Die kleine Aktion
May 12th, 2007Am Sonntag, den 13. Mai 2007, um 18 Uhr wird Helmut Voigt im Neuen Berliner Geschichtssalon (Lokal Sahara City, Ottostr. 19, Nähe U-Bahnhof Turmstraße) über “Die kleine Aktion” sprechen: “Voneinander unabhängige Stränge der Geschichtsschreibung bilden die Ursache für die Überlänge der Römerzeit und der ‘christlichen’ Chronologie.”
Dazu gibt es einen Begleittext von ihm:
Wurde die bewiesenermaßen falsche Chronologie der europäischen Geschichte im Rahmen einer “Großen Aktion” nach einem vorgegebenen Muster kreiert? War dabei ein Machtzentrum an dieser Erfindung der Vergangenheit maßgeblich beteiligt? Oder führten verschiedene falsche Vorstellungen über die historischen Zeitmaßstäbe und unterschiedliche Bestrebungen konkurrierender Mächte zu einer Atmosphäre der Vergangenheitsschöpfung, an welcher zahlreiche Humanisten freiwillig und im Sinne einer kollektiven schriftstellerischen Tätigkeit an einer gewissen Abstimmung der Neuerfindungen der angeblichen Vergangenheit gebastelt haben?
Im Vortrag werden die Mechanismen der Geschichtserfindung beleuchtet. Es wird dargestellt, dass nicht durch eine “große Aktion” (also eine kollektive Schöpfung der europäischen und biblischen Geschichte im Spätmittelalter und in der Renaissancezeit) das Geschichtsbild verfälscht wurde, sondern dass gerade das Gegenteil der Fall war: weltliche und christliche Geschichtsschreiber des späten Mittelalters schrieben unabhängig voneinander und verwendeten dabei verschiedene Kalender (z.B. “ab urbe condita” neben “christlichen Kalendern” mit und ohne Einschub von Phantomjahren), so dass bei der späteren Abfassung einer “Weltgeschichte” (z.B. durch Scaliger angeblich 1583) manche Ereignisse mehrfach und zu unterschiedlichen Zeiten in den Geschichtsbüchern der Neuzeit auftauchen. Das führte zu chronologischen Verschiebungen, die von russischen Forschern des 20. Jh. [Morosow, Fomenko, Kesler] entdeckt wurden. Außerdem wird der Referent versuchen darzustellen, wie bestimmte Geschichtsereignisse (z.B. Hunneneinfall, Ungarnsturm, Beginn des Christentums, Kloster- und Stadtgründungen, der Übergang vom Römischen Reich zum Heiligen Römischen Reich u. a.) besser chronologisch zu ordnen sind, wodurch sich ein viel glaubwürdigeres und logischeres Geschichtsbild ergibt, als es uns die konventionelle Chronologie diktiert.
Eine nachfolgende Diskussion soll jedem, auch unseren neuen Gästen, die Möglichkeit geben, die komplexen Mechanismen der Geschichts”erfindung” besser zu verstehen.
Wenn ich bei “bewiesenermaßen” und auch bei dem “glaubwürdigeren und logischeren Geschichtsbild” Bauchschmerzen habe, finde ich die Richtung des Vortrags sehr gut: hin zur Frage nach dem Vorgang der Geschichtsproduktion, zu der ich zuletzt am selben Ort vortrug und diskutierte.
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