Republikgeburtstag – 66 Jahre DDR-Gründung
October 7th, 2015Heute vor 66 Jahren wurde der Staat gegründet, in dem ich geboren wurde und meine Kindheit verbracht habe – und den es seit 25 Jahren nicht mehr gibt.
Aus der “Kinderland”-Ausstellung im Neurotitan
Seit seinem Ende hat mehr als eine Million Menschen sein ehemaliges Staatsgebiet verlassen, ganze Ortschaften sind verschwunden, Tausende Betriebe wurden stillgelegt, Ausflugsziele zu Hotels privatisiert. Vielerorts sind die Abenteuerlustigen und gut Ausgebildeten zum großen Teil gegangen, und zurück blieben vor allem die Heimatverbundenen, die nicht gehen wollen, und die Ängstlichen, die anderswo keine Chance für sich sehen.
Die anfänglichen Proteste, Besetzungen und Experimente der Umschwungszeit wurden ignoriert, geräumt und weggekauft. Die bald aufflammenden rassistischen Unruhen hingegen wurden geduldet, gefördert und in Form von Grundgesetzänderung und Flüchtlingspolitik “belohnt”. Das Wirken des Bundesgrenzschutzes hatte einen ähnlichen Effekt auf die grenznahen Gebiete wie in Bayern.
Heute ist der Osten immer noch kinderfreundlicher und weniger religiös, doch sind ganze Landstriche in der Hand von rassistischen Gruppen, offen auftretenden Nazis und anderen aggressiv Abgehängten, deren Agieren oft von der Lokalpolitik vertuscht und von der Staatsgewalt gedeckt wird.
In der DDR gab es Frauenvollbeschäftigung, polytechnischen Unterricht für fast alle, legale Abtreibung und das kommunistische Glücksversprechen, daß eines Tages alle kriegen, was sie brauchen, daß “rings der Mensch die Bruderhand dem Menschen reicht, trotz alledem“; und es gab zu wenig öffentlich politischen Raum, zu viele Nazis, zu wenig Arbeiterkontrolle über die Produktion, zu viel Partei, zu wenig Vietcong und zu viel Arafat. Wie in vielen Ländern der Welt wurde es um 1970 herum schon mal viel besser, und das aufregendste und hoffnungsvollste Jahr der DDR war sicherlich ihr letztes – in den Worten von Daniela Dahn hörte die DDR auf, als sie gerade anfing, Spaß zu machen.
Vor drei Jahren war ich in der Nacht zum 7. Oktober auf einer Geburtstagsparty und wurde gebeten, um Mitternacht ein passendes Youtube-Stück zum Republikgeburtstag anzumachen – also spielte ich “Da sind wir aber immer noch” vom Oktoberklub. Ein griechischer Partygast sah die Fahne auf dem Bildschirm und insistierte nun, daß die DDR doch ganz furchtbar war. Ich überlegte, wie ich so kurz wie möglich darauf antworten konnte, und entschied mich für: “Heute ist es Scheiße ohne Grund, damals war es Scheiße mit Grund.”
Die inoffizielle Nationalhymne
Tja – Stalin-Verehrer Hans-Jürgen Westphal hält die Fahne hoch
Und es geht noch viel grenzwertiger: Singegruppe der Grenztruppen
Ganz gute Zusammenfassung: Pisse “Scheiß DDR”
Und noch was halbwegs Vertretbares zum Schluß
October 7th, 2015 at 10:48
Dem ist nichts hinzuzufügen.
October 7th, 2015 at 11:39
Ähm, danke – oder: warum eigentlich nicht…?
October 7th, 2015 at 22:19
[…] wollt, müsst Ihr bei der „Kommunistischen Initiative“ schauen. Interessanter ist aber dieser Text, der dem, was ich empfinde ziemlich nahe […]
October 18th, 2015 at 12:45
hier die Diskussion zum Posting bei Facebook:
https://www.facebook.com/classlesskulla/posts/10156115809855481