Über Abweichungen
December 18th, 2007Endlich mal abgetippt: diese schöne Auflistung von christlichen Häresien aus der titanic-Humorkritik, bei deren Lektüre es sofort in den Fingern juckt, Ähnliches für die kommunistischen “Abweichungen” zu kompilieren, was sich sicher ähnlich lustig lesen würde.
>>Lustiges Frühchristentum
Alle Hände voll zu tun hatte der Kirchenvater Epiphanius, der sich im 4. Jahrhundert n. Chr. als Bischof von Salamis und Metropolit von Zypern immer neuen Häresien und Ketzereien gegenübersah und “ihr gottloses Treiben als verderbenbringendes Gift” verdammte und bekämpfte. Bereits bei einer flüchtigen Heerschau über die allerwichtigsten, hier alphabetisch sortierten Gruppierungen von Glaubensabweichlern auf der Abschußliste des Bischofs erblicken wir Adamianer, Aloger, Angeliker, Anomäer, Antidikomarianiten (“welche meinen, Maria, die immerwährende Jungfrau, habe nach Christi Geburt mit Joseph ehelichen Umgang gepflogen”), Apotaktiker, Appeleianer, Archontiker, Arianer, Audianer, Bardesianisten, Basilidianer, Borbalianer, Dimöriten (“welche die vollkommene Menschheit Christi leugnen und auch Apollinaristen heißen”), Dositheer, Ebionäer, Enkratiten, Epikureer, Essener, Gorthener, Hemerobaptisten, Herakleoniten, Herodianer, Hierakiten, Kaianer, Karpokratiten, Kataphrygier, Katharer, Kerdonianer, Kerinthianer, Koddianer, Kollyridianer, Kolorbasier, Lukianisten, Manichäer, Markellianer, Markioner, Markosier, Massalianer, Melchisedekianer, Meletianer (“welche die Spaltung in Ägypten verursachten”), Menandriner, Nassaräner, Naziräer, Nikolaiten, Noetianer, Ophiten, Origenisten, Ossäer, Pepuzianer, Pharisäer, Phibioniten, Photinianer, Platoniker, Pneumatomachen (“welche den Hl. Geist lästern”), Ptolemäer, Pythagoräer, Sabbelianer, Sadduzäer, Samphäer, Saturnilianer, Sebuäer, Sekundianer, Semiarianer, Sethianer, Severianer, Simonianer, Sokratiten, Stoiker, Stratiotiker, Taskodrugiten, Tatianer, Tessarakaidekatiten (“welche Ostern immer am selben Tage des Jahres feiern”), Theodotianer, Valentiner, Valesier und Zakchäer.
Heiliger Strohsack! Es muß eine Heidenarbeit gewesen sein, all diese verirrten, wirr und wild durcheinander blökenden Schäfchen wieder einzufangen und sie in den Schoß der Una Ecclesia Sancta zurückzutreiben. Epiphanius von Salamis dürfte dabei, um Stephen King zu zitieren, geschuftet haben “wie ein einarmiger Tapezierer”. Ewig schade, daß es bei Youtube keinen Videoclip gibt, der zeigt, wie dem alten Epiphanius bei der Nachricht von einer weiteren Abspaltung in Trapezunt oder Knossos die Gesichtszüge eintgleisen. Ich gäb’ was drum!<<
December 19th, 2007 at 17:18
Ja die Urchristen waren schon ein lustiger Haufen.
Eine revolutionäre Bewegung aus dem Innersten einer untergehenden Supermacht verbleibt als möglicher Träger der Zivilisation. Erstmals in der Geschichte bietet sich damit ein Ausweg aus dem Teufelskreis des immerwährenden Aufstiegs und Falls immer neuer Imperien, dem Stolpern der Menschheit von einer Totalamnesie in die nächste, hin zu einem neuen Mindeststandard. Während das Imperium um es herum langsam zerfällt, wird das Urchristentum zum Gravitationszentrum seiner Trümmer und steht dem Weltgeist unvermittelt gegenüber. Nach dem Ende der urbanen Kultur in Europa ist es damit nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die ersten Barbarenhäuptlinge aus machtpolitischen Konkurrenzgründen dem bereits durch die Assimilation der römischen Macht deformierten Zentralkult anschließen und, indem sie ihn zur Ideologie ihrer Untertanen machen, diesen fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln. Mit der Schlacht von 496, deren Ort trotz relativ verlässlicher Kenntnisse über den Stand der militärischen Technologie dieser Zeit bis heute vergessen ist, setzt die gewaltsame Christianisierung von oben ein, das oftmals so genannte Mittelalter, währenddessen die destruktive Parodie dieses Geschehens, der Islam auf der Weltbühne erscheint.
December 19th, 2007 at 22:46
Was gab es denn da so alles? Kautskyaner, Brandleristen, Revisionisten (welche die Revolution lästern), Sinowjewisten, Bucharinisten, Trotzkisten, Stalinisten, Anarchisten (welche die Rolle des Staates lästern und die Diktatur des Proletariats verworfen haben), Linksabweichler, Rechtsabweichler, die Arbeiteropposition, der Block der Rechten und Trotzkisten (welcher für die Faschisten mordete), die Gorbatschowisten, die Titoisten, die Dubcek-Leute…
Dann halt noch abhängig vom Standpunkt – werden die Abweichungen vom der Tscheka, von der GPU, vom KGB, von der Stasi, von einer K-Gruppe oder gar von antideutschen Kommunisten (was die Liste viel länger und auch abwechslungsreicher machen würde) aufgeführt?
December 19th, 2007 at 22:49
🙂
Auch keine schlechte Idee wäre eine Liste der Ketzereien gegen den Warenkult as listed by liberale Renegaten.
December 20th, 2007 at 12:49
Zur Führung einer solchen Liste ist jeder Papst berechtigt.
December 20th, 2007 at 14:44
Bzw. Mamst.
December 20th, 2007 at 15:51
Ich finde, wer Ostern immer am gleichen Tag jeden Jahres feiert, gehört auch echt den Löwen vorgeworfen.
December 21st, 2007 at 00:02
Dumm nur dass laut Müller-Maguhn der Diskordianismus eine Form des (sufistischen) Islam ist.