Berlin -> Hamburg
April 7th, 2008Blödes Problem: andere Tramper.
Wir zwei Hübschen standen mit großem und schön gemaltem Schild an der oft erprobten Stelle – und ein paar Meter vor uns standen zwei Hörste mit Hut und Skateboard, die irgendwie den Eindruck erweckten, als würden sie vermeiden wollen, mitgenommen zu werden.
Als es nach einer Weile anfing zu regnen, steuerten wir den KFC an der nächsten Ecke an. Als wir an den Hörsten vorbeiliefen, fragten der eine, ob sie unser Schild haben könnten. Auf meinen Erwiderungsblick hin fügte er hinzu: “Wir lassen es euch dann auch liegen.”
Wie auch immer sie es geschafft haben – als wir vom Imbiß zurückkehrten, waren sie verschwunden und wir saßen wenige Minuten später bei einem verhinderten Schiffbauer im Auto, der zunächst gar nicht uninteressante Dinge über Energiewirtschaft und Dünensegeln zu berichten wußte, sich im weiteren Verlauf jedoch besonders über die natürliche Notwendigkeit der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung ausließ.
Erst argumentierte er gegen die Planwirtschaft, weil sie zu unfrei sei und alles vorausplanen würde. Als ich ihm zu erklären versuchte, daß es einen Unterschied zwischen Planwirtschaft und Kommandowirtschaft gibt und es bei ersterer – zumindest von der Idee her – darum ginge, daß alles zu Planende von allen Beteiligten und Betroffenen geplant wird, meinte er nun, ohne Kommando ginge es nicht.
April 7th, 2008 at 00:54
Und, habt ihr euer Schild nun verliehen, oder nicht?
Und seid ihr noch in Hamburg?
April 7th, 2008 at 03:23
Nur aus Interesse: Welche Stelle ist gemeint?
April 7th, 2008 at 10:29
Mach es doch wie die Gegner der Planwirtschaft, und laß Dir einen Namen für die gegenwärtige Wirtschaftsordnung einfallen, welcher unmittelbar verständlich macht wo der Haken daran liegt.
April 7th, 2008 at 14:19
@Paule
Natürlich nicht. Wir sind noch hier, haben aber volles Programm. Schick mir mal ne Mail mit deiner Nummer, dann sag ich dir bescheid, falls sich was ergibt…
@hans
Prenzlauer, kurz bevor sie zur Autobahn wird.
@god
Keine schlechte Idee, auch wenn der Haken an der Planwirtschaft eben nicht der Plan ist und Kommandowirtschaft eher ein Sammelbegriff.
April 7th, 2008 at 14:43
@class – Kommandowirtschaft ist das Wessisynonym für Planwirtschaft aus der Adenauerzeit. Und der Haken an der Planwirtschaft ist dass sie auf auf eine paramilitärische Entscheidungsstruktur hinausgelaufen ist deren Oberkommandierender dann meistens keinen Plan hatte.
Die englische Sprache kennt für die gegenwärtige Wirtschaftsordnung das treffende Wort “sink-or-swim society.” Wie man das ohne Erklärungsbedarf griffig ins deutsche übersetzen kann weiß ich aber nicht.
April 7th, 2008 at 15:30
Wasserwurfgesellschaft?
April 7th, 2008 at 17:44
Und ohne Erklärungsbedarf sollte es sein.
Hmmm. Sachzwangwirtschaft?
April 8th, 2008 at 00:59
Gefragt ist also ein Wirtschaftsweise sowohl jenseits blinder Vermittlung über den Wert als auch ohne Kommando. Dann bitte ich jetzt völlig unironisch und ernst um ein Brainstorming:
April 8th, 2008 at 01:02
Sorry: ein Wirtschaftsweise ohne Kommando wäre auch nicht schlecht, aber gefragt ist natürlich eine Wirtschaftsweise:
April 8th, 2008 at 09:19
Ich dachte die Wirtschaftsweisen _haben_ das Kommando?
Und zum Brainstorming kann man nicht oft genug auf http://www.peerconomy.org/ und natürlich auch unseren Blog http://www.keimform.de/ hinweisen. Das ist genau Zweck und Ziel unseres Vorhabens. Auch ganz unironisch.
April 8th, 2008 at 09:21
Hm… jetzt hab ich den ersten Satz ganz ironisch eingetagged und dann wird das einfach ganz unironisch verschluckt.
April 8th, 2008 at 09:22
Also mein unironischer Beitrag zu dieser Frage befindet sich in Ausgabe 2 meines Nachtschattenreich-Podcast.
Und einen Link zum Thema Wasserwurfgesellschaft hab ich noch, aber der ist ironisch.
April 8th, 2008 at 13:37
1. erstmal finde ich es halb erstaunlich, halb bewunderswert, daß du, kulla, dir nicht zu schade bist, beim trampen den i.d.r. halb abgelenkten, halb hoffnungslosen fall fahrer zu indoktrinieren. ist das so ein prinzip von dir oder hat du es hier nur gepostet, weil es eben eine ausnahme war? ich habe auf meinen ehemaligen trampbegegnungen (damals…) selten auch nur versucht, mit dem fahrer in ein sinnhaftes gespräch zu kommen – was aber auch an den infernal öden gegenden lag, durch welche niemals trampen zu müssen ich dir hiermit herzlichst wünsche.
2. für sink-or-swim society gibts doch schon im deutschen die friß-oder-stirb gesellschaft.
April 8th, 2008 at 17:10
@dead reveries
Wenn du die bisherigen Trampberichte durchschaust, wirst du entdecken, daß ich in den meisten Fällen erstaunlich viel kommuniziert habe und nicht selten Verblüffendes dabei erfuhr. Wirklich dagegenhalten würde ich aber nur selten, meist beschränke ich mich auf Fragen.
April 9th, 2008 at 10:03
@dead reveries – Tatsächlich, die Formulierung hat sogar 10 Google-Hits. Die Themenpalette: Arbeitsmarkt (4x), Killerspiele, christliche Werte, Straßenverkehr, Amoklauf, Kampfhunde, Aufmerksamkeitsschwäche (ADS). Nur knapp zur Hälfte geht´s um Wirtschaft.
PS: Leider ist mein Podcast-Link da oben kaputt (fehlendes Gänsefüßchen, fehlende Kommentarvorschaufunktion). Nuja, man kann auch auf meinen Namen klicken.