Status-Posting 2: Deutschland, aus der Ferne

October 4th, 2013

Abstand gewinnen – und feststellen, es sieht so schrecklich aus wie aus der Nähe.

Das Land bespiegelt sich selbst, wählt sich selbst, wirkt von außen wie eine Monarchie mit absurdem Hofstaat – daß im Rest des Kontinents und auch darüber hinaus Verachtung und Angst vorherrschen und wohl noch die positivste auffindbare Position die Anbiederung ist, wird offenbar nicht mal mehr hingenommen oder als Ausweis der eigenen Überlegenheit gewertet, sondern scheint wohl schlichtweg egal. Rassismus bleibt Routine, Arbeit bleibt die Religion, gegen irgendwas können sich alle immer noch irgendwie abgrenzen und als bessere Deutsche ansehen, und sei es der Umstand, daß beim Oktoberfest andere, nicht sie selbst!, Alkohol trinken, kotzen und öffentlich rummachen.

Was machen die, die was dagegen haben könnten oder müßten? Die Gelegenheit, anläßlich eines Nicht-Vorfalls selbstverwaltete Zentren, ihre für sich selbst beschlossenen Regeln und Themen zu bashen und zu verspotten, wird übergreifend vom liberal-antideutschen Stammtisch bis zu Alternativmusikern und anderen Distinktionslinken weidlich genutzt, und nicht wenige, die ich als Verbündete ansah, stimmen mit ein. Andere sind darin verwickelt, sich mit dieser Unverständnis-Lawine rumzuschlagen und die wüst zusammengeworfenen “Vorfälle”, Positionen und Gruppen dabei auseinanderzuhalten.

Und die sich besonders deutsch Empfindenden, dort, wo sie ohnehin fast unter sich sind, rufen gegen die wenigen, die gezwungen sind, in ihre Städte zu kommen, “Wir sind das Volk.”

4 Responses to “Status-Posting 2: Deutschland, aus der Ferne”

  1. Kai Says:

    Sind “sich selbst beschlossenen Regeln und Themen” etwas sakrales? Was soll Verbündet-sein bedeuten? Keine Kritik? Nur “JAWOLL, SIR!!!” Alles richtig finden?
    Ne, Daniel. Seit ein paar Jahren kommen vermehrt Ideologen daher, die vehement neue Benimmregeln etablieren wollen und das unter dem Deckmantel des “irgendwer könnte sich getriggert fühlen”. Kennst du jemanden, der nicht mehr schwimmen geht, der nicht mehr in Parks geht, der kein Fernsehen mehr guckt, keine Internetseiten mehr aufruft, weil ihm überall Männer mit nacktem Oberkörper begegnen können? Wahrscheinlich kennt niemand so jemanden, sofern er nicht in einer Psychiatrie lebt oder arbeitet. Aber eine solche Regelung, darf dann nicht kritisiert werden?
    Z.B. macht es doch einen grundlegenden Unterschied, ob sich Typen zum Pogen das T-Shirt ausziehen, das restliche Publikum also damit in direkte Berührung kommen kann oder ob jemand verdeckt hinter seinem Schlagzeug sitzt. Aber so einen Unterschied kann aus deiner “Verbündeten”-Sicht gar nicht mehr diskutiert werden, denn es könnte sich ja jemand getriggert fühlen…
    Es könnte sich von allem jemand getriggert fühlen, das ist der Punkt. Es ist ein Totschlagargument, mit dem man jedes Verbot begründen kann. Dass du das hier nicht kritischer siehst, weil es dir politisch noch akzeptabel erscheint, ist verständlich. Spätestens wenn sich ein paar Antisemiten von deiner Haltung zu Israel getriggert fühlen, wirst du eine solche Argumentation wohl überdenken.

  2. classless Says:

    “Sind “sich selbst beschlossenen Regeln und Themen” etwas sakrales? Was soll Verbündet-sein bedeuten? Keine Kritik? Nur “JAWOLL, SIR!!!” Alles richtig finden?”

    Zweimal nein, und ziemlich genau das meine ich.

  3. Hierarchieallergie Says:

    https://www.youtube.com/watch?v=z31BzOrXM7s

  4. Hierarchieallergie Says:

    @classless – Da zeigt sich eine äußerst unprofessionelle Reaktion, die Schwierigkeiten im Alltag sind ganz anders gelagert: Die Person macht sich nicht bewußt dass sich dabei der gefühlte Umraum erweitert und Annäherungsempfindungen niederschwelliger einsetzen. Und in einem AZ kommt das besonders einseitig zur Geltung weil der ideell offene Raum materiell geschlossen ist. Das eigentlich Erschreckende ist das unreflektierte Gekläff wenn gelegentlich mal eine verunsicherte Person die Notbremse betätigt hat um sich davon zu überzeugen dass sie noch funktioniert. Diese Achtsamkeitsmechanismen sind doch gerade deswegen eingeführt worden um gemeinschaftlich daraus zu lernen.

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