Märzkämpfe 1921, Teil IV – 13. März: Vereitelter Anschlag auf die Siegessäule
March 13th, 2021Am 13. März 1921 wird im Inneren der Siegessäule in Berlin ein Pappkarton mit sechs Kilogramm Dynamit und Pitrin der Anhaltischen Sprengwerke, eingeschlagen in eine Hettstedter Zeitung, entdeckt. Auch wenn schnell Angehörige der außerparlamentarischen KPD-Abspaltung KAPD als diejenigen ausgemacht sind, die die Bombe deponierten, und sie schon wenige Tage später verhaftet werden, intensiviert der Fund die Vorbereitungen für die seit Wochen geplante Polizeiaktion, die sich gegen die VKPD-Hochburg und den Arbeiterwiderstand in Mitteldeutschland richtet und in der Woche vor den arbeitsfreien Osterfeiertagen starten soll.
Schon tags zuvor verlangt Leuna-Direktor Oster offiziell vom Merseburger Regierungspräsidenten staatlichen Schutz und warnt die BASF-Zentrale vor einer möglichen Besetzung und Stillegung der Leuna-Werke. Nun am 13. März konkretisiert der Oberpräsident der preußischen Provinz Sachsen Otto Hörsing (SPD) nach einem Treffen mit Oster in Magdeburg das Vorgehen der Staatsgewalt, zum Angriff gegen das Mansfelder Revier um Eisleben und Hettstedt unter der Bezeichnung Kohlensache kommt jetzt ein zweiter Schlag gegen Leuna und das Geiseltal, die Frühjahrsreise.
Die schwerbewaffneten Polizeitruppen werden bereitgestellt, am 14. März auf einer Konferenz in Merseburg die begleitende Öffentlichkeitskampagne endgültig beschlossen. Deren Kernstück bildet ein Aufruf Hörsings, der die angeblich eskalierende Kriminalität in der Region ins Zentrum stellt. Am 15. März wird der Aufruf an die Provinzpresse und die Landräte ausgegeben, am 16. und 17. März veröffentlichen ihn die regionale und teilweise auch die überregionale Presse.
In Hamburg verpflichten sich am 14. März KAPD und VKPD zur Bildung gemeinsamer Aktionsausschüsse für den Fall gegen Ende des Monats anvisierter revolutionärer Aktionen. Die neue VKPD-Führung, die die gewachsene Stärke der Partei für eine militante Offensive nutzen will, nähert sich vorübergehend wieder der KAPD an, die aus den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre die Fähigkeit zum bewaffneten Kampf betont.
Gerade im März 1920 hatten der reichsweite Generalstreik und die militanten Aktionen zur Entwaffnung der konterrevolutionären Putschtruppen vielerorts zusammengewirkt, was aus Sicht der unmittelbar danach von enttäuschten KPDlern gegründeten KAPD seither durch die stärker parlamentarische Orientierung der KPD immer weniger möglich schien. Die KAPD ist entsprechend dort stark, wo die Arbeiter teilweise noch bewaffnet sind oder wo sie wieder bewaffnet kämpfen wollen. In der KAPD sammeln sich außerdem Kräfte, die gegen die sowjetische Linie von Zentralisierung und Parteiherrschaft weiter auf Räte-Selbstorganisation setzen. Dennoch ist die KAPD zusätzliches Mitglied der Kommunistischen Internationale (Komintern).
Von der öffentlichen Ankündigung des Polizei-Einmarsches werden jedoch KAPD wie VKPD überrascht und sehen sich zu überstürzten Gegenmaßnahmen gezwungen. Komintern-Gesandter Béla Kun, der seit Anfang März in Berlin für revolutionäre Aktion wirbt, ruft zur schnellstmöglichen Bewaffnung auf: „Ein jeder Arbeiter pfeift auf das Gesetz und erwirbt sich eine Waffe, wo er sie findet.“
Märzkämpfe 1921, Teil I – 20. Februar, Kommunistischer Wahlerfolg in Mitteldeutschland
Märzkämpfe 1921, Teil II – 24. Februar, VKPD-Führung legt Ämter nieder
Märzkämpfe 1921, Teil III – 1. März: Kriminalisierung von Armut und Widerstand
Übersicht über die bisherigen Postings zur Revolution in Deutschland 1918-23
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