Drei doppelte Kurze: Aerosolforschung, Impfung, Arbeit
April 22nd, 2021Die Gesellschaft für Aerosolforschung warb am 11. April in einem Offenen Brief an die Regierung für wirksamere Maßnahmen zum Pandemieschutz in Innenräumen und z.T. auch an Arbeitsplätzen (genannt wurden nur Büros). Im erklärten Versuch, damit Hoffnung zu machen und vor allem sportliche Betätigung zu stärken, wurde Infektion im Freien als besonders unwahrscheinlich betont, was im Kontext von Frühlingsanfang und Diskussionen um die Ausgangssperre von vielen als generelle Entwarnung verstanden wurde (“Die Luft ist rein!”). Das Ansteckungsrisiko ist zwar grundsätzlich draußen deutlich geringer als drinnen, aber das ist abhängig von der Zahl der Menschen, mit denen draußen in welchem Abstand, wie lange und wie interagiert wird – und es ist bisher nicht ganz aufgeklärt, ein grpßer Teil der Infektionswege sind nach wie vor nicht bekannt.
Impfungen verringern das Ansteckungsrisiko ebenfalls drastisch, aber ebenfalls nicht auf null, auch hier ist vieles noch nicht klar, z.B. was Mutationen und die Dauer des Impfschutzes angeht. Wirksamkeit und Zuverlässigkeit von Impfungen zu bewerben, um Impfunwillige und Unentschiedene umzustimmen, ist wohl leider nötig; die Betonung des Schutzes vor weiteren Infektionen scheint jedoch teilweise als ähnliche Entwarnung wie der Brief der Aerosolforschung zu funktionieren. Unbedingt sollten sich alle impfen lassen, die können, und die Freude darüber ist mehr als verständlich, es sind jedoch erst 7 Prozent der deutschen Bevölkerung vollständig geimpft, 22 Prozent einmal (global kommen 12 Impfungen auf 100 Menschen, und die sind extrem ungleich verteilt) – es wird noch mindestens große Teile des restlichen Jahres dauern. Momentan rollt die Pandemie noch durch die Welt, also bitte, bitte weiter Abstand halten, Kontakte reduzieren usw. Wie in der “Stay at home”-Diskussion vor einem Jahr ist es bitter extra dazu sagen zu müssen, dass es darum gehen muss, dass alle tun, was sie können, dass alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Handlungsoptionen aufpassen und sich gegenseitig schützen, nicht darum, ohne Beachtung von Besonderheiten, Notlagen usw. Forderungen aneinander heranzutragen oder in den Tugendwettbewerb einzusteigen.
Gegenseitiger Schutz beinhaltet auch politische Aktion um die Bedingungen zu ändern, Streik um stärker in die Betriebe und Büros einzugreifen. “Es wäre ja mal schön, wenn gestreikt werden würde” oder “Generalstreik jetzt!” ist viel häufiger zu lesen und zu hören, als die Verbindung zur Organisation aller Arbeitskräfte vor Ort, in Betrieb und Küche vor der Nase, hergestellt wird: sich für die bezahlten und unbezahlten Arbeitsverhältnisse um einen herum interessieren, was Bekannte oder Unbekannte da tun, wie es ihnen damit geht und warum, wie sie organisiert sind oder nicht; sich für die örtliche Gewerkschaftssituation interessieren, nach Möglichkeit mitwirken, diejenigen unterstützen, die was tun (gerade wenn die Kräfteverhältnisse ungünstig aussehen) – wenn die reguläre Gewerkschaft wenig bewegt, dann die FAU, idealerweise beides; die Perspektive der Arbeitskräfte einnehmen, ihre Nachrichten verstärken usw. usf.
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