“100 Jahre Sozialpartnerschaft!”
November 15th, 2018“100 Jahre Sozialpartnerschaft!” trompetet es heute aus Anlass des Jahrestages des Stinnes-Legien-Abkommens – in diesem eigenmächtig geschlossenen Abkommen ging es darum, das Privateigentum an den Produktionsmitteln zu sichern, die von der ganzen Revolution aufgeworfene Sozialisierung zu vereiteln und im Gegenzug ein paar Zugeständnisse an die Großgewerkschaften zu machen, die gerade im Krieg noch Streikende als Terroristen diffamiert und ans Militär verpfiffen hatten.
Zu den Akteuren: “Im Ersten Weltkrieg wurde Stinnes … zu einem der wichtigsten Kriegslieferanten für das deutsche Heer. … aggressive „Germanisierung“ der belgischen Rohstoffvorkommen. Zusammen mit anderen deutschen Industriellen wie Walther Rathenau und Carl Duisberg forderte er schließlich die deutsche Regierung auf, nicht nur Rohstoffe und Maschinen gewaltsam aus Belgien zu beschaffen, sondern auch die dringend benötigten Arbeitskräfte. Dies führte zur Deportation zehntausender belgischer Zivilisten, die zur Zwangsarbeit in Industrie und Bergbau nach Deutschland verschleppt wurden … Trotz dieser Verluste kontrollierte Stinnes in der Weimarer Republik … einen beachtlichen Teil der deutschen Wirtschaft… 1919 sicherte Stinnes der Friedensverhandlungen ablehnenden Deutschen Vaterlandspartei die Unterstützung des Kohlen-Syndikats…
Durch den von ihm am 10. Januar 1919 auf einem Treffen der Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft in revolutionären Berlin vorgeschlagen und gegründeten Antibolschewistenfonds mit einem Nominalvolumen von 500 Millionen Reichsmark und einer Sofortkreditierung des Fonds in Höhe von 50 Millionen wurde die militärische Niederschlagung des ‘Spartakusaufstandes’ durch Freikorps gefördert und antibolschewistischen Propaganda, im Wesentlichen nationalistische Propaganda und Parteien finanziert.”
Und von Gewerkschaftsseite: “Legien hatte im Weltkrieg den Beschluss auf Streikverzicht unterstützt und sah den Krieg als nationale Aufgabe, für die er jedoch Gegenleistungen des Staates erwartete. Er war bereits gegen Ende des Ersten Weltkrieges führend an den Verhandlungen um die Zentralarbeitsgemeinschaft mit Vertretern der Industrie beteiligt.”
Zum Abkommen: “Was für die Gewerkschaften als ein Vertragswerk von grundsätzlicher Bedeutung für den Wandel im Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit galt, war für die Unternehmer ein Not- und Zweckbündnis. Aus Furcht vor einer Sozialisierung ihrer Fabriken in der Novemberrevolution hatten sie, wenige Tage nach Ausbruch der Revolution (9. November), das Abkommen unterzeichnet. ‘Die Großindustriellen waren in schwerster Sorge vor einer kommenden Sozialisierung […] Sie waren zu allem bereit, wenn sie nur ihr Eigentum behielten.’”
Am 14. November 1155 vor der christlichen Zeitrechnung soll der erste Streik der Menschheitsgeschichte stattgefunden haben – 3000 Jahre später endlich die gute deutsche Sozialpartnerschaft zwischen dem guten deutschen Kapital und den guten deutschen Gewerkschaften!
(Ich danke der Facebookpräsenz des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, unter dessen Jubiläumsposting ich für die Diskussion das Material für diesen Beitrag gesammelt habe – sie halten den Hinweis auf ihre Verbrechensgeschichte für “Phantomschmerz” und meinen, der Klassenkampf, den sie führen, sei schon vorbei… Schaut mal rein!)
Alle Postings zur Revolution: Revolution in Deutschland 1918-23.
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