Stühle und Kartoffeln

March 4th, 2010

>>Die Sehnsucht des A nach einem Stuhl muß B also in der Form eines prallen Kartoffelsacks entgegentreten, denn allein in dieser den Leib stärkenden Gestalt ist B dem A gern zu Willen. Die ausgesprochen merkwürdige Metamorphose von As Stuhlbedürfnis in die leibhaftige Kartoffelform ist für das Zustandekommen des Tausches unerläßlich und macht dessen wesentlichen Gehalt aus; das spezifische innere Motiv hingegen, das A dazu treibt, partout in den Besitz dieses Stuhles kommen zu wollen, ist für den Vollzug der Tauschbeziehung irrelevant.<<

Ernst Lohoff: Zur Kernphysik des bürgerlichen Individuums (via Emanzipation oder Barbarei)

8 Responses to “Stühle und Kartoffeln”

  1. classless Says:

    Ja, ich weiß, “Stuhlbedürfnis” und so…

  2. Ingo Says:

    Nee, keinen Stuhl zu haben ist schon okay 😉 Ich finde eher problematisch, dass hier nicht zwischen dem ersten und zweiten Kapitel des Kapitals unterscheiden wird. Bei Marx tauchen im ersten Kapitel keine handelnden Personen auf. Und in dem hier angeführten Zitat taucht kein Geld auf. Für den Kapitalismus ist jedoch nicht der Barter, sondern die Geldvermittlung konstitutiv. Kurzum: Ich weiß nicht, was Lohoff mir sagen will…

  3. Juli Says:

    Das stimmt, bei Marx tauchen im ersten Kapitel keine handelnden Personen auf – sie werden vielmehr implizit vorausgesetzt. Aber wir wollen dem armen, alten Mann doch nicht dauernd seine kategorialen Fehler vorhalten, oder? ,-)

  4. Ingo Says:

    Meinst Du mit alten Mann jetzt Lohoff?

  5. Xenu's Pasta Says:

    Die Frage, die sich mir zuerst stellte, war: warum hast Du dieses Zitat in dem Text gefunden? Weil Du ihn absichtlich gelesen hast, oder weil Du nach Stuhlbedürfnis gegoogelt hast? Um das zu verifizieren stellte ich fest, dass das hier Hit Nr. 2 zu “Stuhlbedürfnis” ist >:-)

    Zwotens fielen “Epigonen” und “nolens volens” ganz schön auf. Ob das grad seine In-Worte waren?

    Den Part zum Subjekt fand ich komisch, soll ich nur, weil mein Subjekt durch meine Umgebung geformt wurde, dieses hinter die vorbürgerliche Konformität mit dem “eigenen” (sic) eng umrissenen Lebenskreis stellen? Pah. Oder wie? Auch scheint er bei der Wahl des Begriffs “Eigendressur” (der ich ja irgendwie ständig unterliege) eine essentielle Naturform vor Augen gehabt zu haben.

    Und dann plautz, ohne Vorwarnung, wo es denn herkommt: “Die abgedrängte und zur Intimität verselbständigte Seite fällt in das Schattenreich zugerechneter Weiblichkeit. ” Huch? Wer? Was? Wie? Wo? Kann mir mal jemand erklären, wie er das einfach so aus dem Ärmel zaubert (ausser anzunehmen, dass ihm da schon alle zustimmen)?

    Wie vielleicht klar wird, bin ich nicht so “Krisis”-fest. Wird das klarer, wenn ich den Text 5mal lesen, ähnlich wie beim Koran-/Bibelstudium?

  6. classless Says:

    Es ging mir vor allem um den Abschnitt, den EOB zitiert hatte.

  7. Juli Says:

    @Ingo

    Nein, der Marx natürlich 🙂

    Aber im Ernst: ich finde das Argument, ein Kapitalismus ohne Geld sei doch gar nicht vorstellbar, ziemlich überstrapaziert. Sicherlich ist da eine ganze Menge dran, nur hat bspw. die Wertformanalyse ja durchaus Aspekte, die nicht in der stringenten Herleitung der Geldform aufgehen. Etwa der Bezug konkreter und gesellschaftlich-allgemeiner Momente aufeinander, der sich ja durch die Vermittlung des Geldes nicht aufhebt, sondern nur anders darstellt.

    Und dass das Subjekt bei Marx an dieser Stelle noch nicht vorkommt, finde ich tatsächlich nicht unproblematisch. Denn die vereinzelten Einzelnen, die vielgescholtenen Warenmonaden, die sind ja der gesamten Analyse stillschweigend vorausgesetzt und werden dann unauffällig in die Argumentation reingeholt, wenn’s anders nich mehr weitergeht….

    Insofern scheint mir der Versuch, die Zumutungen kapitalistischer Lebensweise bereits auf dieser Ebene durchzudeklinieren durchaus nicht unspannend….

  8. Aktionskletterer Says:

    Da hat sich in der letzten Zeit leider nix Neues entwickelt…

    http://www.krisis.org/2004/das-leid-eines-theoretikers

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