Sunday Video Show

October 14th, 2007

Bei Niklas Luhmann blinzelt lt. Lysis kurz die ideologische Herkunft durch:

(via Reaktionär Luhmann bei lysis)

Olivia Jones macht sich über die NPD lustig, was wie immer billig, an einigen Stellen aber auch charmant ist.

Ignaz zeigt die Ritters in Köthen und andere Jugendbanden.

Und zum Schluß ein kleiner Tanz. (Hat Tip: dan wei la.)

8 Responses to “Sunday Video Show”

  1. neuronal Says:

    Finde ich ja verblüffend, dass man Luhmann eine NS-nahestehende ideologische Grundlage anhängen kann. Okay, der späte (= der heute hauptsächlich gelehrte) Luhmann mag sich von dem von 1974 unterscheiden, aber die Haupteinflüsse seiner Theorie hat er – außer einer ziemlich radikalen Auslegung von Konstruktivismus – in seiner Zeit in Amerika aufgenommen: Parson’s zum Glück antiquierte Systemtheorie und die Von Förstersche Kybernetik. (Allerdings ist die Rezeption in D teilweise extrem merkwürdig: Selbst die deutsche Wikipedia bezeichnet systemtheoretische Begriffe wie z.B. Autopoiesis oder strukturelle Kopplung als Konzepte von Luhmann, obwohl er die von den Biologen Maturana/Varela fast 1:1 übernommen hat. Wurde auch in entsprechenden Soziologie-Veranstaltungen an der Uni nie erwähnt. Das führt dann dazu, dass Luhmann einerseits unangemessen auf einen Sockel gestellt und andererseits oft unvollständig verstanden wird.)

    Technokratisch finde ich ihn eigentlich nicht – er war wohl eher ein krasser Individualist (vielleicht ähnlich wie Bucky Fuller mit einem leicht autistischen Touch), der gerade darum einzelne Subjekte total aus seiner Gesellschaftstheorie rausnimmt. Wenn man schon über Motive spekulieren will, seh ich bei Luhmann eher einen intensiven Ordnungs- und Sortierungsdrang als irgendwie geartete poltische Ambitionen.

    Letztlich ist das eben eine zweischneidige Sache. Einerseits ist diese funktional ausdifferenzierte Gesellschaft ja eine Realität, der sich die meisten Menschen unterwerfen. Insofern hat das schon Sinn, diese Strukturen auch nüchtern zu beschreiben. Andererseits kann die Lektüre von systemtheoretischer Literatur ein bißchen depressiv machen, weil halt das diskordische Element, dass es ja auch noch gibt, total untern Tisch fällt.

  2. Hannes G. Says:

    Welcher ideologischen Abkunft soll denn Luhmann sein?
    Mich erinnern seine Aussagen ein wenig an die Hans Kelsens, der wissenschafltich auch kein Kriterium für die Unwahrheit der NS-Rechtsordung angeben konnte und wollte, weil Wissenschaft, so meint der Positivist, objektive Tatsachen und nicht subjektive Moral zum Gegenstand habe. Das sei Sache der Politik (und politisch bzw. “rechtspolitisch” [mit diesem Wort fängt seine Intervention gegen C.Schmitt an] hat Kelsen Partei gegen den NS ergriffen).
    Man kann diese postivistische Einstellung sonstwie beschissen finden, nationalsozialistisch ist sie nicht und auch nicht vom “Schlag der Begleitmusik, mit welcher die SS die Schreie ihrer Opfer zu übertönen liebte”, wie Adorno hinsichtlich des Positivismus behauptet.

  3. neuronal Says:

    Luhmann war überhaupt kein Positivist, er war Konstruktivist. Da gibt’s keine “objektiven Tatsachen”. Man kann die Systemtheorie, wahrscheinlich zum Horror der Positivisten, auch nicht falsifizieren, weil es die nötige Außenperspektive gar nicht gibt. Luhmann wußte selbst, dass er am Anfang ein paar zwar gezielte, aber auch anders denkbare Setzungen vorgenommen hat. Es ist auch nicht so, dass er sich als Wissenschaftler außerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge verortet hat.

    Es gibt bei Luhmann einfach kein (moralisches, ethisches, whatever) Zentrum, von dem aus man eine Kritik von Gesellschaftsformen ansetzen könnte. Das kann man wissenschaftstheoretisch gut oder schlecht finden. Aber wenn man Ideologie sucht, dann findet man eben auch Ideologie. (Was kein Vorwurf ist, ich versuche nur, die Perspektive ein bißchen auszugleichen.)

  4. Hannes G. Says:

    Bei Postivisten gibt es auch kein moralisches, ethisches, whatever Zentrum. Das ist die Gemeinsamkeit. Die Unterschiede, auf die du hinweist, leuchten mir ein. Interessant (und nicht mehr) wäre höchstens noch zu überprüfen, ob Positivisten auf dem im Rahmen der Gesellschaftswissenschaft nicht per se Konstruktivisten sein müssen. Wieder Bsp. Hans Kelsen: Was anderes als eine elegante Setztung ist die “Grundnorm” in der reinen Rechtslehre?

  5. neuronal Says:

    Der Positivismus hat eben ein noch problematischeres Zentrum, die “Wahrheit”, auf die der Wissenschaftler ein Monopol hat. Okay, man könnte es vielleicht so sehen, dass Luhmann versucht, Überreste des Positivismus zu retten, nachdem dieser letzte Anker abhanden gekommen ist. Aber dann bleibt ja trotzdem die Frage, ob Luhmann damit nicht auch ein paar Vorbehalte gegen Positivismus aufgelöst hat.

    Irgendwo hab ich die Beschreibung “Avantgarde-Konservativer” aufgeschnappt, das trifft den Mann jedenfalls besser als “Reaktionär”.

  6. godforgivesbigots Says:

    Hmm, das wirklich interessante Stichwort in diesem Videoclip kommt nicht von dem Wissenschaftler der für die Gewaltenteilung zwischen Wissenschaft und Politik argumentiert, sondern von dem Interviewer der dem Zeitgeist von Watergate entsprechend die Gefahr der “technokratischen Gesellschaft” (-00:50) in den Raum stellt.

    Aber für einen intellektuellen Amokläufer wie Lysis ist jeder der kein Aktivist ist ein Verdächtiger. Und wer als Aktivist auftritt, selbst wenn er Mahmoud Ahmedinajihad heißt, darf technokratischer sein als Niklas Sarkozy, ohne daß das Anstoß erregt.

  7. godforgivesbigots Says:

    Der NPDler der vom brasilianischen Karneval redet als die Tunte ihm das Mikrofon ins Gesicht schiebt hätte auch in jeder Berliner Hinterhofkneipe die Lacher auf seiner Seite. Udn den geplagten Nachbarn der Familie Ritter in der Köthener Angerstraße sollte mal jemand etwas Musik schenken. Und vielleicht gleich auch den tanzenden Kakadu dazu, für die Kameras.

  8. wdstckrd Says:

    ich hab das video mal bei megavideo hochgeladen, damit erspart ihr euch den umweg ueber rapidshare.

    http://www.megavideo.com/?v=H4V0NK7C

Leave a Reply

2MWW4N64EB9P