Geschichte und mit daraus entwickelten Programmentwürfen.
Seine gesammelten Dokumente, die er als Eintrittsgabe für den von ihm für unglaublich exklusiv und altehrwürdig gehaltenen Illuminatenorden an Weishaupt übermitteln ließ, versorgten diesen überhaupt erst mit dem notwendigen organisatorischen Rüstzeug für ein größeres Ausschwärmen in die Gesellschaft. Zudem warb Knigge 1782 zahlreiche Mitglieder der Strikten Observanz für die Illuminaten ab, darunter den später bedeutsamen Johann Christoph Bode.
>>Innerhalb von knapp zwei Jahren, bis 1784, dehnten sich die Illuminaten fast über ganz West-, Mittel- und Teile Norddeutschlands aus… Bemerkenswerte Erfolge glückten in der deutschen und romanischen Schweiz, in der Habsburger Monarchie von Tirol und der Lombardei bis Ungarn, Mähren und vor allem in der Kaiserstadt Wien… Verheißungsvolle Ansätze gelangen in der mittel- und süditalienischen Staatenwelt, im polnisch-baltischen Raum, in Skandinavien.<< (Illuminatenorden: 25)
Laut Reinalter zählte der Orden auf dem “Höhepunkt seines Aufbaus” ca. 600 bis 700 Mitglieder in Deutschland, Österreich und Italien. (Illuminatenorden: 13) Mitgliederlisten, die insgesamt bis zu 4000 Namen führen, werden mittlerweile verworfen, da sie wahlweise vom Orden zur Aufplusterung gegenüber Aspiranten oder von Gegnern zur Skandalisierung angelegt worden waren.
>>Wenn dieser auf Unterwanderung und mittelbare Beherrschung von Staat, Kirche und öffentlicher Meinung abzielende grand dessein des Illuminatenordens gleichwohl bald scheiterte, dann nicht, weil Helfer oder Mittel gefehlt hätten. Vielmehr geriet der Orden selbst in eine wohl unvermeidliche tiefe Krise, da er sich in der hektischen Ausdehung übernahm und an politisch-ideologischen wie persönlichen Spannungen krankte.<< (Illuminatenorden: 26) In der Hauptsache traten durch das rasante Anwachsen die Konflikte zwischen drei grundverschiedenen Auffassungen zutage: der konservativen Prävention von Veränderung, der evolutionären Veränderung und der revolutionären Veränderung. Die Mehrheit der Neugewonnenen gehörte ganz klar der ersten Position an, Weishaupt und Knigge schwankten zwischen den ersten beiden Positionen, wenige wie vor allem Bode tendierten bereits zur dritten.
Peter Hacks schrieb in seinem seltsamen Band “Zur Romantik“, das “Hauptgeschäft der Illuminaten” hätte “wie das aller linken Organisationen … im Kampf gegen linken Radikalismus” bestanden. Dazu zitiert er eine Anweisung Weishaupts, in der das Festhalten an einem ganz bestimmten Plan und damit einem vorgegebenen Entwicklungstempo deutlich zum Ausdruck kommt:
>>Wenn ein Schriftsteller in einem öffentlichen gedruckten Buche Sätze lehrt, die, wenn sie auch wahr sind, noch nicht in unsern Plan passen, sondern zu früh kommen, so soll man den Schriftsteller zu gewinnen suchen, oder ihn verschreien.<< Es lassen sich in Weishaupts Schriften Hinweise auf verschiedene Konzeptionen von Reform finden. Er warnt vor einem Umsturz, der unvermeidlich wird, wenn diese Reformen nicht eingeleitet würden. So lange "die Quelle allen Uebels, der Mangel an Moralität ... im Gange ist, hilft alle Revolution nicht", denn die alten Tyrannen würden nur durch neue ersetzt werden. (Illuminatenorden: 285f.)
Diese Zitate wurden von seinen Historikerkollegen insbesondere gegen Schüttler ins Feld geführt, der im selben Sammelband schon Weishaupt den versteckten Aufruf zur Revolution unterschieben möchte. Doch die “Revolution, die der Aufklärer Weishaupt als Geheimbündler prognostizierte und vorbereiten half, war so eine Revolution des ‘Jahres 2440’, ausgeführt von den Guten unter Anleitung der Besten.” (Illuminatenorden: 218)
In seinen späteren Äußerungen glaubt Weishaupt nicht länger, “daß Fürsten und Nationen dereinst verschwinden, daß aller Unterschied der Stände aufhören werde.” Er vertritt nun deutlich keine Volksherrschaft mehr, vielmehr eine Aristokratie des Geistes. (Illuminatenorden 254ff.)
Knigge, der noch 1780 dem Gedanken an eine Revolution zugeneigt gewesen sein soll, äußert schon 1783 in einem Brief an Lavater: “Man muß durchaus der Freude entsagen, bey seinem Leben die Früchte einzuerndten…”
Bereits vor dem Einsetzen der staatlichen Verfolgung taten sich im Orden Risse inhaltlicher wie auch persönlicher Art auf. Knigge fühlte sich für seine enormen Dienste nicht angemessen gewürdigt, während Weishaupt in den von Knigge geworbenen prominenten Neumitgliedern, darunter mindestens vier Landesherren, eine Bedrohung für seine Machtposition erblickte. Knigge verließ den Orden 1784, in zeitlicher Nähe zum ersten gegen die Illuminaten gerichteten Edikt. Andere Mitglieder wandten sich vom Orden wegen seiner autoritären Verfaßtheit ab.
Ehe der Illuminatenorden zu einer politischen Macht hätte anwachsen können, geriet er wegen unüberbrückbarer Differenzen bezüglich innerer Organisation und Machtverteilung sowie hinsichtlich Anspruch und Ziel in die Krise.
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Teil I: Intention und Entstehung
Teil III: Verbot und Radikalisierung
Teil IV: Arrivieren und Nachwirken
August 27th, 2007 at 12:17
Noch weniger Identifikation!
August 27th, 2007 at 16:18
Was für ein irrelevanter Scheiss..clueless at its best.
August 27th, 2007 at 17:03
interessanter text, danke.
August 27th, 2007 at 17:06
@Hans
Der Alias ist irgendwie schon belegt und die Kommentare, die sonst darunter laufen, gefallen zumindest mir besser.
August 27th, 2007 at 21:45
Zitier ihn doch!