Kein Geld zum Essen

November 22nd, 2010

>>Weltweit hungern 925 Millionen Menschen, etwa 16 Prozent der Weltbevölkerung. 2009 hatte die Zahl der Hungernden noch über einer Milliarde gelegen, wie der Welthunger-Index festhält. Das sei der Rekord seit Einführung des Index 1970 gewesen. Dieses Jahr sterben 2,2 Millionen Kinder durch Mangel- und Unterernährung, alle sechs Sekunden ein Kind. (…)

Demnach ist ein Drittel der Kleinkinder (195 Millionen) in Afrika und Südasien unterentwickelt, ein Viertel (129 Millionen) stark untergewichtig. Bereits in der Schwangerschaft bekämen ihre Mütter
zu wenig Nahrung. (…) Die Welthungerhilfe appellierte deshalb an die Regierungen, mehr in die landwirtschaftliche Entwicklung und in Bildungsprogramme zu investieren.

Die Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam machte dagegen das „Land Grabbing“ als Hauptursache für den Hunger in der Welt verantwortlich. Investoren hätten allein in den vergangenen beiden Jahren 45 Millionen Hektar in armen Ländern aufgekauft, die nicht mehr für die Agrarproduktion zur Verfügung stünden. Die Fläche
entspreche etwa der Größe Schwedens.
<< (zitiert aus: Haiti-Kinderhilfe-Rundbrief #33)

Ergänzend dazu noch mal der GSP:

>>Lebensmittel werden immer reichlicher hergestellt, und “dennoch” wächst die Lebensmittelknappheit. Genug Lebensmittel wären für die Hungernden schon da; das einzige, was ihnen fehlt, ist der “Zugang” – dass damit das Geld gemeint ist, ist jedem so klar, dass man es gar nicht explizit aussprechen muss. So zeigt sich, dass Geldverdienen und nicht Versorgung der ausschließliche Zweck der Herstellung von Bedarfsgütern ist; marktwirtschaftliche Armut, Hunger und Elend verdanken sich allein dieser Zweckbestimmung der Produktion. Um sie aus der Welt zu schaffen, muss foglich der herrschende Produktionszweck, das private Geldverdienen, durch eine planmäßige Versorgung der Leute mit Dingen ihres Bedarfs ersetzt werden. Oder?

Der marktwirtschaftliche Sachverstand denkt anders: Wenn schon alles nur gegen Geld zu haben ist – die Lebensmittelknappheit zahlungsunfähiger Menschen gilt ihm als selbstverständlichste Grundtatsache allen Wirtschaftens -, dann brauchen die Armen nichts anderes als Geld. Nur fehlendes Geld verhindert, dass die produzierten Güter dorthin gelangen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.; sobald es da ist, ermöglicht es den Zugang. Wenn Hunger in Geldmangel übersetzt ist, dann heißt das erste Bedürfnis der Armen: eine erfolgreiche Geldwirtschaft muss her! Erst einmal müssen mehr Geschäfte laufen, bevor sich der elende Teil der Menschheit Hoffnung machen kann. Milliarden hungernder Menschen beweisen, wie unverzichtbar ein in Geld bilanziertes Wirtschaftswachstum ist.<<


Global Hunger Index Map 2010

8 Responses to “Kein Geld zum Essen”

  1. egal Says:

    die Hungerkeule ist gar kein “taugliches” Argument, da das den meisten Menschen, die sich im Kapitalismus eingerichtet haben schlichtweg egal ist. Und die paar debilen christlichen Gutmenschen sind eh erklärungsresistent und wollen gar nichts wissen – denen reicht ihr Glauben.

  2. egal Says:

    deswegen braucht man letztendlich auch keinen antideutschen HistoMat (Dialektik der Aufklärung, blabla Demokratie blabla), oder positivistischen gsp’ler Egoismus; sondern eine proletarische Moral, um Leute dazu zu bringen Hunger woanders auf der Welt abzuschaffen.

  3. Petra Says:

    Ich als “debiler christlicher Gutmensch” freue mich über diesen differenzierten, moralisch hochwertigen Kommentar, der so gar nicht diskriminerend ist und möchte an dieser Stelle mal anmerken, dass “der Glaube reicht” in diesem Fall recht unpassend ist, denn wer wahrhaft glaubt, dem ist es nämlich nicht egal, der sieht gerade durch seinen Glauben die persönliche Pflicht sich politisch zu engagieren, sich für Gerechtigkeit einzusetzen.

  4. bigmouth Says:

    was ist denn eine “proletarische moral”, und inwiefern unterscheidet die sich in ihrer prämissensetzung notwendig von bürgerlichen ethiksystemen, wie etwa präferenzutilitarismus?

  5. posiputt Says:

    ich habe gestern beim blaettern durch einen etwas aelteren “spiegel” (ich glaube von september) die gleiche grafik gesehen, abgesehen davon, dass “industrialized country”, “no data” und “low” zusammengefasst weisz waren. sah gleich viel harmloser aus.

  6. Donauwelle Says:

    Der Hunger ist dort am übelsten wo die wichtigste landwirtschaftliche Ressource bis zum heutigen Tag am reichlichsten vorhanden ist: intakte Saatgutkreisläufe. Die Probleme treten da am krassesten zutage wo ausgewogene Subsistenzwirtschaften und globale Märkte aufeinandertreffen, sowie im Innersten der prekären Monokulturen: Durch den Verlust der Souveränität über die Saatgutkreisläufe ist die Landwirtschaft in den Industriegesellschaften in eine existenzielle Abhängigkeit vom Exportwahn geraten. Bauern die nicht mehr in der Lage sind ihr eigenes Saatgut zu pflegen wagen nicht die Konzerne zu kritisieren auf die sie betriebsbedingt angewiesen sind. Wenn aus den schon jetzt höchst anfälligen Monokulturen nicht auch noch vergiftete Eingenerationenschöpfungen werden sollen wie es die Gentechnikindustrie gerne hätte ist der Rest der Welt zwecks Rückdiversifizierung seiner Nutzpflanzenbestände darauf angewiesen dass alle noch intakten Saatgutkreisläufe unbedingt erhalten bleiben, d. h. weder einer Auszehrung erliegen noch durch Dumpingkonkurrenz verdrängt werden. Insofern ist das Gentechnikurteil wenigtens ein symbolischer Schritt gegen die “Planwirtschaft der Evolution.”

  7. Jacob Says:

    @bigmouth
    vielleicht meint er mit Proletarischer Moral die Solidarität die der Moral vorrausgeht-

  8. egal Says:

    ja die Christen treten für Gerechtigkeit ein, und spenden – das ist das gerade Gegenteil der Abschaffung des Hungers. Den Christen reicht die Beruhigung des Gewissens durch eine Spende. Den Hunger Abschaffen geht nur über Solidarität, das meine ich mit “proletarischer Moral”. Denn das würde auch implizieren, den eigenen Lebensstandard bissl runter zu schrauben (Lebensstandard runter schrauben in einer sozialistischen Planwirtschaft – nicht durch Konsumverzicht im Kapitalismus).

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