Trotzkismus im Grünen
December 15th, 2014Eine Woche nach dem “Acto” der PTS und einen Tag nach den nationalen Feierlichkeiten zum Jahrestag des Endes der letzten argentinischen Militärdiktatur vor 31 Jahren hielt die PO, die größte der drei trotzkistischen Parteien im FIT-Bündnis, ihr großes Jahresendtreffen in Form eines “Picnic” im wohlhabenden Norden von Buenos Aires ab. Zunächst war es ein bißchen lustig, vom Altherrenpodium den Großen Vorsitzenden Altamira sagen zu hören, daß die PO neben allem anderen, was sie und nur sie in den Jahrzehnten ihres Bestehens richtig analysiert, eingeschätzt und vorhergesehen habe, auch die einzige linksradikale Kraft sei, die in der Lage war, den generation gap zu überbrücken. Es wirkte, als wäre eine trotzkistische Version der “konkret” keine Zeitschrift, sondern eine Partei, und Gremliza würde nicht Editorials, Leitartikel und Expresskolumnen schreiben, sondern diese als Parteipolitik von der großen Bühne verkünden.
Dann trat aber zwischen dem Podium und Altamiras Abschlußansprache (in der es wieder darum zu gehen schien, was er alles einst richtig analysiert und vorhergesagt hat) Miss Bolivia auf, die so ziemlich das Queerste ist, was in Argentinien gerade an Pop läuft – bisexuelle Inszenierung mit viel drastischem Slang zu Slum-Musik – und der Linie und dem Stil der PO ziemlich kraß zuwiderläuft: deutlich pro Cannabis, offen feindselig gegen Cops, die Frauen vorn auf der Bühne. Sie widmete ihr schickes Fuck-Off-Lied “Tomate el Palo” den “Institutionen, die die politische Unabhängigkeit der Arbeiter” bekämpfen und endete mit einer Ansage zu Mexico gegen das “Verschwindenlassen” von Menschen, egal “ob in Diktatur oder Demokratie”.
Das war möglicherweise der größte denkbare Culture Clash, und irgendwie machte dieses Nebeneinander von großväterlicher, unangenehm kerliger Belehrung und diesem passend-unpassenden musikalischen Auftritt die ganze Veranstaltung insgesamt doch sympathischer weil einfach weniger durchorganisiert und viel widersprüchlicher als die der PTS.
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