Wiedereintritt

March 7th, 2012

Das große Karthago machte drei Wochen Lesereise. In Freiburg war das ungefähr so. Nun ist Torsun verliebt, findet Kifferwitze komisch und präsentiert Bilder aus seiner Kiff-Phase – ich mache mir Sorgen und Vorwürfe. Saalschutz is an Inside Job. Aus Köln wird vermeldet, daß “Alles muss raus” dort gestern in der Kollektivbar des AZ rauf und runter lief. Der Videomitschnitt meines Rausch-Vortrags taucht in einer Liste mit Tier-Dokus auf.

Dem Kotzenden
Denkmal für den Unbekannten Kotzenden, Stadtpark Wien

Und in der Jungle World also Ost-Bashing, auf der Titelseite ganz selbstverständlich aus West-Sicht: Die Ossis sind die anderen, “wir” werden überrollt, Rotkäppchen ist gar kein Sekt. Wenn ich jetzt darauf verweise, daß die Deindustrialisierung, die Abwanderung und das Geldgefälle keineswegs eingebildet sind, heißt es vermutlich zur Antwort entweder, daß ich das nur sage, weil ich aus dem Osten komme, oder, daß die ja dort alle selber schuld und sowieso auch alle Nazis sind. Als gäbe es nur im Osten Kühe und Schweine…

Berlin wird Hamburg
Aber auch der Kurier freut sich über Hamburger Zustände

Ivo schreibt allen Ernstes:

>>Nur 24 Prozent der Ostdeutschen finden es »sehr wichtig«, in einer Demokratie zu leben.
Wer sich angesichts solcher Einstellungen ein neues ostdeutsches Selbstbewusstsein wünscht, der ist lebensmüde, selbst Nazi – oder lebt im Westen.
<< Vorher hat er eine Studie angeführt, nach der “74 Prozent der Ostdeutschen (…) mehr oder weniger ausländerfeindlich” sind, und unterschlagen, daß das bundesweit nicht besser auszusehen scheint. Und um solche Sachen geht’s ja dauernd: der Osten, Scheiße, wie er ja auch größtenteils ist, taugt immer noch gut dazu, sich den (eigenen) Westen und seine tolle Demokratie etwas schönzureden.

Auch sonst überall Superdemokraten, die sich wie nichts über Korruption aufregen können, da sie perspektivisch nur noch eine Form der Käuflichkeit zulassen möchten, für sich und alle anderen. Die Repräsentation des – wie soll man das nennen? Laborismus?

Lob der Arbeit
aus: “The fish doesn’t scream”, 2003

Nun denn, es wird wohl gerade nicht schöner. Auspacken, Stapel machen, Durchgehen. Und hoffentlich einen Beitrag leisten.

Lektürestapel nach der Lesetour

11 Responses to “Wiedereintritt”

  1. e.r. Says:

    eine aufarbeitung der arbeit der Treuhand und dem Interesse etablierter konzerne an der deindustrialisierung des Ostens ganz ohne verschwörungsmief wär doch auch mal ein schönes projekt für dich, oda?

  2. bigmouth Says:

    was einer bekannten auch sehr übel aufstieß: in dem interview http://jungle-world.com/artikel/2012/09/44973.html erzählt ivo auch

    “So benachteiligt der Osten gegenüber dem Westen noch sein mag, es geht der Mehrheit der Menschen im Osten doch wirtschaftlich sehr viel besser als in der DDR. ”

    da hätte ich ja doch mal gerne so was wie einen beleg für gesehen

  3. classless Says:

    @e.r.

    Die aktuelle konkret-Aboprämie sieht ja ein bißchen danach aus (Dirk Laabs, “Der deutsche Goldrausch”) – weiß aber nicht, ob das was taugt. Würde auf jeden Fall meine Kapazitäten gerade weit übersteigen…

    @bigmouth

    Mehr als Belege würden mich erstmal die Kriterien für “wirtschaftlich” interessieren…

  4. lasterfahrerei Says:

    ach das war in dem schweren rollkoffer den ich spät nachts noch rumwuchten durfte. von wegen voll mit merchbüchern!

  5. ivo Says:

    “>>Nur 24 Prozent der Ostdeutschen finden es »sehr wichtig«, in einer Demokratie zu leben.
    Wer sich angesichts solcher Einstellungen ein neues ostdeutsches Selbstbewusstsein wünscht, der ist lebensmüde, selbst Nazi – oder lebt im Westen.<< Vorher hat er eine Studie angeführt, nach der “74 Prozent der Ostdeutschen (…) mehr oder weniger ausländerfeindlich” sind, und unterschlagen, daß das bundesweit nicht besser auszusehen scheint."

    nein, nix unterschlagen. ich würde das selbe sagen, wenn jemand ein neues westdeutsches selbstbewusstsein fordern würde, so wie bei einem gesamtdeutschen selbstbewusstsein auch. nur das würde ja kein linker machen. nur bei ostdeutschen merkwürdiger weise schon….

    und was das "wirtschaftlich besser gehen" angeht. – wir können meinetwegen auch sozial sagen, dann stimmts immer noch -: ich glaube nicht, dass ich für eine feststellung, die so offensichtlich ist, wie das fische schwimmen, einen beleg anführen muss, das sollten die tun, die meinen fische könnten nicht schwimmen….

  6. grantler Says:

    “ich glaube nicht, dass ich für eine feststellung, die so offensichtlich ist, wie das fische schwimmen, einen beleg anführen muss, das sollten die tun, die meinen fische könnten nicht schwimmen….” –
    das wäre ja wie ein argument für etwas alternativloses einzufordern. du hast vollkommen recht, ivo, wer das nicht versteht, dem wirst du es sowieso nicht erklären können.

  7. flokati Says:

    Mir persönlich geht es deutlich besser seit die Mauer weg ist! Z.B. kann ich jetzt Torsun & Kulla zusammen vortragen sehen. Das wäre mit der blöden DDR nicht möglich gewesen 🙂

    LG aus Bielefeld

  8. olibani Says:

    Alles, was Deutschland wieder teilt und kleiner macht, kann nur gut sein. Scheiss Osten! Scheiss Westen! Nieder mit Deutschland!

  9. Qaumaneq Says:

    Umgekehrt: Alles was nur einen Teil von Deutschland kritisiert verfehlt das falsche Ganze.

  10. ivo Says:

    umgekehrt: alles, was auch nur einen teil von deutschland glorifiziert, liegt im ganzen falsch.

  11. Qaumaneq Says:

    Nochmal umgekehrt: Nichts was irgendeine Glorifizierung von Deutschland teilt ist auch nur ansatzweise richtig.

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