Raus aus Ströbeles Wahlplakat!
September 7th, 2009Als ich am Dienstag aus dem Treptower Park heraus und an der Spree entlang in Richtung Kreuzberg lief, fiel mir auf, daß ich in diesem Ströbele-Seyfried-Bröckers-Universum unterwegs war: am 1. September auf Acid vom Sowjetischen Ehrenmal vorbei an denen, die bekifft auf der Wiese rumliegen, hinüber ins alternative Kleingewerbe. Das ist der Wahlkreis von Hans-Christian Ströbele.
Nur um das klarzustellen: nach dem Park befürchtete ich, die Optik eines Ströbele-Wahlplakats zu teilen. D’oh isn’t enough to say.
Wenn ich nicht in Ströbeles Plakat (oder in der Real-Life-Version davon) herumlaufen will, muß ich die fünf Unterschiede finden. Okay, es fallen auf Anhieb erheblich mehr als fünf auf. Aber es geht mir auch um mehr als nur um diesen Wunsch nach besserem Umgang mit den “Staatskassen”, um mehr als die Konfusion der kubanischen Revolution mit bürgerlichem Parlamentarismus, um mehr als die Vereinnahmung von Karl Marx für eine so hirnrissig-naive Forderung wie die nach der “Entwaffnung der Finanzmärkte” – es geht mir auch um die Vortäuschung einer psychedelischen Wahrnehmung, die Plakatgestalter Seyfried sicher beabsichtigt haben dürfte, die er aber nur um so gründlicher verfehlt.
Es ist wie an der Fußgängerampel, wenn sie auf Grün umschaltet und das Nervensystem, das sich gerade stundenlang im Grün gesuhlt hat, nur sagen kann: Das ist doch kein Grün, wollt ihr mich verarschen? Genauso scheint mir die Regenbogenfahne und dieses Möchtegernbunt, mit dem Seyfried die Farblosigkeit und das Grau des Banken- und Geldmülls zu kontrastieren versucht, einfach nicht bunt und schon gar nicht psychedelisch. Der plumpe und beliebige Symbolismus, ebenfalls typisches Mittel der Seyfriedschen Plakate, Comics und Wimmeldiagramme, verwendet Symbole nicht als Zusammenfassung, Zuspitzung, Verweis oder gar Versprechen, sondern sperrt nur Parolen mit Bildchen zusammen, damit sie im Wahlvorgang aufgehen können, damit sie vom tapferen Recken mit der Fahne mit in den Reichstag genommen werden können, wo er dann das macht, was er eben für Repräsentation hält: sich ein bißchen zieren, an den falschen Stellen laut werden, schließlich den Bildchen und Parolen einen Platz zuweisen, an dem sie nicht auffallen, an dem sie sich in die deutsche Gesamtscheiße einfügen.
Und wie ich jeden Versuch unterstütze, dem Verwechseln von Reformierung und Abschaffung des Kapitalismus, dem Verwechseln von Optimierung und Abschaffung von Herrschaft entgegenzuwirken, Marx also den Kritikern von “exzessivem Finanzkapitalismus” und “korrupter bürgerferner Politik”, welche sich auf ihn berufen, wegzunehmen, so möchte ich auch der Verwechslung der psychedelischen Erfahrung mit Hanfonkel Ströbeles Legalisierung („Viele von uns kennen aus den alten Märchen die Hanfseile, den Hanfkittel, und trotzdem ist es den USA gelungen, Hanf auch in Europa zu Teufelszeug zu erklären. Das wollen wir nicht mitmachen.“) entgegentreten.
I want to reclaim the psychedelic experience. Sie den alten Hippies wegnehmen, die sie in ihre demokratieidealistische Parallelgesellschaft entführt haben. Dem Marketing, das sie zu verkaufen versucht. Und Ströbele, der meint, auch sie kaputtrepäsentieren zu müssen. Ich würde mich freuen, wenn die vielen überwiegend jungen Kommunisten, die mir in den letzten Jahren über den Weg liefen, denen inmitten dieser Auswahloptionen Drogengebrauch nur als recreational wünschenswert erscheint, die oftmals keine Gelegenheit gehabt zu haben scheinen, in tauglichem Setting eine psychedelische Erfahrung zu machen und die sich blamiert fühlen, wenn sie sich auf diese Weise den Ströbeles und Bröckers gemein machen, sich diese Erfahrung der direkten Verbindung mit Evolution und Universum, mit Gedächtnis und Wahrnehmung und mit den großartigsten aller Lebewesen, um deren allgemeine Emanzipation sie ringen, wieder aneigneten. Unter anderem deshalb will ich darüber sprechen und schreiben, warum diese Aneignung so schwierig ist.
September 7th, 2009 at 13:48
Psychedelischer Gebrauchswertfetischismus? Count me in!
September 7th, 2009 at 14:09
kulla, was dich am meisten von deinen fascho-kameraden unterscheidet, ist das du noch dümmer bist. dir den schädel einzuschlagen wäre also vergebene liebesmüh, da im ergebnis ohne belang. was kaputt ist geht nicht mehr kaputt.
aber spaß machen würde das trotzdem. also, wir sehen uns, du nazischwein!!!
[IP 85.178.221.237]
September 7th, 2009 at 20:54
nana, kulla als ‘nazischwein’? geht´s noch? aber daniel, ich muß auch sagen, wenn ich diese woche etwas über wahlplakate schreiben würde, und zwar richtig – dann etwas über dieses müllorange auf wahlplakaten von gottfried ludewig – genau dem, der vor paar jahren in der TU ‘erfolge’ gesammelt hat, als es ihm gelang, die asta-druckerei zu verscherbeln (googlebar: name des schnösels und SPIEGEL eingeben). dessen wahlwerbeplakate verspamen und verpesten derzeit im norden berlins luft, der angriff auf ästhetische grundbedürfnisse ist wahrlich schwer mit geduld zu ertragen. find ich irgendwie eher thema als das hier.
September 7th, 2009 at 21:12
ich waer ja jetzt echt interessiert an einem ausfuehrlicher begruendeten faschismusvorwurf.
also, mr. donowitz, raus damit!
September 7th, 2009 at 22:31
@ wn030-leser
Ganz kurz: Ströbele gewann 2005 mit über 40 % das Direktmandat des Stadtbezirks, in dem ich wohne, und er schmückt sich u.a. mit Karl Marx auf seinem Wahlplakat.
@ posiputt
Was wird’s schon sein? Ich bin immer für die Amis und die Zionisten, verhöhne den Widerstand in Palästina und Irak und versuche, die Linke zu zerstören.
Aber vielleicht gibt’s ja auch was Neues.
September 7th, 2009 at 22:37
wie, du ‘verhoehnst den widerstand in Palästina’ ? was soll das denn sein? Palästina gibts doch gar nicht.
September 7th, 2009 at 22:42
Ich paraphrasierte ein paar der häufigeren Faschismusvorwürfe, nothing more.
September 7th, 2009 at 22:50
Ich hab ausversehen auf bärenjudes Namen geklickt. Ist er jetzt alleine die Antifa? Was ist mit den anderen beiden? Machen die jetzt in Politik?
September 7th, 2009 at 23:00
Keine Ahnung, könnte irgendwer sein, könnte auch ein Fake sein.
September 8th, 2009 at 00:05
Aber Marx sitzt auch noch auf “Wolke 7”. Wird er da nich so n bisschen als Phantast und Träumer verhöhnt ? Ich dachte er hätt sich seinerzeit immer gegen die Utopisten verwehrt.
September 8th, 2009 at 00:24
Eigentlich kann es nur eins bedeuten: Marx ist verliebt!
September 8th, 2009 at 17:34
Oder er will seinem Zwangsverteidiger das Mißtrauen aussprechen.
September 8th, 2009 at 18:17
Marx ist verliebt! in die Grünen!
September 10th, 2009 at 13:44
an Daniel.
zu “und er schmückt sich u.a. mit Karl Marx auf seinem Wahlplakat.”
ja achso. naja dann ist ströbele nicht mehr zu helfen und PI hat dann wohl doch recht mit dem spruch von “ströbeles schlägern” oder was. hast du nun schon gegoogelt oder schaffst Du das heute noch. das organge nervt übrigens wie deibel. in pankow nord die hölle, ich will ein paar mit scheren schwer bewaffnete kampfomas auf der straße sehen, verdammt. (die dinger sind leicht abzulösen, die hängen nur mit einem fädchen an den laternen, und die hängen einfach ein bisschen zu lange.) ludewig ist übrigens der, der das wahlrecht an das einkommen wieder anknüpfen will. “findiger bursche”, wie seine onkels von der CDU dazu schmunzelnd tätscheln, wenn keine kameras und mikrofone da sind.
September 11th, 2009 at 13:24
Ich suche mir selbst aus, worüber ich schreibe, ich muß eine Auswahl treffen, und wenn es für dich das wichtigere Thema ist, schreib doch drüber.
September 11th, 2009 at 14:18
… ja ist ja gut, aber schalte das geschriebsel der anderen wenigstens rechtzeitig frei, das hat ja ganz schön gedauert. ansonsten nichts für ungut, aber an Deine tastatur geht doch niemand ran. nur – eine anmerkung ist halt eine anmerkung, ein vorschlag und hinweis ist ein vorschlag und hinweis und verschiedene ansichten sind bis heute noch lange kein grund, herumzurüpeln. “schreib doch drüber.” – ja doch, der stapel auf unseren redaktionstischchen wankt und wackelt, ich und er und sie und der da drüben auch und sie erst – würden auch lieber wie wollten, aber das müllorgange muß warten bis zum 16. – ich dachte, vielleicht gelingt´s mir auf diesem wege, ein bißchen ”arbyte” auf andere schultern oder wenigstens auf andere webseiten abzuwälzen aber nun gut, haste ja recht. außerdem gib nicht so an mit “selbst aussuchen”, weil zum aussuchen muß erstmal was dasein vorher. und – bei den cut ups ist das thema der text”uellen” rohstoffe schließlich auch nicht wirklich selbst gemacht.
September 14th, 2009 at 21:30
Das ist aber auch der einzige Gebrauchswert von dem Mann, dass ihm noch heute das Echo der RAF-Verschwörungstheorien nachhallt.
September 15th, 2009 at 19:36
klar daniel, genau.
http://www.spiegel.de/video/video-58282.html
http://pic.atpic.com/de/1274510/600
September 15th, 2009 at 21:13
stroebele war also auf einer demo. mit bullengewalt.
oder hab ich wieder nicht mitbekommen, worums ging?
September 16th, 2009 at 03:25
[…] gesetzänderung aussprechen? herr “findiger bursche” himself? der junge mann auf dem müllorange? wer soll statt dessen diese gesetzesänderung […]