1. Tag des Schreibmonats
June 12th, 2003Irgendwie hab ich nicht so richtig geschrieben, sondern mich erstmal installiert. Ich habe gesichtet, was ich alles mitgenommen habe und was nicht: das Tape mit dem Konrad-Interview fehlt! Ist das noch irgendwo?
Daß ich wieder zu Hause bin, war daran zu merken, daß im Lokalfernsehen das Jubiläumsstück zum 100. Geburtstag des Bergtheaters vorgestellt wurde, das die ganze Zeit in der Hölle spielt. Im tranigen Kommentar, der normalerweise den Schulchor des Gymnasiums zum Gegenstand hat, kam fünfmal die Wendung vor: “Wenn die Hölle so ist, dann kann das ja nicht so schlimm sein.”
Einmal: “Das Stück machte Lust auf Hölle.” Dazu waren die bekannten Darsteller aus Halberstadt in Gothic-Klamotten zu bewundern wie sie einem Mönch die Kutte ausziehen, um ihn zum Poppen
zu überreden.
Hilfe beim Ankommen bot mir VIVA, das Ali G. zeigte (“No sexualism on this show!”, außerdem ein Gewinnspiel nach dem Gedanken: “It’s illegal if you buy dope, bu’ it’s no’ illegal if you win it. So who wants to win an OUNCE? You can ask the audience or ring your dealer…”) und außerdem zweimal South Park (in der einen Folge war Chef im Begriff, einen Sukkubus zu heiraten und wurde von den Kiddies erst in letzter Sekunde gerettet, die er bis dahin für ihre Warnungen vollgepflaumt hatte; die andere war eine Jesusparabel auf Stans Dad, der erklärt, warum es dauernd zu spontanen Selbstentflammungen kommt, nämlich weil sie sich alle aus Verliebtheit nicht trauen zu furzen, also furzen sie dann alle aus Angst dauernd, es stinkt und es kommt zu globaler Erwärmung, wofür Stans Dad halb gesteinigt wird, gleichzeitig überlebt Cartman drei Wochen am Kreuz, weil er vorher so fett gewesen war), dazu sah ich weite Teile von “Malcolm X”, den ich noch nicht mitbekommen hatte und machte mir Gedanken darüber, ob nicht auch der islamische Fundamentalismus, aus dem sich der Herr X ja gegen Ende zu lösen beginnt, mit all seinem umgedrehten Rassismus und seiner Strenge eine amerikanische, protestantische Geschichte darstellt.
Ich schlug also im Lexikon unter _Fundamentalismus_ nach und fand das hier:
“1. i.e.S. im nordamerikan. Protestantismus entstandene Bewegung, die dem Darwinismus u. theologischen Liberalismus den Glauben an die irrtumsfreie Bibel (Verbalinspiration) entgegensetzte. Sie konstituierte sich 1918 in der World’s Christian Fundamental Association…”
Es gibt wieder “Twelve” auf VIVA PLUS (da werden immer 12 Videos gezeigt, die thematisch auf seltsame Weise verknüpft sind, es gab mal eins zu “Revolution” und eins zu “Fische” und so), diesmal war das Thema “Running”, also liefen Roger Sanchez “You can’t change me” und UNKLE “Rabbit in your headlights”, dann lustigerweise “Kiss me where it smells funny” von der Bloodhound Gang (Sänger klaut Fisch und rennt und rennt und rennt, bis er am Strand ist, wo er den Fisch ins Meer wirft, der gleich wieder angeschwemmt wird), die Protestantismus-related Erleuchtung wartete aber im letzten Clip, der chicen Evolutionsanimation “Right Here Right Now” von Fatboy Slim, an dessen Ende die Evolution in einen Menschen mündet, der immer fetter wird
und sich schließlich im Park einer amerikanischen Großstadt auf die Bank setzt, T-Shirt saying: “I’m #1 so why try harder?”
Außerdem: väterliche Nudelsuppe, Europa Universalis II, Civilization III – Play the World, die “Männerphantasien” vom Theweleit (seine psychoanalytischen Grabungen in der Psyche der Freikorps lesen sich auch relativer nach der Lektüre des “Tiefenschwindel” von Dieter Zimmer…) und beim abschließenden Spaziergang die nächtliche Bewunderung der Dorfjugend, die Scooter (voll aufgedreht) dazu benutzten rauszubekommen, warum ihr Car-Hifi nicht richtig funktioniert. Dazu mußten dauernd die Autotüren auf- und zugemacht werden, desgleichen die Kofferraumklappe. Handwerkern gleich wählten sie immer die Momente mit der größten Lautstärke, um sich in mehreren erfolglosen Versuchen Mitteilungen zuzuschreien. Letztlich haben sie es hinbekommen: alle Lautsprecher performen maximal! Sicherheitshalber ließen sie sie aber noch mal ein paar Minuten laufen…
Nu ja.
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